Zusammenfassung
Gesellschaften sahen sich im Laufe der Geschichte verschiedenen Herausforderungen gegenüber, die es zu bearbeiten galt. So kann die Gründung von Nationalstaaten als eine Antwort auf die Problematik unbegrenzter politischer Macht verstanden werden. Die Kontrolle von Armut gelang vielerorts durch die Einführung des Wohlfahrtsstaatsprinzips. Der Umgang mit Nichtwissen stellt dagegen die zentrale aktuelle Herausforderung dar, welcher sich politische Gemeinschaften mit wachsender Dringlichkeit gegenüber sehen (Willke 2002: 93).
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Braun (2004: 936) setzt den Beginn der Debatte bereits in den 1920er und 1930er Jahren mit den durch die Wirtschaftskrisen der damaligen Zeit angestoßenen Diskussion um das Primat der Politik gegenüber der Wirtschaft an. Dahingegen betont Mayntz (1996: 148), dass die wissenschaftliche Betrachtung politischer Steuerung erst dann begann, als diese begann problematisch zu werden.
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An dieser Stelle kann lediglich der Versuch einer abstrakten Thematisierung der unterschiedlichen Bedeutungszuschreibung von Wissen in der Debatte unternommen werden, jedoch nicht auf inhaltliche Spezifika der einzelnen Phasen der Debatte oder gar individueller Debattenbeiträge eingegangen werden. Siehe hierfür Mayntz (1987) oder überblicksartig Braun (2004).
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Siehe Mayntz 1987: 91–95 zur Unterscheidung von Steuerungssubjekt, Steuerungsobjekt, Steuerungszweck und Steuerungsinstrument als zentralen Elementen eines Begriffs von politischer Steuerung.
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Mayntz (1987: 96 ff.) unterscheidet neben dem Wissensproblem das Implementationsproblem (Vollzugsinstanzen setzen die Norm nicht durch), das Motivationsproblem (Adressaten verweigern die Befolgung) und das Steuerbarkeitsproblem (prinzipielle Unmöglichkeit politischer Steuerung aus systemtheoretischer Sichtweise)
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Siehe hierzu deLeon 1999.
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Zu den verschieden discourse communities der verwaltungspolitischen Debatte der 90er Jahre vgl. Heinelt 1997.
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Die Unterscheidung zwischen impliziten und expliziten Wissen kennzeichnen Dreyer/Richter dadurch, dass „[i]mplizites Wissen in den ‚Köpfen der Mitarbeiter‘ gespeichert und nur schwer formulier- und teilbar [ist]. Hierzu zählen z. B. individuelle Erfahrungswerte, subjektive Einsichten und Intuition. Explizites Wissen liegt dagegen außerhalb der ‚Köpfe der Mitarbeiter‘ in artikulierter Form vor und ist in Medien speicherbar und abrufbar. Explizites Wissen kann wesentlich einfacher als implizites Wissen verarbeitet, transferiert und dokumentiert werden“ (2005: 207).
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Zur Abgrenzung von eigendynamischen Entwicklungen der Verwaltung gegenüber Verwaltungspolitik als intendierte Gestaltung sowie deren in der verwaltungswissenschaftlichen Debatte widersprüchlichen Beschreibungen und Erklärungen siehe Jann 2001: 327 ff.
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Wurde der Begriff des Wissensmanagement noch in der ersten Auflage des populären „Handbuch zur Verwaltungsreform“ von Bandemer et al. (1998) nicht thematisiert, ist diesem in der zweiten und dritten Auflage ein eigenes Kapitel gewidmet.
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Ein weiteres nach außen gerichtetes Feld des Wissensaustauschs, das sich jedoch nicht auf die Einbeziehung von Privaten bezieht, ist in dem (inter-)administrativen Austausch zu sehen. Beispielsweise im Bereich der lokalen Arbeitsmarktpolitik wird durch die Netzwerke „Kommunen der Zukunft“ (KdZ), „Beschäftigungsförderung in Kommunen“ (BiK) und dem „Deutsch-Österreichischen URBAN-Netzwerk“ (URBAN) entsprechende Kontexte geschaffen (Straßheim 2011). „Was diese Netzwerkorganisationen […] auszeichnet, ist ihre Fokussierung auf den Austausch von Wissen. Man sucht den ‚Erfahrungsaustausch‘ und zielt auf ‚Hilfe zur Selbsthilfe‘ durch den ‚Transfer der Problemlösungsmöglichkeiten‘ (KdZ); mit Hilfe des ‚Austauschs guter Praktiken‘ soll eine ‚Analyse von Erfolgs- und Misserfolgsfaktoren‘ möglich werden (BiK); durch die ‚Auseinandersetzung mit Erfolg versprechenden Praktiken‘ will man die Umsetzung von Problemlösungsstrategien fördern (URBAN)“ (Straßheim 2011: 159).
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Die Einführung neuer Instrumente wird in der Umweltpolitik der Europäischen Union besonders deutlich sichtbar, bleibt jedoch keinesfalls auf dieses Politikfeld beschränkt. So kann etwa in der deutschen Wohnungspolitik die Einführung der Programme „Soziale Stadt“ und „Stadtumbau Ost“ als neue Instrumente jenseits des regulativen Ansatzes (vgl. Egner et al. 2004: 106–130) ebenso als Beispiel für diese Entwicklung verstanden werden.
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Die Gründe hierfür sind vielfältig und können an dieser Stelle nicht weiter vertieft werden. Siehe hierfür jedoch Jordan et al. 2003: 12–16.
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Dies zeigt, dass der Begriff des „neuen“ Instruments, nicht rein zeitlich gedacht werden darf. Stattdessen handelt es sich um Instrumente die insofern „neuartig“ sind, als sie sich den idealtypischerweise starren Rahmen traditioneller Instrumente zugunsten des Handlungsspielraums der Adressaten aufgeben.
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Dieses übergreifende Reduktionsziel wird durch die Aufteilung des Gesamtzeitraums in einzelne Handelsperioden in verschiedene Unterziele herunter gebrochen. Daneben bestehen für die einzelnen Mitgliedsländer der EU im Rahmen des sog. Burden Sharing Agreements jeweils individuelle Reduktionsziele, welche bei Erreichung in der Summe eine unionsweite Reduktion von 20 % im Vergleich zum Jahr 1990 ergäben.
Literatur
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Löber, S., Krapp, MC. (2012). Wissenswandel zwischen Staat, Verwaltung und Gesellschaft – Anknüpfungen aus steuerungstheoretischer Perspektive. In: Egner, B., Haus, M., Terizakis, G. (eds) Regieren. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-19793-7_13
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