Die drei Vorlagen, die sich mit Literaturwissenschaft unter digitalen Bedingungen befassten, setzten die etablierte Praxis aus verschiedenen Perspektiven mit Möglichkeiten in Beziehung, welche die Digitalisierung eröffnet. Sie legten dar, wie Computermodelle mit ‚traditionellen‘ literaturwissenschaftlichen Positionen, etwa historisch-hermeneutischen, in Verbindung gebracht werden können (Kuhn). Sie zeigten anhand der Deutschen Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte, wie eine auf der entsprechenden Auswertung großer Korpora vorgehende wissenschaftsgeschichtliche Untersuchung neue Einsichten in die fachgeschichtliche Praxis ermöglicht (Jannidis/Martus), und fragten nach den Herausforderungen, vor welche die Digitalisierung die Literaturwissenschaft stellt (Stolz). Als Gemeinsamkeit der Diskussionen erwies sich insbesondere die Behandlung damit verbundener theoretischer und methodischer Aspekte.

An der Vorlage von Michael Stolz interessierte die Teilnehmenden in erster Linie der Umgang mit bestimmten Begriffen sowie der Stellenwert des angeführten Schreibexperimentes von Lyotard, insbesondere hinsichtlich seiner Aussagekraft in Bezug auf Digitalität und ihre Folgen für die Literaturwissenschaft. Diese Punkte wurden bereits zu Beginn benannt. Zunächst sei die Frage nach dem Innovationsanspruch von Interesse: Welchen Mehrwert haben die dargestellten Überlegungen konkret, wenn es um die Beschreibung der Entwicklungen von Digitalität geht? Dazu sei auch zu bemerken, dass die in der Vorlage einleitend formulierte grundlegende These zu einem medialen Wandel in den weiteren Ausführungen, anders als erwartet, nicht strukturbildend sei. Die Implikationen des eingehender beschriebenen Schreibexperimentes könnten expliziter gemacht werden. Des Weiteren sei es erforderlich, genauer zu bestimmen, was hier ‚Literatur‘ und ‚Literaturwissenschaft‘, ‚der Autor‘ und ‚der Leser‘ heißen sollen. Ferner wurde gefragt, in welchem Verhältnis die durch die Vorlage eröffneten Potenziale zu empirischen Studien stünden.

Eine erste Bemerkung zur Terminologie betraf den Begriff ‚Lesen‘. Es wurde beobachtet, dass damit in der Vorlage Unterschiedliches gemeint sei: das Entziffern von Text, die kognitive Aufnahme von Informationen, das Zuweisen von Bedeutung und Lesen als Erfahrung. Zweitens wurde der Überzeugung Ausdruck verliehen, dass ‚Literatur‘ und ‚Literaturwissenschaft‘ sich einander aufgrund der auch in der Vorlage beschriebenen gegenwärtigen Entwicklungen der Digitalisierung annäherten. In einer anderen Wortmeldung wurde diese Aussage allerdings bestritten. ‚Literatur‘ bezeichne weiterhin den Gegenstand und ‚Literaturwissenschaft‘ ein bestimmtes Sprechen über eben diesen Gegenstand. Damit gebe es nach wie vor eine klare Trennung. Drittens wurde insistiert, dass die Verwendung von Kollektivsingularen in der Vorlage Probleme mit sich bringe. ‚Die‘ Literaturwissenschaft gebe es nicht, weder fachgeschichtlich noch zeitgenössisch. Es hätten stets unterschiedliche, konkurrierende Literaturwissenschaften nebeneinander bestanden. Ebenso wenig könne man einfach von ‚dem‘ Lesen sprechen, da in der Geschichte und auch heute stets verschiedene Lesekulturen existierten.

