Auszug
Spätestens seit dem Anfang des 19. Jahrhunderts ist die Verselbständigung von Teilsystemen der modernen Gesellschaft ein wichtiges Thema gesellschaftlicher Selbstbeobachtung. Das Hauptaugenmerk gesellschaftlicher Akteure galt dabei lange Zeit fast ausschließlich dem kapitalistischen Wirtschaftssystem, dessen Ausdifferenzierung durch die industrielle Revolution ihre entscheidende Schubkraft erhielt. Die zahlreichen Negativerfahrungen mit den Auswirkungen einer kapitalistischen Wirtschaftsordnung in nahezu allen Bereichen der Gesellschaft zeigten den Zeitgenossen die Indifferenz der wirtschaftlichen Handlungslogik gegenüber außerwirtschaftlichen Beurteilungsmaßstäben. Zugleich verdeutlichten die immensen Schwierigkeiten, mit denen jeder Versuch konfrontiert wurde, von außen in das kapitalistische Wirtschaftssystem zu intervenieren, um die unerwünschten Folgeerscheinungen wirtschaftlichen Handelns abzustellen, dass sich hier ein gesellschaftlicher Teilbereich in hohem Maße immunisiert hatte. Indifferenz und Immunisierung: Das wurden die Leitmotive einer Kapitalismuskritik, die von den Romantikern über die Frühsozialisten bis zum daraus hervorgehenden Marxismus reicht (Schaff 1977). Polanyi (1944:111) bringt diese Verselbständigungsdiagnose so auf den Begriff, dass alle sonstigen Bereiche gesellschaftlichen Handelns, in die wirtschaftliches Handeln einst eingebettet gewesen war, nunmehr „zu einem Beiwerk des Wirtschaftssystems herabgesunken“ seien.
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© 2006 VS Verlag für Sozialwissenschaften/GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden
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(2006). Verselbständigung und politische Steuerbarkeit gesellschaftlicher Teilsysteme. In: Teilsystemische Autonomie und politische Gesellschaftssteuerung. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-90102-2_8
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-531-90102-2_8
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-531-14684-3
Online ISBN: 978-3-531-90102-2
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