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Zusammenfassung

Obgleich 150 Jahre alt, schienen diese Textzeilen den Verantwortlichen der Radiosendung „Profit“ im Februar 2011 offenbar so aktuell, dass sie einen Beitrag unter diesem Titel sendeten (WDR 2011). Das Thema der Sendung war die Streikankündigung der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL). Das Zitat, vom WDR aus einem alten Arbeiterlied entliehen, brachte plastisch auf den Punkt, was Fahrgäste, aber auch Bahnunternehmen fürchteten: Neuerliche Zugausfälle, verstopfte Autobahnen, weil Pendler in weiser Voraussicht auf das Auto umsteigen würden und wirtschaftliche Verluste für die Arbeitgeber. Nicht wenige mögen sich an den Spätsommer 2007 erinnert haben.

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Notes

  1. 1.

    Ursprünglich stammen diese Zeilen aus einem Lied der Arbeiterbewegung, das Georg Herwegh 1863 anlässlich der Gründung des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins (ADAV), einem Vorläufer der heutigen SPD, komponierte.

  2. 2.

    Am 24. März 1933 verabschiedeten die Nationalsozialisten das „Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich“, das so genannte Ermächtigungsgesetz. Mit diesem Gesetz, das Historiker als die Grundlage des nationalsozialistischen Regimes unter Hitler identifizierten, wurden Demokratie und Pluralismus abgeschafft. Mit der Gesetzverabschiedung wurde die Auflösung der Gewerkschaften beschlossen.

  3. 3.

    In Deutschland ist Beamten ein Streikrecht grundgesetzlich verwehrt.

  4. 4.

    1971 organisierte die GdED 58 Prozent der Beamten und 87 Prozent der Tarifkräfte, die bei der Deutschen Bundesbahn beschäftigt waren (Müller/Wilke 2006: 122).

  5. 5.

    Interview Transnet (6) vom 26.08.2009.

  6. 6.

    Gewerkschaft Transport, Service, Netze (Transnet): Vor der Bahnreform bezeichnete sich die Organisation als Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands (GdED). Im Jahr 2000 änderte die GdED ihre Titulierung in „Transnet Gewerkschaft GdED“. Vier Jahre später erfolgte die vollständige Änderung des Namens in „Gewerkschaft Transport, Service, Netze“ (Transnet) (Vgl. Müller/Wilke 2006: 14). Die Überlegungen, die hinter der Namensänderung standen, bleiben an dieser Stelle außen vor, weil sie später aufgegriffen werden. Gleichwohl soll hier darauf hingewiesen werden, dass immer, wenn explizit die Rede von der Zeit vor 2000 ist, die Bezeichnung GdED verwendet wird. Gleiches gilt für die Beschreibung Transnet für die Phase nach 2004. Für die Übergangsphase, aber auch für Prozesse, die zeitlich weder explizit vor dem Jahr 2000, noch nach dem Jahr 2004 datiert werden können, soll der Doppelbegriff GdED/Transnet verwendet werden.

  7. 7.

    Interview GDL (9) vom 27.08.2009.

  8. 8.

    Interview Transnet (7) vom 27.08.2009.

  9. 9.

    Nach dem Zusammenschluss mit ihrer ostdeutschen Schwesterorganisation im Nachgang der Deutschen Einheit zählte die GdED im Jahr 1991 527.478 Mitglieder (Müller/Wilke 2006: 293).

  10. 10.

    Interview DB AG/Agv MoVe (6) vom 04.11.2010.

  11. 11.

    Im Dezember 2010 sind Transnet und GDBA zur „Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft“ (EVG) fusioniert.

  12. 12.

    Interview GDL (3) vom 29.05.2009.

  13. 13.

    Interview GDL (3) vom 29.05.2009.

  14. 14.

    Interview GDL (3) vom 29.05.2009.

  15. 15.

    Vgl. Interview GDL (8) vom 27.08.2009.

  16. 16.