Was das dargestellte Schreibexperiment und seinen Aussagewert betrifft, wurde zunächst um eine Klärung gebeten, ob hier Schlussfolgerungen gezogen würden, die ungültig seien. Sei es nicht, so eine erste Nachfrage, ein Fehlschluss, wenn man von Positionen, wie sie im Rahmen des Poststrukturalismus formuliert wurden, auf Entwicklungen im Bereich des Digitalen schließe? Müssten entsprechende Aussagen anders validiert werden? Eine zweite Nachfrage ging in die gleiche Richtung: Liege nicht ein Zirkelschluss vor, wenn man von postmodernen Theorien auf medienwissenschaftliche Annahmen schließe? Bei einer dritten Nachfrage ging es darum, ob bei Feststellungen über Prozesse des Wandels in der Vergangenheit die Gefahr einer Fehleinschätzung bestehe, weil sie aus heutiger Sicht anders – beispielsweise eindeutiger – erscheinen, als sie es tatsächlich oder auch in der Wahrnehmung der Zeitgenossen waren. In einem Diskussionsbeitrag wurde vermutet, dass sich an dem vorgestellten Schreibexperiment vor allem ein zeitgenössischer Medienwandel beobachten lasse. In einem weiteren Diskussionsbeitrag wurde um eine genauere Beschreibung des gegenwärtigen Zustandes gebeten, für den in der Vorlage auf Heideggers Begriff der ‚Zuhandenheit‘ zurückgegriffen wurde. Ferner wurde gefragt, ob der Fokus auf Synchronie in der Vorlage eine Skepsis gegenüber der Möglichkeit von Innovationen zum Ausdruck bringe. Was die verschiedenen Literaturtheorien betrifft, die es im Fach gibt, wurde beobachtet, dass sie in unterschiedlicher Weise geeignet seien, im Rahmen einer an Phänomenen des Digitalen interessierten Literaturwissenschaft operationalisiert zu werden. Es gebe solche, bei denen der Grad der Operationalisierbarkeit hoch, und solche, bei denen er niedrig sei. Angeregt wurde, zeitgenössische Schreibexperimente aus dem Bereich des Populären, etwa Spielarten von Textadventures im Internet, in die Betrachtung einzubeziehen. Das könne sich als fruchtbare Ergänzung zu dem untersuchten avantgardistischen Schreibexperiment erweisen.

Stolz verwies auf den heuristischen Wert der von ihm vorgestellten Überlegungen. An dem besagten Schreibexperiment würden grundlegende Besonderheiten deutlich, die den medialen Wandel und den Umgang mit diesem beträfen. Dies lasse sich prinzipiell auch auf andere Zusammenhänge wie aktuelle Tendenzen der Digitalisierung übertragen. Es sei nicht beabsichtigt gewesen, bestimmte Begriffe ausschließlich im Kollektivsingular zu verwenden. Die zu beobachtenden, durch die Digitalisierung bewirkten tiefgreifenden Wandlungsprozesse brächten terminologische Unschärfen und einen entsprechenden Klärungsbedarf mit sich; manche Begriffe, darunter ‚Lesen‘, seien unter diesen Bedingungen neu zu fassen. Für Phänomene, die sich im Zuge der Digitalisierung erst allmählich abzeichnen, stehe aber (wie bei jedem kulturellen Wandel) vorab nur die zu diesem Zeitpunkt vorhandene Beschreibungssprache zur Verfügung.

Jonas Kuhns Vorlage regte insbesondere methodische Überlegungen an und konkrete verfahrenstechnische Fragen zur vorgestellten Untersuchung. Als zentraler Punkt wurde das Verhältnis quantitativer und qualitativer Methoden identifiziert, vor allem ihre mögliche Kompatibilität in bestimmten Hinsichten: Wie genau lassen sich quantitative Verfahren, die in der Regel weniger komplexe Phänomene auf ‚unteren‘ Ebenen mithilfe von Annotationen erfassen, mit traditionellen, etwa hermeneutischen Verfahren literaturwissenschaftlicher Forschung in Verbindung bringen, die sich üblicherweise auf ‚höherer‘ Ebene bewegen und komplexere Phänomene in den Blick nehmen?

Methodische Überlegungen bezogen sich auf die Potenziale von Annotationen, auf das Verhältnis des vorgestellten Ansatzes zu literaturwissenschaftlichen Methoden und auf die Korpuswahl. Es wurde vorgeschlagen, dass ein größerer Optimismus mit Blick auf die Möglichkeit geboten sei, Konsensannotationen zu erstellen. Eine Differenzierung sei erforderlich, weil es mehr Fälle als üblicherweise angenommen gebe, in denen es eher einfach sei, Konsens bei der Annotation zu erzielen. Das gelte jedenfalls für weniger interpretationsbedürftige literarische Texte bestimmter Gattungen und Epochen. Sie seien von komplexeren Fällen abzugrenzen, bei denen es sich tatsächlich als schwieriger erweisen könne, konsensuelle Annotationen vorzunehmen. Zudem sei zu beachten, dass selbst bei der Annotation von Phänomenen auf ‚höherer‘ Ebene (als Beispiel wurde die Argumentationsanalyse genannt) in der Praxis die Chance auf Konsens durchaus größer sei, als man auf den ersten Blick vielleicht meinen möchte. In die gleiche Richtung ging die Frage, welche Rolle weitgehend konsensuelle Entscheidungen spielen können, die sich im Rahmen der Textanalyse ergeben. Sie seien als großer Gewinn zu betrachten und würden in der Vorlage vielleicht in ihrer Rolle und Relevanz etwas unterschätzt. Mehr Konvergenz bei der Textanalyse sei sehr erstrebenswert, sie sei ein wichtiger Beitrag zur Verwissenschaftlichung und Empirisierung der Literaturwissenschaft.

