Pädagogische Notwendigkeiten

Zusammenfassung

Im Grunde enthält jedes Kapitel dieser Studie auch eine pädagogische Problematik, und mehrfach ist sie auch angedeutet worden. Unser ganzer Versuch einer konstruktiven Theorie des Kompromisses ist ein teils direkter teils indirekter Beitrag zur politischen Pädagogik. Um diesen Zusammenhang zum Schluß noch deutlicher zu machen, als es bereits geschehen ist, richten wir die Aufmerksamkeit auf einige primär pädagogische Aspekte der Kompromißproblematik. Wir fragen nach Konzentrationspunkten, an denen die Erziehung — Theorie und Praxis — ansetzen sollte, wenn sie einer politisch konstruktiven und im Sinne der Gesellschaft produktiven Kompromißpraxis pädagogisch vorarbeiten will. Was ist dafür notwendig? Die vier Antworten, die im folgenden gegeben werden (den Tugendkatalog erweitern, die Traditionen rationalisieren, politische Erfahrung ermöglichen und speziell das soziale Erfahrungsfeld differenzieren) erheben also nicht den Anspruch, das Feld der politischen Erziehung und Bildung in ganzer Breite zu erfassen und durchzukonstruieren. Unser Anliegen ist bescheidener. Es wird der Versuch gemacht, unter dem speziellen Gesichtspunkt der »Erziehung zur Kompromißbereitschaft und Kompromißfähigkeit«, die auf den vorangehenden Seiten als eine zentrale Voraussetzung der Demokratiefähigkeit dargestellt worden ist, im Gesamtgelände der politischen Pädagogik einige Ordnungspunkte zu markieren und einige Akzente zu setzen, die zugleich das Ganze der politischen Bildungsproblematik sichtbar machen.

Wer sagt der Jugend, welche Kompromisse lebensnotwendig sind, welche man vermeiden kann und um welchen Preis, welche zwar schmerzlich sind, aber nicht entehren, und welche verderblich sind?

Janusz Korczak

(Wie man ein Kind lieben soll)