    Von Mai 1949 bis Mai 1981 war die Verkehrsgewerkschaft GDBA unter dem Namen Gewerkschaft Deutscher Bundesbahnbeamten und Anwärter (GDBA) bekannt. Danach bezeichnete sich diese als Gewerkschaft Deutscher Bundesbahnbeamten, Arbeiter und Angestellten im Deutschen Beamtenbund. 1994 nannte sich die Organisation in Verkehrsgewerkschaft GDBA um, ohne das Kürzel GDBA aufzulösen. – Der Einfachheit halber wird in der vorliegenden Arbeit durchgehend die Bezeichnung GDBA verwendet.

  17. 17.

    Ulrich von Alemann und Rolf G. Heinze sprechen von einer „wechselseitigen Beziehung“ (1979b: 29): Die Verbände werden vom Staat mit einem Quasi-Vertretungsmonopol gesellschaftlicher Interessen ausgestattet. Der Staat leistet den Verbänden Organisationshilfe, während sich diese im Gegenzug als verpflichtungsfähige Partner erweisen (Lehmbruch 1979: 51f.). Der Staat kann sich eines Teils seiner hoheitlichen Aufgaben entledigen, in dem er diese in den Verantwortungsbereich der Verbände überträgt. Damit ist nicht allein eine Aufgabenentlastung des Staates verbunden. Vielmehr hat sich die Arbeitsteilung zwischen Staat und Verbänden in bestimmten Sphären lange als Stabilisationshilfe für demokratische Regierungssysteme und als Garant für sozialen Frieden erwiesen (Schmitter 1979: 92; Streeck 2006: 12). Die Einbeziehung von Branchen- und Einheitsgewerkschaften auf der einen und Arbeitgeberverbänden auf der anderen Seite in die Ausgestaltung deutscher Arbeitsbeziehungen galt Beobachtern als Symbol für den typisch bundesdeutschen Konsens zwischen Arbeit und Kapital (Vgl. Streeck 2006: 22).

  18. 18.

    Üblicherweise werden die Problemlagen, mit denen sich die deutschen Einheits- und Branchengewerkschaften seit Ende der 1980er konfrontiert sehen, unter den Begrifflichkeiten von Mitglieder-, Einbettungs-, Gegner- sowie daraus resultierender Durchsetzungskrise diskutiert (Vgl. u.a.: Schroeder 2003a, b, 2005; Schroeder/Weßels 2003; Hassel 2006; Biebeler/Lesch 2007). – Für eine zusammenfassende Darstellung der Krisendiagnostik deutscher Gewerkschaften siehe: Schroeder/Kalass/Greef 2011: 15ff..

  19. 19.

    Jede Interessenorganisation unterliegt dem Widerspruch zwischen Mitgliederinteresse („Sozialintegration“) und Einflussinteresse („Systemintegration“) (Streeck 1994: 14). Einerseits muss der Verband den Interessen seiner Mitglieder gerecht werden, während er andererseits danach strebt, Einfluss auf die Gestaltung der Verbandsumwelt zu nehmen. Dafür muss er notfalls bereit sein, die Interessen seiner Mitglieder zurückzustellen. Anders herum läuft eine deutliche Ausrichtung an den Interessen der Verbandsbasis darauf hinaus, dass sich der Einfluss der Verbandsspitze auf seine Umwelt verringert, weil er gegenüber den Akteuren in seiner Umgebung nur bedingt verpflichtungsfähig erscheint. Die Balance zwischen Einfluss- und Mitgliedschaftslogik ist instabil und muss unter veränderten bzw. sich wandelnden Umweltbedingungen wiederholt neu justiert und angepasst werden (Vgl. auch: Streeck 2009a).

  20. 20.

    Im März 2001 verschmolzen die Gewerkschaft öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ötv), die Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV), die Deutsche Postgewerkschaft (DPG), die Industriegewerkschaft Medien – Druck und Papier, Publizistik und Kunst (IG Medien) und die Deutsche Angestellten-Gewerkschaft (DAG) zu einem Verband, der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di). – Für einen chronologischen Überblick des Gründungsprozesses siehe: http://geschichte.verdi.de/chronik (Abgerufen am: 24.01.2011).

  21. 21.