Was das Verhältnis des vorgestellten Ansatzes zu literaturwissenschaftlichen Methoden angeht, wurde um eine Klarstellung gebeten, ob beabsichtigt sei, hermeneutischen Zugangsweisen zuzuarbeiten oder eine Alternative zu ihnen anzubieten. Sollte Letzteres der Fall sein, sei zu beachten, dass es in der Literaturwissenschaft nicht nur hermeneutische Positionen gebe, sondern auch andere, zum Beispiel strukturalistische. Daran thematisch anknüpfend, wurden in zwei Wortmeldungen Präzisierungen vorgeschlagen. Die verschiedenen literaturtheoretischen Ansätze wiesen eine unterschiedlich gelagerte Passung mit und Anschlussfähigkeit für Methoden und Verfahren computerlinguistischer Art auf. Sie eigneten sich daher unterschiedlich gut für eine Formalisierung. Das Ziel, hermeneutische Positionen zu formalisieren und zu objektivieren, sei als besonders fruchtbar einzuschätzen. Diese Bewertung wurde in einer weiteren Wortmeldung bekräftigt: Der vorgestellte Ansatz verfüge über große Potenziale, zumindest für den Teil des Faches, der an der Operationalisierung und Präzisierung von Verfahrensweisen Interesse habe.

Im Hinblick auf die Wahl des Korpus wurde auf mögliche Unterschiede zwischen (Computer-)Linguistik und Literaturwissenschaft beziehungsweise Computational Literary Studies aufmerksam gemacht. Untersuche die Computerlinguistik nicht, so die Ansicht in einem Diskussionsbeitrag, Sprache als System, während es den Computational Literary Studies um die Analyse historischer Ereignisse gehe? Könne es sein, so ein anderer Diskussionsbeitrag, dass beim bisherigen Stand die Arbeit mit speziell für bestimmte Fragestellungen erhobenen Korpora in der Literaturwissenschaft die einzige sinnvolle Möglichkeit darstelle? Sei es außerdem denkbar, ein Korpus auszuwerten, das Artefaktstatus besitzt, zum Beispiel im Falle von vorhandenen historischen Sammlungen, die eigentlich mit anderen Absichten zusammengestellt worden waren? Oder handele es sich um Fälle, die zugunsten eines anvisierten Goldstandards überwunden werden müssten? In diesem Zusammenhang wurde auch die Frage aufgeworfen, wann eine Grundgesamtheit als groß genug einzuschätzen sei, um statistische Verfahren, etwa der Inferenzstatistik, einzusetzen. Erwogen wurde des Weiteren, ob einem bei der Überprüfung von Hypothesen im Zusammenspiel von konzeptionellen Vorstellungen, eingesetzten Verfahren und gewähltem Korpus ein Zirkelschluss unterlaufen könne.

Konkrete verfahrenstechnische Hinweise setzten bei dem behandelten Beispiel an. Die Wahl einer narratologischen Kategorie – Fokalisierung in ausgewählten Erzähltexten Arthur Schnitzlers – könne sich, so wurde angemerkt, als unglücklich erweisen mit Blick auf das, was gezeigt werden solle. In diese Richtung ging auch die Vermutung, dass bei einer solchen Wahl die Gefahr bestehen könne, leichter formalisierbare Interpretationshypothesen zu privilegieren. Zur Arbeit mit Übersetzungen wurde gefragt, ob sie nicht ein methodisches Problem darstelle, da es verschiedene Möglichkeiten gebe, einen literarischen Text zu übersetzen, hinter denen unterschiedliche Konzeptionen von Übersetzung stehen. Erwogen wurde schließlich auch, ob die Arbeit mit Leseeindrücken bei der Annotation zur Konsequenz habe, dass manche relevanten Differenzen nicht erfasst werden können.

