Auszug
Die Familie ist für die Menschen in fast allen Gesellschaften ein zentraler Bereich in ihrem Leben, wenn nicht der zentralste Lebensbereich. Eine solch weitgehende, nicht weiter eingeschränkte Behauptung mag in einem komparativen, die Gesellschaftsunterschiede gerade betonenden Buch überraschen. Aber die empirischen Befunde sprechen eine eindeutige Sprache. In der Europäischen Wertestudie wurden die Bürger in den verschiedenen Ländern gefragt, welche Lebensbereiche (Arbeit, Politik, Religion, Familie, Freizeit, Freunde) ihnen in welchem Maße wichtig sind. Die Befragten konnten zwischen „sehr wichtig“ „wichtig“, „unwichtig“ und „überhaupt nicht wichtig“ wählen. Der Bereich der Familie wird von 85,3 % der Bürger als sehr wichtig betrachtet; „Politik“ definieren z. B. nur 7,8 % als sehr wichtig. Die Zustimmungsraten im Hinblick auf die Familie variieren zwischen 66,8 % in Litauen und 97,2 % in der Türkei, sind also in allen Ländern sehr hoch.
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Literatur
Vgl. dazu die Dissertation von Marcus Carson (2004).
Dies ist auf die Initiative Frankreichs zurückzuführen, das mit der Initiative aber keine feministische, sondern eine ökonomische Intention verfolgte. Man befürchtete, dass die Arbeitskosten für die deutschen Arbeitnehmerinnen geringer ausfallen würden und damit Frankreich ökonomisch benachteiligt würde (vgl. Haas 1958: 515ff.).
Dies mag eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für die faktische Gleichheit von Männern und Frauen im Erwerbsleben sein. Kirstin Bergmann (1999) weist erhebliche Unterschiede zwischen den Mitgliedsstaaten der EU trotz rechtlicher Angleichung nach.
Die Gleichstellungs-und Familienvorstellungen galten und gelten natürlich auch für die Verhandlungen mit den Beitrittskandidaten Mittel-und Osteuropas (Bretherton 2001). Die Beitrittsverhandlungen werden entlang einer Checkliste von 31 Kapiteln geführt, die zu einem bestimmten Zeitpunkt geöffnet, verhandelt und nach erfolgreicher Verhandlung geschlossen werden. Die verschiedenen Kapitel sind unterschiedlichen inhaltlichen Schwerpunkten der Rechts-und Strukturanpassung der Beitrittsländer an die EU gewidmet (Landwirtschaft, Umwelt, Statistik etc.). Die Gleichbehandlung von Frauen und Männern wird im Kapitel 13 (Beschäftigung und Sozialpolitik) verhandelt und bildet damit ein Aufnahmekriterium für die neuen Länder in die EU, auch wenn von manchen Autoren die Implementierung der Prinzipien des „gender mainstreaming“ als nicht ausreichend interpretiert wird (vgl. Bretherton 2001).
Die Bildung einer additiven Skala ist problematisch, da die einzelnen Variablen einen unterschiedlichen Range haben. Es bleibt leider unklar, wie Inglehart und Norris (2003) das Problem lösen. Sie geben lediglich an, dass alle fünf Variablen in den Index eingehen, der auf eine 100-Punkte-Skala standardisiert wurde.
Einen guten Überblick über die Literaturlage zu diesem modernisierungstheoretischen Argument findet man bei Christian Welzel (2000).
Die folgenden Ausführungen beziehen sich einerseits auf die Eintragungen zu den Stichwörtern „Familie“, „Frau“ und „Mann“ in dem von Hans Dieter Betz et al. (2003) herausgegebenen Lexikon „Religion in Gegenwart und Geschichte“, zum anderen auf die Eintragungen unter den Stichwörtern in der von Gerhard Müller et al. (1976) herausgegebenen „Theologische Realenzyklopädie“.
Einen guten Überblick geben die zehn Länderberichte in dem von Franz-Xaver Kaufmann et al. (1997) herausgegebenen Band.
Viele Autoren sehen zudem einen Zusammenhang zwischen der religiösen Traditionslinie und dem jeweiligen Wohlfahrtsstaatsmodell (vgl. Kaufmann 1988a; Martin 1978). Die in einer katholischen Traditionslinie stehenden Länder haben meist einen Wohlfahrtsstaat entwickelt, der eher dem „Family support model“ entspricht, die protestantischen Länder haben Wohlfahrtsstaaten entwickelt, die tendenziell eher die beiden anderen Familienmodelle unterstützen. Dieser Zusammenhang gilt nicht für die mittel-und osteuropäischen Länder.
Die Beta-Werte in der Regressionsanalyse ähneln denen, die man erhält, wenn man das im Folgenden erläuterte „Gender Empowerment Measure“ statt der Wohlfahrtsstaatsmodelle in die Analyse aufnimmt. Göran Therborn (2000: 122 ff.) beschreibt den Emanzipati-onsprozess der Frauen in verschiedenen europäischen Ländern entlang der Veränderungen der Rechtsvorschriften in den Ländern. Danach gehören die Länder Bulgarien und Rumänien z. B. zu den Ländern, in denen die Selbstbestimmungsrechte der Frauen sehr früh erweitert wurden. Dass dies nur geringe Effekte auf die Einstellungen der Bürger hatte, haben unsere deskriptiven Analysen gezeigt. Rechtsveränderungen müssen nicht die Einstellungen der Bürger verändern. Und sie werden dies vor allem dann nicht tun, wenn sie, wie in staatssozialistischen Gesellschaften von „oben“ oktroyiert werden.
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(2006). Familien- und Geschlechtsrollenvorstellungen oder: Wer unterstützt die Emanzipation der Frauen. In: Kulturelle Unterschiede in der Europäischen Union. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-90069-8_3
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Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-531-34321-1
Online ISBN: 978-3-531-90069-8
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