Zusammenfassung
Arbeiten zur materialistischen Literaturtheorie werden in dem Maße zahlreicher, wie die politische Praxis der Studentenbewegung, von der sie einst ihren Anstoß erhielten, an Boden verlor und zum Stillstand kam.
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Anmerkungen
Zum ersten Mal wendet Karl Korsch diese Methode in seiner Kritik des Marxismus der II. Internationale an. Siehe Karl Korsch: Marxismus und Philosophie. Hg. v. Erich Gerlach. Ffm., Wien, 2. Aufl. 1966.
Heinz Schlaffer: Einleitung zu: Erweiterung der materialistischen Literaturtheorie durch Bestimmung ihrer Grenzen. Hg. v. Heinz Schlaffer. Stuttgart 1974. (= Literaturwissenschaft und Sozialwissenschaften 4), S. 2.
Als Beispiel können hier die Arbeiten aus dem Umkreis der Zeitschrift »Das Argument« gelten. Vgl. Thomas Metscher: Ästhetik und Abbildtheorie. In: Das Argument (1972), H. 77, S. 916–976. Ders.: Hegel und die philosophische Grundlegung der Kunstsoziologie. In: Literaturwissenschaften und Sozial Wissenschaften 1, Stuttgart 1971, S. 7–80. Friedrich Tomberg: Über den praktischen Sinn des Widerspiegelungstheorems. In: Das Argument 81 (1973), S. 613–628. H.-J. Sandkühler: Zur Begründung einer materialistischen Hermeneutik. In: Das Argument 77 (1972), S. 977–1005.
Heinz Schlaffer: Einleitung, a.a.O., S. 2.
Diese Formulierung tauchte zum ersten Mal im BPRS nach der II. Internationalen Konferenz proletarischer und revolutionärer Schriftsteller in Charkow (1930) auf.
Zuerst in: Zeitschrift für Sozialforschung VI/1, Paris 1937. Wieder in: Herbert Marcuse: Kultur und Gesellschafft, Ffm. 1965, S. 56–101.
Die Debatte beginnt mit K. Völkers Aufsatz: Brecht und Lukács. Analyse einer Meinungsverschiedenheit. Kursbuch 7 (1966), S. 80–101; sie erreicht einen vorläufigen Höhepunkt und Abschluß mit H. Gallas’ Buch: Marxistische Literaturtheorie. Kontroversen im Bund proletarisch-revolutionärer Schriftsteller. Neuwied, Berlin 1971.
Das fängt mit Gallas an, die eine »Differenzierung des herkömmlichen Basis-Überbau-Schemas« durch seine Neubestimmung als »strukturale Interdependenz« (Alt-husser) in Aussicht stellt. Gallas: Marxistische Literaturtheorie, a.a.O., S. 178. Besonders ausgeprägt erscheint dieser Ansatz jedoch erst in neueren Arbeiten zu Brecht: Reiner Steinweg: Das Lehrstück. Brechts Theorie einer politisch-ästhetischen Erziehung. Stuttgart 1972. Heinz Brüggemann: Literarische Technik und soziale Revolution. Versuche über das Verhältnis von Kunstproduktion, Marxismus und literarischer Tradition in den theoretischen Schriften Bertolt Brechts. Reinbek 1973 (dnb 33). K. D. Müller: Der Philosoph auf dem Theater. Ideologiekritik und »Linksabweichung« in Bertolt Brechts »Messingkauf«. In: Text und Kritik. Sonderband Bertolt Brecht II, S. 45–71.
Dem Verdacht eines bloß metaphorischen Sprechens über Praxis entgeht noch am ehesten Steinwegs Analyse der Lehrstückstheorie. Es scheint mir jedoch fraglich, ob die Einübung in die »proletarische Dialektik«, deren Handhabung als Lernziel gegen die Übermittlung verfestigter Lehrmeinungen gestellt wird, sich in terms des wissenschaftlichen Experiments formulieren läßt. Steinweg will den Nachweis, daß Denken als ein Verhalten anzusehen sei, auf nichtbehavioristischem Weg erbringen. Bechterews Untersuchungen zur kollektiven Reflexologie, auf die er sich dabei stützt, bleiben für diesen Zweck zu unbestimmt.
Gallas: Marxistische Literaturtheorie, a.a.O.
Brüggemann: Literarische Technik, a.a.O.
Brüggemann: Literarische Technik, a.a.O., S. 96. Brüggemann beruft sich auf die »Deutsche Ideologie«. Mit ihr faßt er Arbeit in nichtentfremdeter Gestalt (»Lebenstätigkeit«) als Selbstverwirklichung. Er scheint mir aber zu übersehen, daß diese als emanzipatives Prinzip nicht positiv gegenüber der entfremdeten Arbeit bestimmt werden kann. Über die Gebrauchswertdimension von Produktion läßt sich nur durch ihre gesellschaftliche Formbestimmtheit hindurch Auskunft gewinnen.