Kuhn stimmte der Einschätzung zu, dass Konsensannotationen in den genannten Bereichen möglich und sinnvoll seien, betonte die Kompatibilität der vorgestellten Verfahren mit verschiedenen literaturtheoretischen Ansätzen, bekräftigte den Aussagewert computerlinguistischer Korpora und pflichtete der Einschätzung bei, der zufolge in bestimmten Fällen auch andere Formen der Bildung von Korpora sinnvoll seien. Außerdem nahm er die Hinweise zum Anlass, verfahrenstechnische Details näher zu erläutern.

Bei der Diskussion der Vorlage von Fotis Jannidis und Steffen Martus standen Bemerkungen zur Durchführung der Experimente und zu ihren Ergebnissen sowie Anregungen und Überlegungen zu weiterführenden Studien im Mittelpunkt. Positiv hervorgehoben wurde zunächst die Entscheidung, in der Vorlage auch Experimente zu erwähnen, die ohne Befund geblieben sind. Angeregt wurde zum einen, bei der Erklärung mancher Befunde (z. B. der quantitativen Sprünge beim Fußnotenvorkommen im Untersuchungskorpus) die zu der jeweiligen Zeit vorhandenen Bibliotheksbestände und ihre Verfügbarkeit als Faktor einzubeziehen und nicht allein wissenschaftsgeschichtlich zu argumentieren: So seien etwa erst in den 1960er Jahren die kriegsbedingten Verluste kompensiert gewesen, während in den 1990er Jahren die Umstellung auf EDV erfolgt sei. Zum anderen wurde beobachtet, dass in der Vorlage Erklärungen vor allem auf die Intentionen der Akteure Bezug nehmen, und vorgeschlagen, demgegenüber Erklärungen zu bevorzugen, die ‚im Rücken‘ der Akteure anzusiedeln sind. Kritisiert wurde, dass die Annahmen über die DVjs, welche die Wahl des Korpus legitimieren sollen, nicht hinreichend belegt worden seien. Manche Ergebnisse seien erwartbar, etwa der Befund, dass die gewählte Zeitschrift mit vergleichbaren in engerer Verbindung stehe, nicht jedoch mit zum Beispiel fachdidaktischen.

Es wurde die Frage aufgeworfen, wie sich ertragreiche Experimente anlegen lassen. Aus der Verwendung von Wörtern, die auf ‚-ung‘ und ‚-bar‘ enden, ließen sich, um ein Beispiel zu geben, anders als in der Vorlage angenommen, Aussagen über den Gebrauch einer wissenschaftlichen Terminologie eventuell nicht in idealer Weise ableiten. Zudem wurde angeregt, die Erschließung sprachlicher Quellen in der Linguistik zum Vorbild zu nehmen. Auf diese Weise könne unter anderem die Gefahr eines Confirmation Bias verringert werden. Auch stelle sich die Frage, wie sich die Ergebnisse solcher Untersuchungen angemessen visualisieren lassen. In der Vorlage sei dies nicht immer optimal gelöst worden.

Weitere Bemerkungen zur Durchführung der Experimente und zu ihren Ergebnissen setzten an verschiedenen Stellen an. Bestehe nicht, so wurde gefragt, die Notwendigkeit, den zugrunde liegenden praxeologischen Ansatz und die mit ihm einhergehenden Vorannahmen transparenter zu machen, da ein solcher Ansatz zwar manche Praktiken erfasse, andere, etwa ‚harte‘ Praktiken der Wissenschaftsgeschichte, jedoch nicht? In einer anderen Wortmeldung wurde der Standpunkt der Verfasser der Vorlage thematisiert: Müssten sie sich nicht positionieren, da sie hier einen Beobachterstandpunkt einnehmen, aber zugleich auch Vertreter des Faches sind und an dessen Praktiken partizipieren? Ein weiterer Diskussionspunkt betraf die Möglichkeit, den gewählten quantifizierenden Ansatz mit qualitativen Analysen zu verbinden bzw. die auf diesem Wege gewonnenen Ergebnisse mit zum Beispiel hermeneutischen Erklärungen. Auf Skepsis stieß in einem Beitrag die Erklärung mancher Befunde unter Hinweis auf Bestrebungen der Verwissenschaftlichung in der Fachgeschichte. Dazu wurde die Zahl der Publikationen zu diesem Thema ins Spiel gebracht, die etwa in den 1970er Jahren eher klein gewesen sei. In einer Wortmeldung wurde noch einmal die Rolle angesprochen, welche die Bibliotheksinfrastruktur für die Erklärung mancher Befunde spielen könne: Gebe es zum Beispiel eine Korrelation zwischen der Menge an verfügbarer (aktueller) Forschungsliteratur und der Anzahl der Fußnoten in den Aufsätzen der DVjs? Eine weitere Nachfrage betraf den Stellenwert bestimmter Gegebenheiten im Untersuchungskorpus, etwa das Vorliegen von Sonderheften oder den unterschiedlichen Umfang der Hefte, der unter Umständen bestimmten Mustern folge (z. B. nach einem längeren stets ein kürzeres Heft).

