Zusammenfassung
Um einen Begriff vom subjektiven Faschismus herauszuarbeiten, haben die vorangegangenen Teile der vorliegenden Arbeit zwei Zeitperspektiven angelegt: zunächst die lange der bürgerlichen Gesellschaft, sodann die kürzere des deutschen Imperialismus. Der folgende Teil befaßt sich mit der akuten Herausbildung des subjektiven Faschismus bei den Massen in der Zeit der Weltwirtschaftskrise. Dem deutschen Faschismus eignet als »nationalem Sozialismus«, als »Drittem Reich« das Selbstbewußtsein historischer Diskontinuität; dieses Bewußtsein wurde mit negativem Vorzeichen nach 1945 tradiert: Faschismus als historischer »Betriebsunfall«, als besondere, abgeschlossene »Epoche« (Ernst Nolte). Der Nationalsozialismus erschien mit seiner Massenmobilisierung, der besonderen Mischung seiner Weltanschauung, seiner Gewalt als Auf Sprengung des Kontinuums der Geschichte. Im Nationalsozialismus hat jedoch die Konterrevolution die historische Kontinuität zum Schein gesprengt, um sie in Wahrheit fortsetzen zu können. Die faschistische Scheinrevolution darf daher nicht gemäß dem Selbstbewußtsein der Nazis als Revolte gegen die gesellschaftlichen Verhältnisse, sondern muß als konzeptive Revolte der gesellschaftlichen Verhältnisse gegen das wahre revolutionäre Aufsprengen der Geschichte begriffen werden. Im scheinbar revolutionären subjektiven Faschismus muß der konterrevolutionäre Aufstand der objektiven Verhältnisse, dessen »ensemble« der Faschist ist, sichtbar gemacht werden.
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Anmerkungen
Zum Problemkreis Alltag — Alltäglichkeit — Alltagsbewußtsein vgl.: Henri Lefebvre: Das Alltagsleben in der modernen Welt. Frankfurt am Main 1972; Kursbuch 41, 1975, mit dem Schwerpunkt »Alltag«; Thomas Leithäuser: Formen des Alltagsbewußtseins. Frankfurt am Main 1976
Bruno NelissenHaken: Die Ehe des Arbeitslosen Martin Krug. Oldenburg 1932, 8
Hellmuth Langenbucher: Nationalsozialistische Dichtung. Berlin 1935, 33, 35
Felix Riemkasten: Der Götze. Berlin 1933, 118f.
Felix Riemkasten: Genossen. Berlin 1931, 32
Wilfrid Bade: Die SA erobert Berlin. München 21934, 110
Gegen das »Berenda-Gespenst«, den »Profitgeist« des Betriebs argumentiert der Nazi: »Wir können dem nur unseren Glauben und unser Herz entgegensetzen, unsere Treue zum Führer.« Alfred Karrasch: Parteigenosse Schmiedecke. Berlin 1934, 53
Alfred C. Schröder: Prolet am Ende. Berlin 1935, 112f.
Ernst Bloch: Vom Hasard zur Katastrophe. Politische Aufsätze aus den Jahren 1934–1939. Frankfurt am Main 1972, 106 f.
Hans Marchwitza: Schlacht vor Kohle. (1931) Reprint Berlin 1972, 11
Theo Benkert: Herüber zu uns! Kumpels ziehen das Braunhemd an. Krefeld 1933, 171 f., 174, 175
Georg Lahme: Aufbruch zu Hitler. Dortmund 1933, 93
Heinz Otto: Rotmord. Berlin 1933, 38
Michael Rohrwasser: Saubere Mädel — Starke Genossen. Frankfurt am Main 1975, 66
Walter Schönstedt: Kämpfende Jugend (1932). Reprint Berlin 21972, 70
Die interpretierte Szene ist kein Einzelfall. Vgl. Willi Bredel: Maschinenfabrik N & K (1930). Reprint Berlin 31972, 63–65
Ernst Bloch: Vom Hasard zur Katastrophe. Frankfurt am Main 1972, 197
Walter Benjamin: Einbahnstraße (1928). In: Schriften IV, 1, 144
Peter Hagen: Die Straße zu Hitler. Berlin 1933, 30
Einen Text, der für sich selbst spricht, zitiert Herbert Marcuse: Kultur und Gesellschaft I. Frankfurt am Main 91970, 47: »Handeln heißt nicht: sich entscheiden für […], denn das setzt voraus, daß man wisse, wofür man sich entscheidet, sondern Handeln heißt: eine Richtung einschlagen, Partei nehmen, kraft eines schicksalhaften Auftrags, kraft ›eigenen Rechts« […] Die Entscheidung für etwas, das ich erkannt habe, ist schon sekundär.« Alfred Bäumler: Männerbund und Wissenschaft. 1934, 108
Hermann Schulzebeer: Standarte X. Tagebuchblätter einer Landstandarte. Leipzig 1934
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Stollmann, R. (1977). Der subjektive Faschismus im Spiegel von Massenromanen. In: Ästhetisierung der Politik. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-99531-5_4
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