Zusammenfassung
Ob Demokratie und Islam vereinbar sind und wie es gegebenenfalls um die Legitimität eines spezifisch islamischen Typus der Volksherrschaft bestellt ist, wird in der Literatur seit geraumer Zeit kontrovers diskutiert. Die bisweilen recht polemisch geführte Debatte stand gerade im deutschsprachigen Raum lange im Zeichen der Diskursmacht, die von Huntingtons Slogan des Clash of Civilizations ausging. Das hartnäckige (Vor-)Urteil, es mit einer Form des Kulturkampfes zu tun zu haben, wurde dabei von einer Reihe populärwissenschaftlicher Studien unterfüttert, die der Öffentlichkeit ein Bild islamischer Parallelgesellschaften präsentierten, in denen insbesondere die Frauen systematisch unterdrückt werden.
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Dazu etwa der Band von Kallscheuer 1996, der die islamkritischen Ansätze von Dan Diner und Bernard Lewis lanciert. Zur Kritik am „Mythos“ des Clash of Civilizations siehe Hafez 1997 und Çağlar 2002. Für den Versuch einer kritischen Relativierung der Thesen Huntingtons siehe Tibi 1998. Riesebrodt (2001) versteht seinen Ansatz zwar explizit als Gegenentwurf zu Huntington, macht aber die konstatierte Rückkehr der Religionen exakt am Phänomen religiös motivierter Gewalt fest.
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An-Naim (1996) sprach sich überdies für eine Form der islamischen Reformation aus.
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Zu dieser Position innerhalb des islamischen Demokratiediskurses siehe auch Krämer 1999, S. 21 f. Analog die Ausführungen zu Fahmi Huwaidi im Aufsatz von Flores in diesem Band.
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Zu al-Ghannouchis Demokratieidee zur Zeit der 1990er Jahre siehe Tamimi 2001 sowie aktuell den Beitrag von Klevesath in diesem Band.
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Zur Porträtierung jener Denker siehe nach wie vor den Band von Amirpur und Ammann (2006). In ihrer jüngsten Publikation plädiert Amirpur unter dem provokativen Titel „Dschihad für Demokratie, Freiheit und Frauenrechte“ (2013) für eine Erneuerung des Islam, die die Tradition der Pluralität in der islamischen Kultur aufgreift und fortsetzt.
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Siehe dazu den Beitrag von Yendell in diesem Band.
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Werner Schiffauer (2008) konstatierte diesbezüglich eine sich in Deutschland und Europa etablierende kooptative Neuausrichtung der staatlichen Politik gegenüber Muslimen bzw. muslimischen Verbänden, bei der sicherheits- und integrationspolitischen Ziele allerdings eher konkurrieren als sich ergänzen. In der 2006 eingerichteten Deutschen Islamkonferenz zur Förderung des Dialoges zwischen dem Staat und den in Deutschland lebenden Muslimen (Busch und Goltz 2011) spiegelt sich die dominierende Bedrohungsperzeption jedenfalls ebenso wider wie in der davon beeinflussten Diskussion über die Einführung und Gestaltung eines islamischen Religionsunterrichts an öffentlichen Schulen (Ucar und Bergmann 2010), im Ruf nach einer formalisierten und institutionalisierten Imamausbildung (Ceylan 2010) oder in der Anregung eines Aussteigerprogramms für Salafisten (Kellers 2012). Zum Spannungsfeld von Konflikt und Dialog im Umgang mit dem Islam in Deutschland siehe auch Zehetmair 2005.
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Siehe dazu vor allem den Beitrag von Schüller in diesem Band.
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Hidalgo, O., Zapf, H., Cavuldak, A., Hildmann, P. (2014). Einführung. In: Cavuldak, A., Hidalgo, O., Hildmann, P., Zapf, H. (eds) Demokratie und Islam. Politik und Religion. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-19833-0_1
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