    In der Literatur werden zwei Ausprägungen gewerkschaftlicher Konkurrenz mit unterschiedlichen tarifpolitischen Folgen differenziert: Unter- und Überbietungskonkurrenz (Bispinck/Dribbusch 2008; Dribbusch 2010; Dribbusch 2009a, b; Schroeder/Kalass/Greef 2011). Von Unterbietungskonkurrenz ist die Rede, wenn ein mitgliederschwacher Gewerkschaftsverband bereit ist, mit dem Arbeitgeber niedrige Tarifabschlüsse zu vereinbaren, um auf diesem Weg organisationspolitische Aufwertung und offizielle Anerkennung zu erfahren. Empirisch handelt es sich bei den Unterbietungskonkurrenten vor allem um christliche Gewerkschaften, die Tarifverträgen zustimmen, welche unterhalb des DGB-Tarifspiegels rangieren und die deshalb vom DGB als Dumping-Verträge bezeichnet werden (Vgl. hierzu: Buchholz 2002). Im Gegensatz zur Unterbietungskonkurrenz wird der Überbietungswettbewerb aus einer Position der Stärke heraus geführt. Voraussetzung dafür ist eine hohe Organisationsmacht (hoher Organisationsgrad, Streik- und Mobilisierungsfähigkeit) des konkurrierenden Verbands (Schroeder/Kalass/Greef 2011: 23f.). Zur Überbietung von DGB-Verträgen sind kleine und interessenhomogene Berufs- und Spezialistenverbände befähigt, denen es neben dem höheren Tarifabschluss um organisationspolitische Anerkennung durch den Arbeitgeber und die DGB-Gewerkschaften geht (Keller 2008a: 166; Schroeder/Kalass/Greef 2011: 23f.).

  22. 22.

    Im Sommer 2010 entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG), dass in einem Betrieb mehr als ein Tarifvertrag Anwendung finden kann. Dieses Urteil ist als „Aufhebung der Tarifeinheit“, die das Prinzip „Ein Betrieb – ein Tarifvertrag – eine Gewerkschaft“ umschrieben hatte, bekannt geworden und hat eine politische Debatte um die Verabschiedung eines Gesetzes zum Schutz bzw. zur Wiederherstellung der Tarifeinheit ausgelöst. Diese Debatte, die zum Zeitpunkt der Fertigstellung der vorliegenden Arbeit noch nicht abgeschlossen ist, soll an dieser Stelle nicht detailliert ausgeführt werden. Für eine intensive Beschäftigung mit dem Themenkomplex Tarifeinheit und Tarifkonkurrenz vergleiche exemplarisch: Schroeder/Kalass/Greef 2011: 23ff.; Dribbusch 2010, 2009a; Bayreuther, W. 2008; Bayreuther, F. 2006).

  23. 23.

    Keller bezieht sich hier auf Mancur Olsons Ansatz der Logik kollektiven Handelns. Nach Olson gelingt es kleinen Gruppen prinzipiell besser, kollektives Handeln zu organisieren, weil sie anders als größere Gruppen weniger stark vom Trittbrettfahrerproblem betroffen sind. Letztere wiederum versuchen, ihre Betroffenheit durch selektive Mitgliederanreize zu kompensieren (1971). Das drückt sich darin aus, dass einzelne potenzielle Gruppenmitglieder davon ausgehen, auch ohne Mitgliedschaft in der Gruppe (ohne Gewerkschaftsmitgliedschaft) in den Genuss des von der Gruppe bereitgestellten Kollektivguts (etwa eines Tarifvertrags) zu kommen.

  24. 24.

    Bis heute konnten nur die genannten drei Gewerkschaften ihren Anspruch, das DGB-Niveau zu überbieten, realisieren. Es handelt sich hierbei um die Piloten- (VC), die Ärzte- (MB) und die Lokführergewerkschaft (GDL) (Dribbusch 2010: 11).

  25. 25.

    Vgl. hierzu die Unterscheidung von Mitgliedschafts- und Einflusslogik. Gemeinsam beschreiben beide Begriffe das Spannungsverhältnis zwischen Sozial- und Systemintegration. Dabei wirft der Begriff der Sozialintegration die Frage einer Einbindung der Mitgliederbasis durch die Organisation auf, während mit Systemintegration die Integration der Organisation in ihre Umwelt sowie die Einflussmöglichkeiten der Organisation auf die sie umgebende Institutionenarchitektur bezeichnet werden (Streeck 1994: 14).

  26. 26.

