Zusammenfassung
In seiner Habilitationsschrift Die Heilkunde des ausgehenden Mittelalters in Paris hat Eduard Seidler dargeitellt, wie die Vertreter des wundärztlichen Standes in Paris um die Wende vom 13. zum 14. Jahrhundert unter Einfluß von Fachvertretern aus Norditalien in bewußtem und zielsicherem Vorgehen ihre Kunst von der Ebene eines bloßen Handwerks, einer practica, auf die Ebene einer Wissenschaft zu erheben begannen oder besser auf die Ebene einer Kunst, die sich wissenschaftlicher Erkenntnismethoden bedienen sollte. Der landfremde Lanfranchi deduzierte programmatisch: Omnis practicus est theoreticus: omnis cyrurgicus est practicus: ergo omnis cyrurgicus est theoreticus.1 Es mag dahingestellt bleiben, ob der Drang der Chirurgen zur scholastischen Gelehrsamkeit rein wissenschaftlichem Ehrgeiz entsprang oder ob er mehr von ständischem Geltungstrieb angespornt wurde — es steht jedenfalls fest, daß in Paris von hervorragenden Chirurgen der Ruf nach einer akademischen Ausbildung der Wundärzte und nach Theoretisierung ihrer Kunst laut wurde, just, als sich ihr Stand mit der medizinischen Fakultät der Universität heftig rieb. Der Streit zwischen diesen beiden Korporationen lief vorerst in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts dergestalt aus, daß die Bruderschaft der Wundärzte fast die gleichen Freiheiten erlangte wie die Fakultät und daß sie von ihren Mitgliedern verlangen konnte, Latein, also die Sprache der Wissenschaft, zu beherrschen.2
Für Rat in philosophischen Fragen danke ich Herrn Gerd Kiessler, Münster.
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Probst, C. (1968). Der Weg des ärztlichen Erkennens bei Heinrich von Mondeville. In: Fachliteratur des Mittelalters. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-99494-3_24
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