Zusammenfassung
Der Framing-Ansatz gilt allgemein als konstruktivistisch geprägt (vgl. Bonfadelli/Marr 2008: 134f., Dahinden 2006: 73), doch fallen die Begründungen für diese makrotheoretische Einordnung in der Regel äußerst knapp aus. Das folgende Kapitel widmet sich dem Verhältnis von Konstruktivismus und Framing-Ansatz daher in ausführlicherer Form. Die wesentliche Frage hierbei lautet, ob der Framing-Ansatz den Grundannahmen dieser Makrotheorie wirklich folgt. Um die Beurteilung dieser Frage nachvollziehbar zu machen, wird der Konstruktivismus im Folgenden ausführlicher vorgestellt. Dabei wird sich zeigen, dass die Vielfalt an Varianten des Konstruktivismus, die nur vage konturiert und schlecht voneinander abzugrenzen sind, die Klärung des Verhältnisses von Konstruktivismus und Framing-Ansatz enorm erschwert. Von großer Bedeutung für die Weiterentwicklung des Framing-Ansatzes ist die klare Zuordnung zu einer Makrotheorie jedoch deshalb, weil eine solche die Annahmen, welche im Rahmen einer Theorie mittlerer Reichweite gemacht werden können, einschränkt und in eine bestimmte Richtung leitet. Makrotheorien dienen somit letztlich als Heuristiken. Solche „heuristischen Konzepte strukturieren den untersuchten Gegenstandsbereich, indem sie festlegen, was im Untersuchungsfeld ‚der Fall sein kann‘, welche Phänomene untersucht werden und welche Zusammenhänge zwischen diesen Phänomenen bestehen können.“ (Kelle 1997: 368) Auch dies kann zu der dringend notwendigen Fokussierung des Framing-Ansatzes beitragen.
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Notes
- 1.
Dieser Gedanke findet sich nicht nur im radikalen Konstruktivismus, sondern unter anderem auch im operativen Konstruktivismus (vgl. Luhmann 2009: 14) und im symbolischen Interaktionismus (vgl. Blumer 1973: 102).
- 2.
Die News-Bias-Forschung hat sich mittlerweile an diese oppositionelle Sichtweise angepasst. So heißt es bei Zelizer, Park und Gudelunas (2002: 284): „Not only has the idea of non-biased reporting been rejected as untenable (Hackett, 1984) but scholarship on social perception has underscored the inevitability of bias in basic cognitive and perceptual mechanisms (Vallone et al., 1985). And yet, the notion of bias still remains a trump card in the public sphere, offering the backbone of an oft-repeated and impassioned plea for and against certain views on the world that infiltrate the reportage of wide-ranging events.” Die unausweichliche Subjektabhängigkeit einer Beobachtung und auch deren Wiedergabe resultiert nach dieser Auffassung in einem unausweichlichen Bias. Problematisch wird damit jedoch die normative Komponente des News-Bias-Ansatzes: Wenn ein Bias unausweichlich ist, kann die Norm nicht länger in einer Bias-freien Berichterstattung bestehen. Dieser Widerspruch wird auch von den zitierten Autoren nicht aufgelöst, die in wertender Sprache von „slant“ (ebd.: 302) sprechen und einen Bias damit mehr als Verzerrung denn als Unterschiedlichkeit begreifen.
- 3.
Die Wirklichkeitskonstruktion eines Frames ist demnach ein spezifischer Ausschnitt aus der Wirklichkeit, der man umso näher kommt, je mehr man einzelne Wirklichkeitskonstruktionen vereint betrachtet – freilich ohne sie jemals insgesamt erkennen zu können. Der einzelne Mensch jedoch kennt die Wirklichkeit meist nur innerhalb eines einzigen Frames, der für ihn die Realität darstellt – er kann sie nur auf diese Weise erkennen. Das Wissen um mehrere, koexistierende Wirklichkeitskonstruktionen ist demnach meist dem konstruktivistisch denkenden Forscher vorbehalten.
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© 2012 VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden
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Potthoff, M. (2012). Der Konstruktivismus als makrotheoretische Basis des Framing-Ansatzes. In: Medien-Frames und ihre Entstehung. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-19648-0_4
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