    Eine Regulierungsmöglichkeit ist beispielsweise die Festlegung normierter Berufsbilder, die entsprechende Qualifikationen und anerkannte Abschlüsse voraussetzen.

  27. 27.

    Für einen umfassenden Überblick über die Merkmale von Industrie- und Berufsgewerkschaften siehe Tabelle 21 im Anhang (Streeck 1993: 43ff.)

  28. 28.

    Dabei soll nicht der Eindruck erweckt werden als spreche lediglich die Ausbildung von Gewerkschaftskonkurrenz für Krisendiagnostiken des deutschen Modells. Vgl. hierzu die oben genannten Anmerkungen zur Diskussion um die Zukunft des deutschen Modells.

  29. 29.

    Vgl. hierzu die Abbildung 24 im Anhang (Schroeder/Kalass/Greef 2011: 21).

  30. 30.

    Um das Zusammenspiel aus zwingenden Voraussetzungen der Umwelt und Kapazitäten des Verbands selbst zu versinnbildlichen, greifen Schroeder et al. auf die Konzepte von Gelegenheitsstruktur und Ressourcenmobilisierungstheorie zurück, die sie zu einem gemeinsamen Erklärungsmodell zusammenfassen (2011: 38ff.). Da dieses Konzept an späterer Stelle genauer vorgestellt wird, soll es in diesem Zusammenhang nur kurz Erwähnung finden.

  31. 31.

    Die Entwicklung der Bahnbranche wird in dem historischen Sammelband von Lothar Gall und Manfred Pohl „Die Eisenbahn in Deutschland. Von den Anfängen bis zur Gegenwart“ anschaulich zusammengefasst (1999a). Die Einzelbeiträge zeigen die wesentlichen Meilensteine der Bahngeschichte von der Gründung der Deutschen Reichsbahn über die Instrumentalisierung der Bahn durch die Nationalsozialisten, die Gründung von Bundesbahn und Reichsbahn nach dem Zweiten Weltkrieg bis hin zur Verschmelzung beider Bahnen im Zuge der Deutschen Einheit auf. Dabei sind die einzelnen Artikel nach einem einheitlichen Analysekanon aufgebaut, so dass die Geschichte der deutschen Bahn im Kontext ihrer jeweiligen sozialen, wirtschaftlichen und politischen Bedeutung von ihren Anfängen durchgehend bis zum Ende des zwanzigsten Jahrhunderts nachgezeichnet wird. In den Beiträgen wird deutlich, dass es zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts zunächst darum ging, das privat organisierte Bahnwesen zu vereinheitlichen und zu verstaatlichen, während in der Bundesrepublik zunehmend Rufe nach einem schlanken Staat und der Entlastung des Haushalts durch eine Privatisierung der Bahn lauter wurden.

  32. 32.

    Die Grundzüge der Arbeitsbeziehungen im bundesdeutschen Bahnwesen sind zu Beginn der 1980er-Jahren von Wolfgang Streeck, Peter Seglow und Pat Wallace charakterisiert worden. Auf Basis eines Vergleichs benennen die Autoren Gemeinsamkeiten und Unterschiede der britischen und deutschen Bahngewerkschaften. Ihrer Ansicht nach können die nationalen Gewerkschaftssysteme, die im britischen Fall berufsgewerkschaftlich, im deutschen hingegen branchengewerkschaftlich geprägt sind, erklären, warum es der deutschen GdED gelingen konnte, einen monopolartigen Vertretungsanspruch zu erringen, während sich branchengewerkschaftliche Strategien im britischen Bahnwesen nicht durchsetzen konnten. Da in Großbritannien anders als in der Bundesrepublik die Bahnbeschäftigten nicht verbeamtet und somit streikfähig waren, war etwa die berufsgewerkschaftliche Vertretung der britischen Lokführer ungleich durchsetzungsmächtiger als im deutschen Fall (Streeck/Seglow/Wallace 1981: 328). Wenngleich die Untersuchung von Streeck et al. geeignet ist, um die gewerkschaftliche Akteurskonstellation zu Bundesbahnzeiten nachzuzeichnen, so muss heute von einer veränderten Situation ausgegangen werden. Denn die Bahnreform hat die Strukturbedingungen der Branche, die Streeck et al. vor Augen hatten, verändert. Das institutionell gesicherte, einheitsgewerkschaftliche Gestaltungsmonopol der GdED existiert nicht mehr (1981: 320ff.). Das Bahnbeamtentum wurde mit der Bahnreform zum Auslaufmodell. Seit dem 1. Januar 1994 unterliegen die deutschen Bahnbeschäftigten tarifvertraglichen Regularien und sind als angestellte Mitarbeiter streikfähig. Die deutschen Bahngewerkschaften organisieren seither ihrerseits streikfähige Mitglieder und haben insgesamt, sowohl aus branchen- wie aus berufsverbandlicher Sicht, an Durchsetzungsmacht gewonnen.

