Zusammenfassung
Aber noch von anderer Seite her wurde die Einbeziehung soziologischer Gesichtspunkte in die wissenschaftliche Volkskunde gefordert. Der Germanist Julius Schwietering (1884–1962), angeregt von der Entfaltung der Soziologie durch Gelehrte wie Ferdinand Tönnies (1855–1936), Werner Sombart (1863 bis 1941), vor allem aber Max Weber (1864–1920), erklärte in einem später gedruckten Vortrag die Volkskunde zu einer „geschichtlich soziologisch orientierten Disziplin“. Er bemängelte die fehlende Arbeitsmethodik der Volkskunde, die sich im allgemeinen mit einer losen Aufsammlung der Phänomene begnüge und bestenfalls dem Laien gewisse Informationen vermittle. Wenn man jedoch — und darauf ziele alles hin — den Bauern in den Mittelpunkt der Untersuchung stelle und das heutige Bauerntum „in seinem einheitlich gegenwärtigen Querschnitt“ erfassen wolle, so müsse man eine soziologisch-historische Betrachtungsweise anwenden. Hier aber ließe sich bei den bisherigen volkskundlichen Untersuchungen meist ein „zwiespältiger Aspekt“ beobachten, „der einmal den Bauern und daneben irgendwie ein Anderes im Auge hat“. Werde man in den Realienkapiteln noch einigermaßen sachlich über die materielle Kultur des Bauerntums informiert, so sähe man in den Abschnitten über die geistigen Lebensäußerungen den deutschen Bauern plötzlich mit der Mentalität der Südseeinsulaner in Beziehung gesetzt.
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Literatur
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Weber-Kellermann, I. (1969). Sozio-psychologische Betrachtungsweise und Kulturraumforschung. In: Deutsche Volkskunde zwischen Germanistik und Sozialwissenschaften. Sammlung Metzler. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-98951-2_9
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Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
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