Brüggemann: Literarische Technik, a.a.O., S. 111.
Brüggemanns Formulierung »vernünftig spontan« erinnert zwar an den romantischen Geniebegriff (»Besonnenheit« und »Enthusiasmus« bei F. Schlegel), er rechnet aber damit, daß sich das Subjekt künstlerischer Praxis an der rauhen Wirklichkeit ökonomischer und literarischer Produktionsverhältnisse stößt. Für diesen Fall wird sofort eine nirgends erläuterte »emanzipative Dialektik« von »produktiver Selbstbetätigung und bestimmten Verkehrsformen von Produktivkräften und Produktionsverhältnissen« (S. 170) in Aussicht gestellt. Eine identitätsphilosophische Absicherung dieser »emanzipativen Dialektik« gibt K. D. Müller (Anm. 8) im Anschluß an Lukács’ »Geschichte und Klassenbewußtsein«.
Ihr wichtigstes Kennzeichen ist die Abkoppelung der politischen Analyse des Staats und der Klassen von der Kritik der politischen Ökonomie. Sie ist bereits in Lenins Imperialismustheorie angelegt. (Vgl. S. 93 dieser Arbeit) Bündnisse zwischen einzelnen Klassen werfen dann nur noch politische Probleme auf. Sie sollen — wie das zwischen Intelligenz und Arbeiterklasse in der DDR — durch kulturpolitische Integrationsstrategien gelöst werden.
Literatur der Arbeiterklasse. Aufsätze über die Herausbildung der deutschen sozialistischen Literatur (1918–1933). Berlin 1971.
Stalins Erklärung, Faschismus und Sozialdemokratie seien »Zwillingsbrüder«, fand in der Strategie der KPD seit 1928, alle Parteien außer der kommunistischen der Konterrevolution zuzurechnen, ihren Niederschlag.
Siehe dazu besonders die Aufsätze von Alfred Klein: Bemerkungen über das Verhältnis zwischen marxistischer Literaturkritik und proletarisch-revolutionärer Literatur. In: Literatur der Arbeiterklasse, a.a.O., S. 604 ff.; Heinz Sallmon: Marxistische Literaturkritik und sozialistische Literaturbewegung in den Jahren 1930–1932, a.a.O., S. 625 f.; Helga Herting: Sozialistischer Humanismus — sozialistischer Realismus, a.a.O., S. 667 ff.; Elisabeth Simons: Zur kontinuierlichen Entwicklung der Theorie des sozialistischen Realismus, a.a.O., S. 696 ff. Eine differenzierte Darstellung der Leistungen der Arbeiterschriftsteller gibt Alfred Klein: Im Auftrag ihrer Klasse. Weg und Leistung der deutschen Arbeiterschriftsteller 1918–1933. Berlin, Weimar 1972. Auch bei Klein tritt letzten Endes die ästhetische Wertung für die politische ein.
Die erste Würdigung von der Seite der Literaturwissenschaft erfolgt im Zusammenhang der Abrechnung mit Lukács. Horst Eckert: Zur Bedeutung der proletarisch-revolutionären Literatur in Deutschland in den Jahren 1927–1933. (Eine Auseinandersetzung mit Georg Lukács.) In: Weimarer Beiträge, Sonderheft 1958, S. 9–17.
Mit »linkssektiererischen Tendenzen« kämpfen die Germanisten in der DDR z. B. in Bredels Romanen »Maschinenfabrik N & K« und »Rosenhofstraße«.
Hier liegt der Unterschied zu Lukács’ Kritik in der »Linkskurve«, die keinen Unterschied zwischen den Arbeiten linker bürgerlicher Autoren und den Arbeiterschriftstellern macht. Vgl. H. Eckert: Zur Bedeutung, a.a.O. Zur neueren Einschätzung des »sozialistischen Erbes« siehe Elisabeth Simons: Revolutionäre Literaturtraditionen der Arbeiterklasse in der DDR. In: Weimarer Beiträge 18 (1972) H. 3, S. 48 ff., Alfred Klein: Noch einmal: Unser Erbe und wir. In: Weimarer Beiträge 19 (1973) H. 1, S. 123 ff.
Alfred Klein: Bemerkungen über das Verhältnis, a.a.O., S. 623.
Autorenkollektiv sozialistischer Literaturwissenschaftler W.-Berlins: Zum Verhältnis von Ökonomie, Politik und Literatur im Klassenkampf. Berlin 1971. (= Materialistische Wissenschaft Bd. 1). Ulrike Haas/Helmut Lethen: Was heißt Niveauanhebung der proletarisch-revolutionären Literatur? Zur Neuherausgabe von Willi Bredels »Maschinenfabrik N & K«. In: Kunst und Gesellschaft 11/12 (1972), S. 85–144.
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Heeg, G. (1976). Einleitung. In: Die Kunst in der Geschichte oder die Geschichte im Kunstwerk. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-99613-8_1
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