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Part of the book series: Soziale Arbeit in Theorie und Wissenschaft ((TWSA))

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Zusammenfassung

Nachdem nun bislang die professions-, erkenntnis- und wissenschaftstheoretischen Grundlagen der hier präsentierten Handlungstheorie verdeutlicht wurden, möchte ich in diesem Kapitel ausführlich auf den Capabilities Approach eingehen und dessen Grundlagen erläutern sowie die daraus resultierenden Verwendungsmöglichkeiten für eine Handlungstheorie Sozialer Arbeit darstellen.

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Notes

  1. 1.

    http://www.nobelprize.org/nobel_prizes/economics/laureates/1998/sen-autobio.html

  2. 2.

    als ein Ergebnis veröffentlichten sie zusammen „Quality of Life“ (1993)

  3. 3.

    siehe auch die von ihm aus der Sanskrit-Literatur übernommene Unterscheidung von niti und nyaya, beides Begriffe für Gerechtigkeit (Sen 2010, 84)

  4. 4.

    http://hdr.undp.org/en/statistics/

  5. 5.

    http://www.law.uchicago.edu/faculty/nussbaum/

  6. 6.

    In älteren Fassungen betitelte sie ihren Ansatz als „sozialdemokratisch“ (vgl. Kapitel 4.3.)

  7. 7.

    Für Hobbes drückt sich im menschlichen Zusammenleben ein beständiger Kampf aus, in dem der „Mensch des Menschen Wolf ist“: Homo homini lupus est. Allerdings relativiert Hobbes diese Aussage auch gleich wieder, indem er gleichzeitig annimmt, dass folgende Aussage ebenso wahr ist: Homo homini deus est.

  8. 8.

    Auf die kantischen Elemente seiner Theorie gehe ich im Folgenden nicht so dezidiert ein wie auf die vertragstheoretischen Wurzeln. Daher sei nur darauf hingewiesen, dass Rawls von Immanuel Kant (1724-1804) zwei Grundsätze aus dessen deontologischer Ethik übernimmt. Erstens den Grundsatz der rationalen Abwägung und zweitens den Grundsatz der daraus folgenden Verpflichtung einer nach diesen Maßstäben getroffenen Entscheidung auch zu folgen, allerdings nur, insofern sie von Personen als freien und gleichen Vernunftwesen getroffen wurde (Rawls 1979, 283 ff.).

  9. 9.

    Beide widmen teilweise ihre Werke John Rawls, so z. B. Sen (2010) oder auch Nussbaum (2006).

  10. 10.

    Weil sich hier eine vorsichtige Form des Egalitarismus finden ließe, kritisiert Nozick (1974) mit seinem Konzept des „Self-Ownership" auch, dass man nicht von einer „Instrumentalisierung" derjenigen ausgehen dürfe, die ihre Freiheiten und Chancen so einsetzen müssen, dass für die schlechter gestellten Bürger gesorgt sei. Jede/r gehöre sich, so Nozick, zunächst selbst (mit seinen/ihren Talenten, Fähigkeiten, Wissen etc.) und müsse daher auch selbst entscheiden können, was und wie viel er oder sie davon an das Gemeinwesen „abgeben" wolle.

  11. 11.

    Sen (1997) stützt diesen Universalismusanspruch, indem er akribisch herausarbeitet, dass sich Menschenrechte und ihre Begründung in allen Kulturen finden lassen. Insbesondere wendet er sich gegen die Kritik, dass es sich dabei um westliche Werte handele, die mit „asiatischen" Werten nicht vereinbar seien. Er entlarvt diese Rede von der Fremdheit des Freiheitsgedankens für asiatische Kulturen als Verschleierung der eigentlichen Intention autoritärer Regimes, diese Form der demokratischen Freiheiten beschneiden zu können. Obwohl nicht explizit auf „das gute Leben“ übertragen, lassen sich seine Argumente (und die Nussbaums selbst) sehr wohl auch auf Capabilities anwenden.

  12. 12.

    vgl. zu einer Diskussion des Liberalismusbegriffs Mührel (2008).

  13. 13.

    Interessanterweise kommen Wilkinson/Pickett (2010) auch zu dem Ergebnis, dass sich Ungleichheit nicht nur auf die Lebenserwartungen auswirkt, sondern dass Gesellschaften mit mehr Gleichheit auch ein höheres Maß an gegenseitigem Vertrauen, sozialem Zusammenhalt, sozialem Engagement und weniger Gewalt entwickeln.

  14. 14.

    Seit 2010 wird der HDI durch einen IHDI ergänzt, der noch genauer die soziale Ungleichheit erfasst und daher auch dessen Auswirkungen.

  15. 15.

    vgl. zum Unterschied von Konstruktivismus und Konstruktionismus Gergen (2002) und Kapitel 3.

  16. 16.