  33. 33.

    Die wissenschaftliche Debatte um die Bahnreform ist von Vertretern unterschiedlicher Disziplinen geführt worden. Den Facettenreichtum dieser Debatte umfassend darzustellen, würde den Rahmen der vorliegenden Arbeit sprengen. Da sich die folgende Analyse mit den Folgen der Bahnreform für die Arbeitsbeziehungen befasst, werden an dieser Stelle lediglich die Arbeiten diskutiert, die ihrerseits dem Themenkomplex Arbeitsbeziehungen im Bahnwesen zuzurechnen sind. Nichtsdestotrotz soll exemplarisch auf zwei weitere politikwissenschaftliche Betrachtungen der Bahnreform hingewiesen werden. Olivia van Riesen etwa fragt nach dem Charakter der Regulierungsregime, die im Zuge von Privatisierung und Liberalisierung im deutschen und im britischen Bahnbereich geschaffen wurden. Sie beschäftigt sich mit den Kosten und dem Nutzen der Reformen für den Staat (Riesen 2007). Tim Engartner demgegenüber hat vielmehr die Fahrgäste im Blick und hinterfragt die gesellschaftlichen Konsequenzen der Entledigung des Staats aus Verpflichtungen einer bahninfrastrukturellen Daseinsvorsorge (2008).

  34. 34.

    Vgl. Kapitel 7 (Müller/Wilke 2006: 245-290).

  35. 35.

    Vgl. hierzu Tabelle 22 im Anhang.

  36. 36.

    Auch Richter-Steinke diagnostiziert einen profunden Konkurrenzkampf zwischen den Bahngewerkschaften. Er spricht von einem „tarif- und organisationspolitischen Dauerkonflikt“ (2011: 318).

  37. 37.

    Für einen Überblick über gewerkschaftliche Erneuerungskonzepte im deutschen Gewerkschaftsmodell vgl. exemplarisch: Keudel/Schroeder 2008; Brinkmann et al. 2008; Greef/Kalass/Schroeder 2010; Turner 2009; Haipeter/Dörre 2011.

  38. 38.

    Die Studie stützt sich auf eine vergleichende Analyse von organizing-Konzepten gewerkschaftlicher Untergliederungen der internationalen Dienstleistungsgewerkschaft SEIU (Service Employees International Union), der Hotel- und Gaststättengewerkschaft HERE (Hotel Employees and Restaurant Employees Union) und der Nahrungsmittelindustrie- und Handelsgewerkschaft UFCW (United Food and Commercial Workers) in den USA (2000).

  39. 39.

    Michel stellt in Anlehnung an seine empirische Fallstudie zur deutschen Arbeiterbewegung und der daraus hervorgehenden Sozialdemokratischen Partei (SPD) die These auf, dass wachsende soziale Bewegungen dazu tendieren, bürokratische Organisationen mit einer starken Führungsspitze auszubilden (1911). In der Folge neigten die Organisationen zu bürokratischer Stabilität und zur Ausbildung von Handlungsroutinen. Voss/Sherman sprechen von einer Tendenz der Organisationen zu bürokratischem Konservativismus (2000: 305).

  40. 40.

    Die Unterscheidung zwischen historischen und konjunkturellen Aspekten der Gelegenheitsstruktur hat Dieter Rucht vorgenommen (1998).

  41. 41.

    Vgl. hierzu das Konzept von „exit“ und „voice“, das auf den amerikanischen Soziologen Albert O. Hirschman zurückgeht. Mitglieder einer Organisation haben demnach die Wahl ihre Unzufriedenheit entweder durch Protest (voice) oder aber durch Austritt (exit) zum Ausdruck zu bringen (Hirschman 1970).