Zu den Anregungen und Überlegungen für weiterführende Studien gehörte die Frage, ob die gewählten Indikatoren spezifiziert werden können. Bei Fußnoten zum Beispiel ließen sich aussagekräftige weiterführende Ergebnisse erzielen, wenn ihr Inhalt (bibliographische Hinweise, Nebendiskussionen u. a.) einbezogen würde. Es wurde eine Reihe von Vorschlägen gemacht. Man könne Netzwerkanalysen vornehmen, bei welchen nicht die Autoren, sondern die Zeitschriftenbeiträge die Knoten bilden; bei den Experimenten, die keine Ergebnisse erbracht haben, das Korpus ausweiten; stilistische Originalität in dem gewählten Korpus anhand einschlägiger Kriterien (Wortarten, type/token-ratio, Abweichungen mit Blick auf das Verhältnis des Themas zur Wortwahl usw.) und mithilfe statistischer Verfahren ermitteln; eine Typologie der Zeitschriftenartikel hinsichtlich ihrer Struktur erstellen; über die bisher erfassten Strukturinformationen – wie Titel, Untertitel, Ort der Beiträger, Zitate und Fußnoten – weitere für TEI aufbereiten.

Martus und Jannidis bewerteten die Hinweise zu den durchgeführten Experimenten und die Vorschläge für zukünftige Studien in der Mehrzahl als wichtig und sinnvoll, mitunter seien sie jedoch mit methodischen Schwierigkeiten verbunden oder sie beruhten auf unzutreffenden Annahmen. Der praxeologische Ansatz sei hier hinreichend leistungsfähig, Fragen der Standortgebundenheit stellten sich nicht in der angenommenen Form. Sie pflichteten der Ansicht bei, dass bibliotheksgeschichtliche Faktoren eine wichtige Rolle spielen könnten bei der Erklärung einiger Befunde, verwahrten sich allerdings gegen manche der vorgebrachten Kritikpunkte. Die Wahl von Aufsätzen aus der DVjs sei durchaus nicht willkürlich, die in der Vorlage genannte Begründung hinreichend. Das Korpus habe einen hohen Aussagewert. Die Wahl von Wörtern, die auf ‚-ung‘ und ‚-bar‘ enden, für Rückschlüsse auf den Einsatz von wissenschaftssprachlichen Ausdrücken bediene sich eines objektiven und operationalisierbaren Kriteriums, das aus der Linguistik bekannt sei.

Die drei Vorlagen, die Literatur unter digitalen Bedingungen behandelten, gaben anhand ausgewählter Beispiele Einblicke in die unterschiedlichen Formate und Praktiken des Umgangs mit Literatur im digitalen Bereich. Im Einzelnen ging es um populäre Philologie im Internet am Beispiel von genius.com (Nebrig), die Produktion und Rezeption literarischer Texte unter digitalen Bedingungen am Beispiel von Tausend Tode schreiben und 0x0a (Nantke) sowie um die Untersuchung von Mode-Blogs (Schuster). Als Gemeinsamkeit sowohl der Vorlagen als auch der Diskussionen erwies sich das Bestreben, methodisch abgesichert und konzeptionell reflektiert das jeweils mit Blick auf das digitale Medium Spezifische dieser Artefakte und der zugehörigen kommunikativen Praktiken zu erkennen.

Die Vorlage von Alexander Nebrig wurde vor allem mit Blick auf mögliche Präzisierungen ihrer Befunde und ein vertiefendes Verständnis des behandelten Phänomens betrachtet. Am Beginn stand eine Einschätzung der Aussage aus der Vorlage, wonach bei dem in Rede stehenden Sachverhalt – Erschließung und Kommentierung popkultureller Lieder (vor allem Rap-Texte) auf der Internetplattform genius.com – davon gesprochen werden könne, dass hier netzbedingte Praktiken literarisiert würden. Diese Aussage sei zu stark und sachlich nicht ganz richtig, da es die entsprechenden Praktiken bereits vorher gegeben habe. Nicht der Gegenstand sei durch das Internet verändert worden, sondern der Umgang mit ihm, das heißt die (laien-)philologische Praxis. Zu erwägen sei auch, dass es in der Literaturwissenschaft eine Liebhaber-Tradition gebe, nicht erst bei den in der Vorlage untersuchten Formen des Umgangs mit Texten. Zudem wurde gefragt, ob die für die besagte Wissensdatenbank kennzeichnende kollektive Praxis außerwissenschaftlicher Experten nicht überinterpretiert werde, wenn man sie als ‚wild‘ bezeichne. Es handele sich immerhin um eine betriebswirtschaftlich organisierte Plattform, die auch durch interne Kontrollmechanismen und finanzielle Interessen geprägt sei.