    Fast durchgängig werden „Capabilities" in den deutschen Übersetzungen der Publikationen Nussbaums als „Fähigkeiten" und der damit korrespondierende Begriff der „Functionings" als „Tätigkeiten" übersetzt (Nussbaum 2010a; 1999).

  17. 17.

    vgl. das Konzept der „Daseinsmächtigkeit" (Gronemeyer 1988) oder auch Lebensführungstheorien in der Sozialen Arbeit (Meyer o. J.) und zur Lebensführungsethik (Schmid 1998)

  18. 18.

    Der auf den ersten Blick kontrastierende Befund von Wilkinson/Pickett (2010), dass gleiche Gesellschaften gerechter wären, entpuppt sich auf den zweiten Blick als Bestätigung Nussbaums, da Wilkinson/Pickett eine erstaunliche Anzahl von empirischen Daten zusammenfassen, die alle zeigen, dass je weniger Ungleichheit in der Ressourcenausstattung desto größer die Chancen aller auf ein glückliches Leben. Allerdings ist bei Nussbaum der befähigende Aspekt einer ausgewogenen Güterverteilung ausgeprägter.

  19. 19.

    vgl. das Beispiel des geistig behinderten Kindes Sesha (Nussbaum 2010a, 259)

  20. 20.

    In früheren Schriften (z. B. 1999) nutzte Nussbaum die Begriffe „interne Fähigkeiten", „externe Fähigkeiten" und „Grundfähigkeiten", die später zum Teil in anderen Begriffen aufgehoben werden, wobei diese Trias nur „verschleiert" wird, da später nur noch die beiden ersten benannt werden, ohne jedoch die grundlegenden Fähigkeiten, die philosophisch gesehen nur Personen zugesprochen werden (Identität, Urteilskraft), aufzugeben.

  21. 21.

    Die 1987 im Rahmen der WIDER Working Papers veröffentlichte Arbeit Nussbaums („Nature, Function, and Capability: Aristotle on Political Distribution“) diente als Grundlage für die deutsche Übersetzung (1999). In diesem Papier definiert sie die Grundfähigkeit (Basic Capability) wie folgt: “A person is B-capable of function A if and only if the person has an individual constitution organized so as to A, given the provision of suitable training, time, and other instrumental necessary conditions.” (Nussbaum 1987, 27)

  22. 22.

    In ähnlicher Weise definiert Brumlik (2004, 97) eine Person „als dasjenige männliche oder weibliche, der Gattung Mensch angehörige Individuum [...], dem wir die prinzipiell vorhandene Fähigkeit zuschreiben, Bedürfnisse und Wünsche zu haben, über ein biographisch kontinuierliches Selbstbewußtsein zu verfügen und sich zu sich selbst und den anderen so verhalten zu können, daß dies Verhalten sowie dessen mögliche Folgen als das eigene anerkannt wird, für das unter gegebenen Umständen auch die Verantwortung zu übernehmen ist."

  23. 23.

    ,Capability‘ oder ,to be capable’ wird im Oxford Dictionary als „the power or ability to do something" definiert, wobei sich diese Kraft oder Fähigkeit auf Personen wie auch auf Dinge beziehen kann. [http://oxforddictionaries.com/definition/english/capability?q = capability]

  24. 24.

    In der dt. Ausgabe wird dies mit „gesellschaftliches Ziel" (Nussbaum 2010a, 105) übersetzt.

  25. 25.

    Die im Konzept der „Gouvernementalität“ gebündelte Hypothese Michel Foucaults besagt, dass es eine Wechselwirkung gibt zwischen Herrschafts- und Selbsttechniken, wobei es - anders als in der Vormoderne - immer weniger um Unterwerfung der Massen unter ein bestimmtes Dogma oder Herrschaftsmodell geht, sondern darum festzustellen, inwieweit sich Menschen selbst (mittels Selbsttechniken) unterwerfen bzw. durch subversive Regierungstechniken manipuliert werden: „Der Kontaktpunkt, an dem die Form der Lenkung der Individuen durch andere mit der Weise ihrer Selbstführung verknüpft ist, kann nach meiner Auffassung Regierung genannt werden. In der weiten Bedeutung des Wortes ist Regierung nicht eine Weise, Menschen zu zwingen, das zu tun, was der Regierende will; vielmehr ist sie immer ein bewegliches Gleichgewicht mit Ergänzungen und Konflikten zwischen Techniken, die Zwang sicherstellen, und Prozessen, durch die das Selbst durch sich selbst konstruiert oder modifiziert wird.“ (Foucault 1993, zitiert nach Lemke 2008, 37)

  26. 26.

