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Chancengleichheit im Kindergarten? Inkludierende und exkludierende Einstellungs- und Handlungsmuster in Einrichtungen früher Bildung

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Prozesse sozialer Ungleichheit

Part of the book series: Studien zur Schul- und Bildungsforschung ((SZSBF,volume 40))

Zusammenfassung

Die Bedeutung einer frühen Förderung aller Kinder wird spätestens seit der ‚Bildungsmisere‘, die im Zuge internationaler Vergleichsstudien in Deutschland populär wurde, nicht mehr in Frage gestellt. Stattdessen wird der Kindergarten mit dem Ruf nach einer „Bildung von Anfang an“ (vgl. z. B. Bildung:elementar 2004) als vorschulische Bildungsinstitution wahrgenommen, in der alle Kinder, unabhängig vom sozioökonomischen Status der Eltern, des ethnisch-kulturellen Hintergrundes oder anderer potentieller ungleichheitsrelevanter Bedingungen, einen gemeinsamen Alltag und damit vielfältige Erfahrungen teilen. Gleichzeitig steigen jedoch auch die Anforderungen und Erwartungen an die Professionalität von Erzieherinnen und Erziehern. Ihnen soll nun gelingen, dass sich alle Kinder hinsichtlich ihrer Interessen und Möglichkeiten frei entfalten können. In diesem Zusammenhang weisen einige Bildungs- und Ungleichheitsforscher (z. B. Becker 2010: 105; Geißler 2006: 46) darauf hin, dass der Kindergarten der Ort sei, an dem Chancengleichheit am ehesten hergestellt werden könne. Betrachtet man jedoch den vorhandenen Mangel an empirischen Studien in diesem Bereich, erstaunt diese selbstverständliche Chancenzuschreibung. Die wenigen, meist internationalen Untersuchungen, die mit dem Thema der Ungleichheitsforschung im Kindergarten in Verbindung gebracht werden können, zeigen recht unterschiedliche Ergebnisse. So wurde der Einfluss der Herkunftsfamilie auf spätere Bildungserfolge im Vergleich zu dem des Kindergartens als bedeutsamer herausgestellt (Rossbach 2005; von Maurice et al. 2007), während andere Studien auf einen dauerhaften positiven Einfluss des Kindergartens hinsichtlich späterer Schulleistungen hinwiesen, besonders für Kinder aus benachteiligten Familien (Sylva et al. 2004; Becker/Lauterbach 2007; Büchner/Spieß 2007). Am deutlichsten scheint der positive Einfluss des Kindergartens auf spätere Bildungsund Entwicklungschancen nachweisbar zu sein, wenn gezielte Förderprogramme eingesetzt werden (NICHD Early Child Care Research Network 2005; Reynolds/ Temple 1998).

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Notes

  1. 1.

    Der Begriff ‚Kindergarten‘ wird im Folgenden als Bezeichnung für alle Tageseinrichtungen für Kinder zwischen dem 0.–6. Lebensjahr verwendet.

  2. 2.

    Daneben gelten das Platzangebot, die Geschwisterzahl sowie der Migrationshintergrund als entscheidende Faktoren für oder gegen die Nutzung des Kindergartens.

  3. 3.

    Im Zusammenhang mit der eigenen Studie wird im Folgenden lediglich die weibliche Form verwendet, da keine männlichen Erzieher einbezogen werden konnten.

  4. 4.

    Alle für diese Untersuchung verwendeten Namen wurden anonymisiert.

  5. 5.

    Dabei werden die sozialen Anerkennungsverhältnisse in drei verschiedene Formen ausdifferenziert: Liebe, Rechte (moralische Anerkennung), Solidarität (soziale Wertschätzung/Leistung) (Honneth 1994). Für weitere Ausführungen Honneths sei an dieser Stelle auf entsprechende Literatur hingewiesen (z. B. Honneth 1994; Hummrich 2010; Schäfer/Thompson 2010).

  6. 6.

    Hummrich (2010) extrahierte Abstandsbestimmungen in Form von Einheit–Differenz, Nähe– Distanz sowie Anerkennung–Missachtung, die Zugehörigkeitsordnungen im Spannungsfeld von Teilhabe (Inklusion) oder Ausschluss (Exklusion) darstellen.

Literatur

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Beyer, B. (2013). Chancengleichheit im Kindergarten? Inkludierende und exkludierende Einstellungs- und Handlungsmuster in Einrichtungen früher Bildung. In: Siebholz, S., Schneider, E., Schippling, A., Busse, S., Sandring, S. (eds) Prozesse sozialer Ungleichheit. Studien zur Schul- und Bildungsforschung, vol 40. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-18988-8_15

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