Nicht ganz einleuchten wollte in einem Diskussionsbeitrag das Vorgehen, den Begriff der Laienphilologie über die Akteure zu bestimmen (Amateure statt professioneller Akteure). Seien nicht vielmehr die Plattform und der Ort ausschlaggebend? Es wurde die Einschätzung vertreten, wonach Rap-Texte ein derart spezifischer Gegenstand seien, dass sie andere Zugangsweisen erforderten als philologische; der Gegenstand beeinflusse hier in starkem Maße die zu beobachtenden Praktiken. Nachgefragt wurde des Weiteren, als wie hoch der Grad an Professionalisierung auf dieser Plattform eigentlich einzuschätzen sei. Es sei zu bemerken, dass das Gros der dort zu findenden Beiträge weniger professionell sei und zum Beispiel triviale Aussagen enthalte oder das Resultat identifikatorischer Lektüremuster sei. Angemerkt wurde dazu in einem anderen Redebeitrag, dass es zu Rap-Texten auf der Plattform sehr gute Stellenkommentare gebe und ‚Laienphilologie‘ hier hinsichtlich der Art und des Umfangs der bereitgestellten Informationen zu bestimmen sei.

Es wurde beobachtet, dass die Beschreibung der Plattform in der Vorlage vielleicht nicht ausführlich genug sei, und vorgeschlagen, dies noch nachzutragen. Die aufgestellten Thesen seien nicht in dem wünschenswerten Maße durch die angeführten Beobachtungen gedeckt. Gefragt wurde auch, welche Funktionen die Annotationen für welche Leser beziehungsweise Nutzer hätten, ob sie zum Beispiel dem Textverständnis dienten und welcher Wissensbegriff zugrunde liege. Außerdem wurde nach Kriterien für die Annotationen gefragt und darauf hingewiesen, dass der praktische Umgang mit ihnen mitunter Probleme mit sich bringe, etwa wenn einmal vorgenommene Annotationen zu einem späteren Zeitpunkt gelöscht würden und dann nicht mehr auffindbar seien. Angemerkt wurde auch, dass gegenüber den Referenzbeispielen (Jacob Grimm, Herder) eine stärkere Differenzierung geboten sei hinsichtlich Überlieferung und Kommentar.

Schließlich wurde zum einen die Frage nach der Historizität der beobachteten Praktiken gestellt. Schreiben, Lesen, Edieren, Kommentieren und dergleichen seien ubiquitäre Praktiken; als entscheidend erweise sich, wann sie in welcher Kombination auftreten und damit eine Praxis konstituierten. Es sei anzuregen, darauf hin die Plattform genauer in den Blick zu nehmen, andernfalls sei die Untersuchung in dieser Hinsicht nicht vollständig. Zum anderen wurde nahegelegt, Hierarchien, Disziplinierungsmechanismen, Ausschlussverfahren und ihre Funktion, Verfahren der Qualitätserzeugung und dergleichen genauer zu betrachten.

Nebrig präzisierte, dass ‚Wildheit‘ in der Vorlage relational zu verstehen sei, also das Ergebnis eines Vergleichs der untersuchten Praxis mit anderen Praktiken darstelle. Zu Recht werde auf gegenläufige Mechanismen hingewiesen, zu bedenken sei jedoch insbesondere die Nutzerebene: Dort entstehe der Impuls zur Teilnahme aus Liebhaberei, ökonomische Interessen seien demgegenüber nachgeordnet. Die Praxis wandele sich durch das Internet; anzunehmen sei tatsächlich nicht, dass sie erst durch das Internet entstehe. Neuartig seien die Partizipationskultur und die Beteiligung der Rezipienten beziehungsweise Nutzer an der Produktion, ferner Art und Umfang, in dem es möglich sei, solche Gegenstände textkritisch zu behandeln und zu beurteilen. Die Wichtigkeit der Akteure sei zu betonen. Der unterstellte Zusammenhang zwischen Gegenstand und außerphilologischen Praktiken bestehe in dieser Form wohl nicht. Es gebe auf der Plattform unterschiedliche Liebhabergemeinden mit unterschiedlichen Professionalisierungsniveaus. Zu beachten sei, dass es dort neben der Kommentierung auch um das Edieren von Texten gehe, welches als besondere Leistung anzusehen sei. Man könne zwar einzelne Nutzerkommentare als identifikatorisch oder naiv bezeichnen. Wohl kaum wird man aber die quantitative Dimension des durch Verschriftung entstandenen Textkorpus leugnen. In der Vorlage hätten Systematisierungsbemühungen den Vorrang gehabt vor Beschreibungen der Befunde.