    Zu einer etwas kuriosen Variante kultureller Deutung sexueller Praktiken siehe das aus heutiger Sicht fast romantisch anmutende Beispiel von Watzlawick/Beavin/Jackson (1996[1969]), das die unterschiedliche Interpretation der Bedeutung des ersten Kusses im Zusammenhang mit der „Anbahnung“ des Geschlechtsverkehrs zwischen Engländern und Amerikanern während des Zweiten Weltkrieges sichtbar macht. Für die in England stationierten amerikanischen Soldaten bedeutete der erste Kuss in der Reihenfolge von Verhaltensformen bis zum Geschlechtsverkehr noch nicht viel, wohingegen er für die Engländerinnen schon einen sehr weitgehenden Schritt darstellte. So musste es zu Missverständnissen kommen, da die Amerikaner nicht verstehen konnten, warum sie beim Kussversuch während des ersten Treffens sich gleich eine Abfuhr einfingen, und die Engländerinnen nicht verstehen konnten, wie jemand so forsch und frivol sein konnte.

  27. 27.

    Hier können wir eine Nähe zu einer ähnlichen Überlegung bei Kant feststellen. In seinen pädagogischen Vorlesungen widmet er sich u. a. der Frage „Wie kultiviere ich die Freiheit im Zwange?“ (Kant 1970 [1803], 16), denn Zwang sei zwar ein notwendiger Teil der Erziehung zum guten Leben, jedoch erstrecke sich Erziehung nicht nur darauf. Vielmehr solle der Mensch lernen, sich selbst zu führen, um aus der „selbstverschuldeten Unmündigkeit“ hinaus zu gelangen. Dazu müssten ihm aber zunächst ein paar grundlegende Dinge beigebracht werden.

  28. 28.

    In einer anderen Variante kann zwischen hartem vs. weichem Paternalismus unterschieden werden.

  29. 29.

    An einer Stelle schlägt er vor, einfach die Konnotation von „rational choice“ zu ändern, indem nicht allein der egoistische Impetus gelten solle, sondern dieser sich jederzeit einer kritischen Untersuchung unterziehen lassen müsse. Damit würden viele Möglichkeiten eröffnet, mit der Ratioal-Choice-Theorie auch die Beachtung der Interessen Anderer zu verbinden (Sen 2009, 176 ff.).

  30. 30.

    Interessanterweise verschärft Rawls dieses Argument - und streicht damit den prozessuralen, kontraktualistischen Charakter seiner Argumentation heraus -, wenn er sagt: “it is worse than unreasonable if one merely seems, or pretends, to propose or honor them but is ready to violate them to one’s advantage as the occasion permits.“ (Rawls 2001, 7)

  31. 31.

    Siehe zu einem kritischen Blick auf Bedürfnisse und insbesondere ihre soziogene Erzeugung Gronemeyer (1988, 2002).

  32. 32.

    Natürlich gibt es auch ein paar extraordinäre Kategorien in manchen Bedürfnislisten, wie etwa das Bedürfnis nach Heirat oder Kindern, die allerdings tatsächlich eher relativer Art und damit kulturspezifisch oder historisch zu interpretieren sind.

  33. 33.

    Den Klassiker der Bedürfnistheorien, Abraham Maslows Bedürfnispyramide, lasse ich dabei außen vor.

  34. 34.

    vgl. zu einer ähnlichen Vorgehensweise Leßmann (2007, 282 ff.)

  35. 35.

    So bezieht Ilse Arlt die Notversorgung und die moralisch-sittliche Erziehung und Nussbaum auch die drängenden Probleme des Natur-, Arten- und Klimaschutzes sowie interessanterweise das Spiel mit ein, wohingegen Obrecht sehr stark die im weitesten Sinne physischen Bedürfnisse des Menschen als „Bio-System“ betont und Gerhard Weisser jene der wirtschaftlichen Partizipation.

  36. 36.

    Nussbaum selbst bezeichnet den Capabilities Approach allerdings nicht als weitergehende Theorie, sondern als „a species of human rights approach“ (Nussbaum 2011, 62), der allerdings von ihrem Ansatz ergänzt wird.

  37. 37.

    Kant, Immanuel (1797): Metaphysik der Sitten, Metaphysische Anfangsgründe der Tugendlehre

  38. 38.

    Richard Rorty (1994) argumentiert dafür, dass sich Menschenrechte überhaupt nicht über Vernunft legitimieren lassen, sondern vielmehr Ausdruck intuitiver Erfahrungen sind. Daher sei, um Menschenrechte einzuklagen bzw. auf Menschenrechtsverletzungen hinzuweisen, auch stärker auf die emotionale Ansprache von Menschen zu setzen und nicht so sehr auf deren vernünftige Einsicht.

  39. 39.

    Mit dieser Einteilung unzufrieden, schlägt Ife (2008, 49) eigene Klassen von Menschenrechten vor: „survival rights“, „social rights“, „economic rights“, „civil and political rights“, „cultural rights“, „environmental rights“ und „spiritual rights“

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Röh, D. (2013). Grundlagen des Capabilities Approach. In: Soziale Arbeit, Gerechtigkeit und das gute Leben. Soziale Arbeit in Theorie und Wissenschaft. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-19357-1_4

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