Auszug
Die Untersuchung der Reformkorridore des deutschen Rentensystems unter Berücksichtigung der Kollektivakteure Arbeitnehmer, Arbeitgeber und politischadministratives System legt eine auf dem Korporatismus basierende Herangehensweise nahe, da sich dieser Ansatz mit den selben Akteuren beschäftigt und das deutsche Rentensystem den Ruf hat, selbst korporatistisch zu sein.
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Lehmbruch verweist zu Recht darauf, dass diese Auffassung starke Ähnlichkeiten zu Stamokap-Theorien aufweist. (Lehmbruch 1982: 3)
Es lässt sich bezweifeln, ob eine Theorie empirisch widerlegt werden kann. „We have to remember the conventionalists’ methodological discovery that no experimental result can ever kill a theory: any theory can be saved from counterinstances either by some auxiliary hypothesis or by a suitable reinterpretation of its terms.“ (Lakatos 1970: 116)
Auch Kalnes kommt zu dem Schluss, dass der Korporatismus als Pradigma zu betrachten ist. „The main argument put forward here is that the corporatist concept became the basis for a distinctive reseach programme, which went through a sequence from quantitative growth to quantitative stagnation and from qualitative growth to qualitative stagnation, with a certain time lag in the relation between the two dimensions.“ (Kalnes 2001)
Schubert geht davon aus, dass die „Angemessenheit von Theorien [⋯] sich [⋯] nicht aus einer abstrakten Logik beziehungsweise theoretischen Stimmigkeit“ (Schubert 2003a: 5) bestimmt, sondern allein daran, wie sie sich in der konkreten Wirklichkeit als nützlich bewähren. In diesem Sinne können zwar Unstimmigkeiten einer Theorie hingenommen werden, nicht aber immanente Widersprüche. Denn eine Theorie, die zu gegensätzlchen — also nicht bloß unterschiedlichen — Aussagen kommt, kann keinen praktischen Nutzen haben.
Nach Lakatos ließe sich auch ein Paradigma, das eine degenerative Entwicklung aufzeigt, erst durch ein neues Paradigma falsifizieren, das in seinem Erklärungsgehalt über das alte hinausgeht. „There is no falsification before the emergence of a better theory.“ (Lakatos 1970: 119) Dies ist aber nur ein Hinweis darauf, dass die Kritik und die Falsifikation eines Paradigmas nicht identisch sind.
Vgl. Streeck 1994b: 8, Czada 1994: 43–45, Kalnes 2001.
„Wir müssen unterscheiden zwischen zwei Arten von Sätzen: solchen, die etwas Tatsachliches aussagen, und solchen, die lediglich eine Abhängigkeit in der Zuweisung der Bezeichnungen an die Gegenstände ausdrücken; die Sätze dieser zweiten Arten wollen wir tautologisch nennen [FN] sie sagen nichts über Gegenstände aus und sind eben deshalb sicher, allgemein gültig, durch Beobachtung unwiderlegbar [ï]. Die logischen Sätze vom Widerspruch und vom ausgeschlossenen Dritten sind tautologisch, ebenso, z. B. der Satz: «Kein Gegenstand ist sowohl rot als blau.»“ (Hahn 1932: 154)
McKinnes hingegen legt wert auf eine deutliche Abgrenzung der beiden Begriffe. „It must be carefully noted, however, that Weber’s «model» of «ideal-typing» does not blanket the constructive typological procedure as we broadly conceive of it, but is merely a special case emphasizing certain aspects of type construction.“ (McKinnes 1966: 2)
„Das unendliche Urteil aber, das seine Wahrheit sein soll, ist nach seinem negativen Ausdrucke das Negativ-Unendliche, ein Urteil, worin auch die Form des Urteils aufgehoben ist. — Dies aber ist ein widersinniges Urteil. Es soll ein Urteil sein, somit eine Beziehung von Subjekt und Prädikat enthal ten; aber eine solche soll zugleich nicht darin sein. [⋯] Beispiele von negativ-unendlichen Urteilen sind leicht zu haben, indem Bestimmungen zu Subjekt und Prädikat negativ verbunden werden, deren eine nicht nur die Bestimmtheit der andern nicht, sondern auch ihre allgemeine Sphädikat negativ verbunden werden, deren eine nicht nur die Bestimmtheit der andern nicht, sondern auch ihre allgemeine Sphäre nicht enthält; also z. B. der Geist [ist] nicht rot, gelb usf., nicht sauer, nicht kalisch usf., die Rose ist kein Elephant, der Verstand ist kein Tisch und dergleichen.—Diese Urteile sind richtig oder wahr, wie man es nennt, aber einer solchen Wahrheit ungeachtet widersinnig und abgeschmackt.—Oder vielmehr sie sind keine Urteile.” (Hegel 2001b: 479)
Den Elementen des Pluralismus werden alle Eigenschaften abgesprochen, die den Korporatismus ausmachen sollen: z. B. “unspecific number”, “nonhierarchically ordered”, “not specially licensed” usf. (Schmitter 1974: 96)
An dieser Stelle zeigt sich auch der wesentliche Unterschied zu der eingangs zitierten Definition von Crouch. Während dieser in der Verpflichtung der (Arbeiter-)Interessen auf ein übergeordnetes Allgemeinwohl eine Form der “Dominanz” sieht, (Crouch 1977) betont Schmitter die dadurch stattfindende Beteiligung. Hier werden m. E. auch unterschiedliche normative Grundannahmen deutlich.