Julia Nantkes Vorlage wurde vor allem betrachtet hinsichtlich der Klassifikation, begrifflichen Beschreibung und Einschätzung der behandelten Beispiele digitaler Literatur. Positiv hervorzuheben seien, wie einleitend festgestellt wurde, der Gegenstandsbezug sowie die Vielfalt der untersuchten Phänomene und die daraus gewonnenen Einsichten. Außerdem handele es sich um gute Beispiele. Es werde deutlich, dass es zwischen den einschlägigen Parametern Verschiebungen gebe, dies könne über den Fokus auf die Kategorie ‚Text‘ hinaus stärker gemacht werden. Relevante Einsichten ergäben sich auch in die Kategorie ‚Autorschaft‘, da in der Vorlage unter anderem Autorschaft an den Computerprogrammen und unfreiwillige Autorschaft eine Rolle spielten. Zu prüfen sei, wie sich ‚Autorschaft‘ hier im Einzelnen fassen lasse; dazu seien auch Fragen der Urheberschaft zu bedenken. Außerdem könne das Verhältnis von professionellen Akteuren und Amateuren eingehender beschrieben werden. Eine Differenzierung sei erforderlich hinsichtlich der verschiedenen Formen von Literatur im Internet, etwa digitaler Literatur, Netzliteratur und Maschinenpoesie.

Es wurde die Frage aufgeworfen, was an den analysierten Texten eigentlich spezifisch sei für Digitalität. Bei manchen traditionellen Anthologien könne Vergleichbares beobachtet werden: Auch hier gebe es verschiedene Autoren und wirkten unterschiedliche Texte zusammen. In einem weiteren Diskussionsbeitrag wurde auf populäre Anthologie-Projekte hingewiesen. Es wurde nahegelegt, dass für die in Rede stehenden Gegenstände der Werkbegriff angemessener sei als der Textbegriff, und vermutet, dass den analysierten Texten ein starker Werkbegriff zugrunde liege. Außerdem wurde gefragt, ob man in Anbetracht von Phänomenen wie den beschriebenen den Textbegriff neu bestimmen müsse. Zu klären sei dann: Wie genau sähe eine solche Neubestimmung aus? Was sei zum Beispiel mit Merkmalen wie dem Vorliegen ‚bedeutungsstiftender Relationen‘? Inwieweit seien Bedeutungszuweisungen bei Beispielen wie den behandelten überhaupt von Belang? Außerdem wurde die These aufgestellt, der zufolge das Spezifische der Digitalität in solchen Fällen vor allem bei der Distribution und Rezeption zur Geltung komme, nicht jedoch bei Autor und Werk. Hierher gehörte auch die in einem weiteren Diskussionsbeitrag gestellte Frage, ob es sich bei dem Untersuchten um Konzeptkunst handele, die keine Bedeutungsattribution benötige, weil die Idee im Mittelpunkt stehe, nicht der Text, und es um das Ausstellen einer künstlerischen Konzeption gehe. Dazu wurde in einem weiteren Redebeitrag bemerkt, dass beim Umgang mit Texten dieser Art auch ästhetische Erfahrung relevant sei, nicht allein die Wahrnehmung als Konzeptkunst. Zudem seien mitunter bestimmte Funktionen denkbar, es könne zum Beispiel Kritik an politischen Verhältnissen zum Ausdruck gebracht werden.

Vermutet wurde, dass Phänomene wie die untersuchten sich weitgehend mit traditionellen Verfahren beschreiben ließen. Dagegen wurde jedoch von anderer Seite betont, dass die Form der Distribution neu sei und spezifisch für Digitalität. Es seien neue Verfahren erforderlich, um diese Phänomene zu beschreiben; das könne nicht allein mit bewährten Mitteln erfolgen, da andere Faktoren zu beachten seien. Schließlich wurde die Einschätzung mitgeteilt, wonach in der Vorlage mitunter zu starke Thesen aufgestellt würden, etwa bezüglich des Projekts Durchschnitt, und es wurde der Überzeugung Ausdruck verliehen, dass die untersuchten Beispiele für digitale Literatur stärker in den größeren mediengeschichtlichen Zusammenhängen zu betrachten seien, in welchen sie stehen, um so durch Vergleich möglichen Fehleinschätzungen vorzubeugen.

