Zusammenfassung
Kulturjournalismus ist selbst Kultur, genauer gesagt, er produziert Kultur als „Kontakt, Verhandlung, Austausch zwischen den Disziplinen und medialen Sphären“. Dies war das Ergebnis des vorherigen Abschnitts. Kulturverständnis und Begriff von Kultur müssen im Hinblick auf den Kulturjournalismus dennoch weiter spezifiziert werden. Zu sehr an der Kunst und am Event orientiert, bildungsbürgerlich, womöglich gar elitär – das sind die wichtigsten Kritikpunkte, die Medienwissenschaftler gegen das traditionelle Feuilleton anführen. Aber auch journalistische Praktiker wandten sich gegen den vermeintlich zu engen Kulturbegriff des Feuilletons. Kultur sei längst ein Special Interest und als solcher nicht mehrheitsfähig, stellte der langjährige Leiter des ZDF-Kulturmagazins „Aspekte“, Wolfgang Herles, fest. Der ehemalige Intendant des Deutschlandradios, Ernst Elitz, monierte gar, die „Konzentration auf klassische Kulturangebote und ein damit verbundener klassischer Kulturauftritt“ seien Barrieren für den Mediennutzer. Das Gegenmittel: ein demonstrativ ausgeweiteter Kulturbegriff. Kultur sei die „Summe aller schöpferischen Handlungen“ oder ganz ähnlich: „Kultur ist Summe schöpferischen Handelns von Menschen“. Die Intention dieses Kulturverständnisses ist deutlich. Er soll dazu dienen, die Akzeptanzkrise des Feuilletons durch Ausweitung seines Zuständigkeitsbereiches zu beheben. Am Ende ist alles, was der Mensch macht, auch und gleichzeitig Kultur. Die Qualität des Schöpferischen lässt sich allen nur denkbaren Dingen und Handlungen beimessen. Es ist bezeichnend genug, dass dieser weite Kulturbegriff in Bezug auf den Kulturjournalismus seit Jahrzehnten fast unverändert verwendet wird. Immerhin spricht schon Emil Dovifat von Kultur als der „inneren Einheit alles geistig-seelischen Besitzes“. Dieser Kulturbegriff erscheint praktikabel, weil vielfältig anwendbar. In Wirklichkeit ebnet er jedoch Differenzen ein und verengt den Blick. Kulturjournalismus lebt jedoch nur dann, wenn Vorstellungen von Kultur auch unterschieden werden – nicht im Interesse neuer Hierarchien, wohl aber im Interesse trennscharfer Wahrnehmung und Diskussion.
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Lüddemann, S. (2015). Kultur: Kulturverständnis des Kulturjournalismus. In: Kulturjournalismus. Kunst- und Kulturmanagement. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-19650-3_3
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