Zur positiven und negativen Heuristik siehe Lakatos 1970.
Schmitter verweist beispielsweise beispielsweise auf Untertypen des Korporatismus. (Schmitter 1974: 98–103)
Es ist ergänzend zu erwähnen, dass die Tauschhypothese nicht durchgängig übernommen wird. Schmitter selbst besinnt sich auf den eigentlichen Kern des Paradigmas, wenn er 1985 bemerkt, dass für Interessenverbände die Fähigkeit bedeutend ist, “die Interessen der Mitglieder zu vertreten und das Verhalten der letzteren (gegebenenfalls einschließlich außerhalb der Organisation stehender Einzelgänger) zu kontrollieren. Hierzu müssen sie in der Regel in ihrem Status als intermediäre Repräsentanten einer bestimmten Klasse, eines Sektors oder eines Berufs ein wirksames Monopol erworben haben. Solange Interessenverbände [⋯] völlig von der freiwilligen Unterstützung ihrer Mitglieder abhängig [⋯] sind, sind die Voraussetzungen für eine korporativ-verbandliche Ordnung nicht gegeben.” (Schmitter / Streeck 1996 202–203
So lässt sich beispielsweise zeigen, dass die Strukturmerkmale des “rheinischen Kapitalismus” die Implementierung des Shareholder-Value-Konzepts erschweren. (Young / Hegelich 2003: 89–91
“Institutionen zeichnen sich durch eine gewisse ≪Festigkeit≫ und ≪Dauer≫ aus, die eine gewisse ≪Wiederholbarkeit≫ der von ihnen geprägten Prozesse erlauben. [⋯] Es sind insofern auf Dauer angelegte Problemlösungen.” (Schubert 2003a: 148–149)
Hinrichs und Kangas verweisen zudem darauf, dass sich oft erst im Nachhinein herausstellt, dass das, was zunächst als Kontinuität erscheint, bereits ein Systemwechsel gewesen ist. “In the wake of Esping-Andersen’s and Pierson’s landmark publications, comparative welfare state research has revolved around the retrenchment of social policy and the transformation of welfare state regimes. One of the chief problems of these studies is the treatment of time. Very often, changes are incremental and their real impacts are not immediately visible but take years or even decades before the consequences fully materialize.” (Hinrichs / Kangas 2003: 573)
Joachim Hirsch meint mit Wettbewerbskorporatismus, dass Arbeit und Kapital gemeinsam die Wettberwerbsfähigkeit des Betriebes und darüber vermittelt auch die des Standorts sich zum Sorgeobjekt machen. (Hirsch 1995)
Auch Schmid bezieht sich positiv auf die Überlegungen Hegels, wenn er schreibt: “Für Georg Friedrich Hegel bildet die bürgerliche Gesellschaft den Raum für die gesellschaftlich-assoziativen Aktivitäten. Hier treffen die partikularistischen Bedürfnisse der Individuen aufeinander, und gleichzeitig sind sie aufeinander bezogen.” (Schmid 1998: 11)
Daher bildet die Korporation für Hegel auch den Übergang zum Staat als die “Wirklichkeit der sittlichen Idee” (Hegel 2001a: §257) “Der Zweck der Korporation als beschränkter und endlicher hat seine Wahrheit, [⋯] in dem an und für sich allgemeinen Zwecke und dessen absoluter Wirklichkeit; die Sphäre der bürgerlichen Gesellschaft geht daher in den Staat über.” (Hegel 2001: §256, Hervorhebung i. O.)
“Familie und Korporation machten die beiden sittlichen Wurzeln des Staates aus, weil in der ersteren die Heiligkeit der Ehe, in der zweiten die Standesehre das immanent Vernünftige, das die Allgemeinheit des Formell-Rechtlichen Überbietende seien.” (Gröll 1991: 58)
Gröll weist nach, dass sich Hegel damit zufrieden gibt, die Sittlichkeit als Allgemeines und daher Vernünftiges zu charakterisieren. (Gröll 1991: 48–62)
Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt Winter, wenn er schreibt: “Die Verwendung eines interessentheoretischen Konzepts erscheint vor allem deshalb notwendig, weil sich die verschiedenen Spielarten der Verbändetheorie als nicht allgemein genug erweisen, um Prozesse der Interessenvermittlung in allen ihren Dimensionen zu erfassen. [⋯] Interessen und nicht Gruppen sind sowohl das primäre Motiv als auch der primäre Gegenstand des politischen Handelns, wie es sich in der innerverbandlichen Willensbildung, im zwischenverbandlichen Verhältnis, in politischen Netzwerken oder im direkten Verhältnis von Bürgern und Staat vollzieht.” (Winter 1997: 21)
Weitere Dimensionen des Interessenbegriffes finden sich beispielsweise bei Winter 1997: 29–47; s. auch Weber 1997: 21–39.
Vertreter eines pragmatischen Pluralismus lehnen einen solchen “Hyper-Individualismus” allerdings ebenfalls ab. (Schubert 2003b: 45)
“Pressure pluralism [⋯] stresses competition among groups while the State/government is (normally) passive and prepared to implement the policies that emerge from the pressure group competition [⋯]” (Jordan / Schubert 1992: 19)
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(2006). Korporatismus und das deutsche Rentensystem. In: Reformkorridore des deutschen Rentensystems. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-90314-9_2
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