  42. 42.

    Hier besteht auch ein zentraler Unterschied zu Richter-Steinkes Analyse, der unter einer anderen Fragestellung wie Schroeder et al., die von „Kulturkampf“ (Schroeder/Kalass/Greef 2011: 238) sprechen, einen „organisationspolitischen Dauerkonflikt“ (Richter-Steinke 2011: 318) zwischen den Bahngewerkschaften ausmacht. Die Erklärung sieht er in den unbeabsichtigten Konsequenzen der Bahnreform (Vgl. Richter-Steinke 2011: 409ff.). Obgleich nicht falsch, bleibt in dieser Sichtweise jedoch das historische Fundament einer über Jahrzehnte schwelenden Dissonanz zwischen DGB-Bahngewerkschaften und dbb-Bahngewerkschaften außer Acht (Vgl. dazu: Schroeder/Kalass/Greef 2011: 60ff., 87ff.; Kalass 2010a: 147f., 2011: 328ff.).

  43. 43.

    Auf expliziten Wunsch soll darauf hingewiesen werden, dass der Hinweis auf die Organisation eine institutionelle Zuordnungschance für den Leser bieten soll. Der Verweis auf den Organisationszusammenhang ist dabei nicht gleichzusetzen mit einer offiziellen Autorisierung der Angaben des Interviewpartners durch die Organisation.

  44. 44.

    Es handelt sich hierbei um ein Angebot, das sich unter der Bezeichnung „Spannungsfeld Tarifkonflikt“ gemeinsam an Stipendiaten der Hans-Böckler-Stiftung (HBS) und der Stiftung der Deutschen Wirtschaft (sdw) richtet. Das Programm wird von beiden Stiftungen gefördert und vom „Decision Institute“, einem Strategieberatungsdienstleister, ausgerichtet. Ziel ist es, den Stipendiaten einen Eindruck vom Ablauf einer Tarifverhandlungsrunde mit ihren inhaltlichen Fragestellungen und Problemlagen sowie spezifischen Verhandlungstaktiken der beteiligten Akteure zu geben. Bislang fand die Veranstaltung vier Mal statt; zuletzt im Mai 2009 und zu diesem Zeitpunkt in den Räumlichkeiten der DB AG am Potsdamer Platz. Nachgestellt wurde eine Tarifverhandlungsrunde bei der Bahn an der neben den Stipendiaten beider Stiftungen Vertreter des Unternehmens, des Agv MoVe, der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) sowie Gewerkschaftsfunktionäre von Transnet, der GDBA und ver.di in beratender Funktion an dem Spiel teilnahmen. Im Jahr 2005 hatte die Veranstaltung ebenfalls Bahntarifverhandlungen simuliert. Zu jenem Zeitpunkt war auch ein Vertreter der GDL involviert. Nach Auskunft der Veranstalter lehnte die GDL im Jahr 2009 eine Teilnahme jedoch ab. – Für weitere Informationen, siehe: http://www.tarifkonflikt.de/ (Abgerufen am: 25.01.2011).

  45. 45.

    Der Begriff der Schichtung wurde der Übersetzung der Streeck/Thelenschen Typologie institutionellen Wandels von Christiane Trampusch entnommen (2009: 228).

  46. 46.

    Siehe Tabelle 23 im Anhang (Streeck/Thelen 2005b: 31).

  47. 47.

    „Compromise between old and new slowly turning into defeat of the old“ (Streeck/Thelen 2005b: 31).

  48. 48.

    Mayntz/Scharpf weisen darauf hin, dass der Begriff der Institution an anderer Stelle lediglich auf „abstrahierte [...] Regeln“ (1995: 40) begrenzt worden ist, während für soziale Gebilde der Begriff der Organisation verwendet wurde. Diese Trennung habe sich jedoch nicht durchgesetzt. „[D]och werden mit dem Institutionenbegriff übereinstimmend Regelungsaspekte betont, die sich vor allem auf die Verteilung und Ausübung von Macht, die Definition von Zuständigkeiten, die Verfügung über Ressourcen sowie Autoritäts- und Abhängigkeitsverhältnisse beziehen“ (Mayntz/Scharpf 1995: 40).

