Auszug
Die soziologische Emotionsforschung hat in den letzten Jahren einen großen Aufschwung erlebt (vgl. Barbalet 2002; Flam 2002; Turner und Stets 2005; Schützeichel 2006). Auch wenn man recht vorsichtig sein sollte, angesichts ihrer stetig abnehmenden Halbwertszeit von immer neuen „turns“ in den Sozialwissenschaften zu sprechen, so kann man mit einiger Berechtigung durchaus von einem „emotional turn“ in den Sozialwissenschaften, insbesondere aber in anderen Wissenschaftszweigen wie der Philosophie, der Psychologie, den Kogniti-onswissenschaften und der Neurobiologie sprechen. In den Sozialwissenschaften kann man jedoch eine gewisse Schieflage beobachten. Es gibt zwar mittlerweile eine kaum mehr überblickbare Zahl von Untersuchungen über die sozialen Bedingungen des Entstehens von Emotionen wie die Konsequenzen von Emotionen für das soziale Handeln, soziale Prozesse und soziale Strukturen. Aber diese Untersuchungen bedienen sich in aller Regel eines nur wenig dimensionierten und nicht sonderlich tragfähigen Emotionsbegriffs. Man lässt sich häufig von kulturell tief verankerten Gegensätzen leiten und stellt Emotionen (Gefühle, Affekte) in einen Gegensatz zu Kognitionen und Emotionalität in einen Gegensatz zur Rationalität. Allein, wenn man sich die verschiedenen Handlungstheorien anschaut, so wird zwischen rationalem Handeln einerseits und emotionalem oder affektivem Handeln andererseits dichotom unterschieden. Sie geben damit eigentlich keine Auskunft über das Handeln selbst, sondern darüber, wie und mit welchen Unterscheidungen sie das menschliche Handeln beobachten. Und dies setzt sich bis in die Kategorien der gesellschaftstheoretischen Diskussionen fort.
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Literatur
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Schützeichel, R. (2006). Emotionen zwischen Amygdala und sozialer Semantik. In: Reichertz, J., Zaboura, N. (eds) Akteur Gehirn — oder das vermeintliche Ende des handelnden Subjekts. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-90321-7_10
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