Junge Menschen verfügen über eigenes Geld und geben es eigenständig aus. Shoppen gehört zu einem beliebten Freizeitvergnügen (Rais 2003). Wie viel Geld vorhanden ist, wird regelmäßig von Marktforschungsinstituten untersucht. Doch die Zahlen zum jugendlichen Geldbesitz sind wenig aussagekräftig, wenn nicht Informationen dazu vorliegen, was davon selbst bezahlt werden muss, wieweit die elterliche Kontrolle bei den Kaufentscheidungen geht und inwieweit auch Gegenleistungen erbracht werden müssen, z. B. Mitarbeit im Haushalt.

Alle Verbraucherdaten zeigen, dass Kinder und Jugendliche mehr Geld erhalten, als die Taschengeldempfehlungen der Jugendämter für die verschiedenen Altersgruppen festsetzen. Nach der KidsVerbraucheranalyse 2010 fließen den 6- bis 13-Jährigen monatlich durchschnittlich 23 € Taschengeld zu. Geldgeschenke zu besonderen Anlässen addieren sich auf 186 €. Ein Teil des Geldes wird gespart (Finanznachrichten.de 2010). 2010 haben die 6- bis 19-Jährigen knapp 19 Milliarden € in Deutschland umgesetzt, 17 Milliarden davon von den Teenagern zwischen 13 und 19 Jahren. Während die Grundschulkinder ihr Geld vor allem für Süßigkeiten ausgeben, investieren Teenager vor allem ins Outfit, Ausgehen, Handy und Mobilität (eltern.t-online.de 2010). Dabei zeigen sie sich sehr markenbewusst (Rais 2003). Mädchen und Jungen bessern zudem ihr „Einkommen“ durch Jobs auf, wobei die Befunde zum Umfang unterschiedlich sind: Nach der 16. Shell Jugendstudie (2010) trifft dies auf ein Drittel der Jugendlichen zu, nach dem LBS-Kinderbarometer (LBS.de 2009) sind es 60 % der 9- bis 14-Jährigen. Fast die Hälfte von diesen gab wiederum an, dass sie wegen ihres Jobs häufig oder oft gute Laune haben (ebd.).

Während die Verbraucherdaten kaum Angaben zu sozialen Ungleichheiten machen, stellt die 16. Shell-Jugendstudie (2010) fest, dass Jugendliche der Unterschicht sich häufiger (42 %) über ihre schlechte finanzielle Situation beklagen, während in der Oberschicht fast zwei Drittel finanzielle Zufriedenheit bekunden. Weniger Geld haben auch Mädchen: Bei den 9- bis 14-Jährigen erhalten sie monatlich 3 € weniger als Jungen (LBS.de 2009). Einzelkinder erhalten zudem mehr Geld als Kinder aus Familien mit Geschwistern (Lange und Fries 2006). Dazu kommt: Je liberaler das Finanzerziehungsmuster in der Familie (und dieses ist eher in Haushalten mit höheren Einkommen vorfindbar), desto mehr Geld erhalten die Kinder und Jugendlichen (ebd.).

Junge Menschen als Geldbesitzer und Marktakteure – dies ist kein Phänomen der modernen Konsumgesellschaft. Kindheitsforschung zeigt, dass auch in vergangenen Epochen Läden, Markttrubel und Kaufen für Kinder und Jugendliche faszinierend waren (vgl. Hengst 2001; Muchow und Muchow 1978). Kindheit und Jugend als konsumfreie Zonen hat es also nie gegeben. Was sich jedoch durch Zeit verändert hat, sind die Möglichkeiten und die Intensität der Marktteilhabe von Kindern und Jugendlichen, so wie das schließlich auch für die Erwachsenenwelt gilt.

Im (fach-)öffentlichen Diskurs zu Konsum und Kommerz im Leben junger Menschen dominieren kritische Bedenken. Problematisiert werden die schädlichen Einflüsse der Werbeindustrie, die Kinder und Jugendliche mit ihren zielgruppenspezifischen Kampagnen geschickt manipulieren und fragwürdige und grenzenlose Konsumwünsche auslösen, die ohne die Werbung nicht entstanden wären. Gefordert wird daher eine medienkritische Konsumerziehung für junge Menschen – nicht im Sinne eines Konsumtabus, aber als Erziehung zum kompetenten Konsumenten, der die Raffinesse der Werbebilder durchschaut und seine Konsumbedürfnisse und sein Konsumverhalten zum eigenen Wohle gelungen steuert (Mohn 2009).

Eine verstärkte Problemdiskussion gibt es auch zur jugendlichen Verschuldung. 6 % der jungen Menschen sind insofern als verschuldet zu bezeichnen, als sie nicht in einem überschaubaren Zeitraum das geliehene Geld zurückzahlen können. Bei dem überwiegenden Teil der verschuldeten Kinder und Jugendlichen beträgt die Schuldensumme zwar nicht mehr als 100 €, bei 7 % liegt sie allerdings zwischen 100 und 950 €. Entgegen populären Darstellungen spielt das Handy als Verschuldungsursache nur eine geringe Rolle (Lange und Fries 2006). Festzuhalten ist auch, dass mehr als vier Fünftel der Kinder und Jugendlichen im Monatsdurchschnitt nicht mehr ausgeben als sie einnehmen. Der weitaus größte Teil der Kinder und Jugendlichen zeigt also eine solide finanzwirtschaftliche Rationalität (ebd.). Lange und Fries halten die jugendliche Verschuldung denn auch für eine „normale“ Angelegenheit im jugendlichen Entwicklungsprozess, aus der die meisten innerhalb kurzer Zeit wieder herauskommen (ebd.).

Die pädagogische Debatte zum Konsum von Kindern und Jugendlichen steht im Spannungsfeld zwischen der Idee kindlicher Schutzbedürftigkeit, die durch die kommerziellen Profitinteressen bedroht ist, und der Anerkennung kindlicher Autonomie, die sich in der Marktteilhabe realisiert. Damit verdichtet sich in ihr letztlich auch die Paradoxie des modernen Kindheitskonzeptes. Mit der Monetarisierung des Kinder- und Jugendalltags verschwindet tendenziell die „Kindheit“ als Sonderzone jenseits der Erwachsenenwelt (Feil 2003), wie dies schon Neil Postman für die medialisierte Welt prophezeit hat (Postman 1987). Als Konsumakteure beschleunigen junge Menschen energisch ihre Emanzipation. Sie entziehen sich den pädagogisierten Kulturräumen, in denen für junge Menschen Bildungsarrangements organisiert werden, die der erwachsenen Kontrolle unterliegen, teleologisch auf Weiterentwicklung für die Zukunft und an der Hochkultur ausgerichtet sind. In der Medien- und Konsumindustrie finden sie insofern mächtige Verbündete beim eigenen Aufstiegsstreben als für den Markt alle Teilnehmer gleichberechtigt sind. Kinder und Jugendliche sind hier lohnenswerte Zielgruppen mit spezifischen Bedürfnissen, aber dies ist bar jeder teleologischen Komponente (Hengst 2001). Wenn junge Menschen sich hier also mit so viel Begeisterung bewegen, dann kann Pädagogik hierbei viel lernen – nämlich zu dem, was sie jungen Menschen offenbar nicht bieten kann.