  49. 49.

    „Seven Propositions about Institutional Change“ (Campbell 2006: 513).

  50. 50.

    Gleichwohl soll an dieser Stelle nicht das Bild vollständiger Gleichheit und Gleichberechtigung entworfen werden. Innerhalb von Organisationen bestehen Hierarchien, so dass in der Regel die Wertmaßstäbe dominanter Akteure gegenüber denjenigen von marginalisierten Gruppen eine prägendere Rolle einnehmen. Vor diesem Hintergrund können Starks Überlegungen vielmehr so verstanden werden, dass keine externe Instanz ein unzweifelhaftes Urteil darüber zu fällen vermag, welcher Maßstab richtig ist. Eine objektive Werturteilsbildung über moralische Prinzipien, die in Wertmaßstäben gespiegelt werden, schließt sich selbst aus (Vgl. Stark 2009: 36ff.).

  51. 51.

    Der Begriff der Heterarchie bezeichnet in der Organisationstheorie das Gegenteil einer hierarchischen Ordnung. Während Hierarchien dem Prinzip der Weisung folgen, sind Entscheidungsträger heterarchischer Ordnungen vergleichsweise unabhängig voneinander und gleichberechtigt. Entscheidungen sind das Ergebnis von Verhandlungen und nicht – wie im Fall hierarchischer Ordnung – des Befehls einer übergeordneten Ebene (Vgl. Reihlen 1999). – Stark verbindet den Begriff der Heterarchie mit Unternehmen, deren Herrschaftsstrukturen keinen Befehlscharakter besitzen, so dass auch einzelne kognitive Kategorien innerhalb des Unternehmens nicht objektiv unter- bzw. übereinander angeordnet sind: „[…] this organizational form is a mode of governance that differs from a hierarchy of command and a conceptual hierarchy of cognitive categories“ (2009: 5).

  52. 52.

    Es handelt sich dabei um einen ungarischen Industriebetrieb, den Stark in der Mitte der 1980er-Jahre besucht, um ein Unternehmen der Neuen Medien zu Beginn der 1990er-Jahre und schließlich um eine Wall Street-Investmentfirma um die Jahrtausendwende (Stark 2009: 33f.).

  53. 53.

    1982 wurde unter sozialistischer Führung ein Gesetz erlassen, das Beschäftigten ungarischer Staatsunternehmen die Möglichkeit bot, über den eigentlichen Beschäftigungsrahmen hinaus, firmeninterne Arbeits- und Produktionsgemeinschaften zu bilden. Diese Arbeitsgemeinschaften wurden von den Beschäftigten selbst organisiert und konnten eigenständig Aufträge übernehmen. - Für eine detaillierte Darstellung siehe: Stark 2009: 35ff..

  54. 54.

    Die DAG entstand 1949 in den Westzonen durch den Zusammenschluss mehrerer Angestelltenverbände und verstand sich in Tradition zu den Angestelltengewerkschaften der Weimarer Republik. Eine Integration in den DGB scheiterte an der berufgruppenspezifischen Untergliederung der DAG und dem Streit darüber, ob die Angestelltengewerkschaften für den Bereich der Industrie zuständig wären oder nicht. Nach ersten Annäherungsversuchen seit Ende der 1980er-Jahre konnte die DAG durch ihr Aufgehen in ver.di im Jahr 2001 schließlich in die DGB-Strukturen eingebunden werden. – Vgl. Homepage ver.di: Darstellung der DAG im Gemeinsamen Verschmelzungsbericht vom November 2000. Deutsche Angestellten-Gewerkschaft (DAG). Geschichte und Entwicklung, unter: http://www.verdi.de/geschichte/vorlaeufer/dag/bericht/geschichte (Abgerufen am: 28.06.2011).

  55. 55.

    Der Beruf bezeichnet eine „dauerhaft angelegte, i.d.R. eine Ausbildung voraussetzende Betätigung, die Arbeitskraft sowie Arbeitszeit überwiegend in Anspruch nimmt“ (Gabler Wirtschaftslexikon 2010: 375).

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Kalass, V. (2012). Einleitung. In: Neue Gewerkschaftskonkurrenz im Bahnwesen. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-19566-7_1

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