Nantke erläuterte, dass die Kategorie ‚Text‘ als konzeptioneller Ausgangspunkt gewählt worden sei. Bei den Beispielen für digitale Literatur seien verschiedene Autorfunktionen und Formen der Autorschaft (kollaboratives, kooperatives Schreiben usw.) von Belang. Die untersuchten Formate seien nicht als gänzlich neu einzuschätzen, ihre Beschaffenheit und der Umgang mit ihnen sei jedoch durch Digitalität signifikant geprägt. Verglichen mit Anthologien hätten sich die entsprechenden Möglichkeiten bei digitaler Literatur stärker etabliert, Art und Umfang der Bezüge zwischen den Texten seien spezifisch. Es gebe hier auch einen engen Zusammenhang zwischen Text- und Werkbegriff. Der Textbegriff sei in der Tat neu zu bestimmen. Texte dieser Art würden nicht in Gänze rezipiert, allerdings in Ausschnitten durchaus einer ‚dichten‘ Lektüre unterzogen. Dabei werde auch eine Bedeutung zugewiesen. Die Rezeption sei nicht auf das Erkennen der künstlerischen Konzeption zu beschränken.

Die Vorlage von Jörg Schuster gab vor allem Anlass zu methodischen Überlegungen, auch unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Gegenstandes. Am Anfang stand der Ergänzungsvorschlag, die Kategorien ‚Autor‘ und ‚Werk‘ stärker in die Untersuchung einzubeziehen; man könne den Eindruck haben, dass die in der Vorlage behandelten Texte nicht mehr als Produkte von Menschen wahrgenommen würden, sondern als maschinengenerierte Texte. Hinzuweisen sei auf den wichtigen Umstand, dass Korpora wie die ausgewerteten aufgrund der Digitalität stets von allen einsehbar seien; dies sei etwas Neues. Die analysierten Texte böten zudem neue Möglichkeiten, Autorschaft und ihre Genese zu beobachten.

Eine erste methodische Frage bezog sich darauf, welche Eigenschaften und Funktionen die in der Vorlage ausgemachten ‚Knotenpunkte von Diskursen‘ aufweisen, wie sie zu identifizieren und von Zufallsfunden zu unterscheiden seien. Dazu wurde angeregt, systematisch vorzugehen, indem man alles das, was zur selben Kategorie wie der Zufallsfund gehöre, auf mögliche Befunde prüfe. Ferner wurde darum gebeten, genauer darzulegen, wie sich die geschilderten ‚Irritationen‘ beschreiben ließen. Das Irritationspotenzial der in der Vorlage beschriebenen Fälle sei am Ende eventuell nicht ganz so groß wie angenommen. Es wurde vorgeschlagen, auf den Begriff des ‚Interdiskurses‘ zurückzugreifen. In einem Diskussionsbeitrag wurde nahegelegt, eine soziologische oder kulturgeschichtliche Untersuchung vorzunehmen; ein solcher Zugang sei besser geeignet als ein literaturwissenschaftlicher.

In einem Redebeitrag wurde kritisiert, dass in der Vorlage Distant Reading in unzulässiger Weise mit ‚Suchen‘ gleichgesetzt werde. Das Vorgestellte sei aber anschlussfähig an und geeignet für Distant Reading, auch hinsichtlich der Funktion einer Vorfilterung der einzubeziehenden Texte. Es wurde die Frage aufgeworfen, wie damit umgegangen werden solle, dass im Internet veröffentlichte Dokumente potenziell instabil seien. Angeregt wurde in diesem Zusammenhang auch, netzwerktheoretische Lösungen in die Untersuchung einzubeziehen; so könne die vorgestellte Verfahrensweise reproduzierbar gemacht werden. Wie damit umzugehen sei, dass das gewählte Verfahren es notwendigerweise mit sich bringe, Texte aus ihren Verwendungszusammenhängen im Internet herauszunehmen, war Gegenstand einer weiteren kritischen Frage. In einem anderen Redebeitrag wurde der methodische Vorbehalt, wonach Texte dieser Art nicht auch dann ausgewertet werden könnten, wenn man sie herunterlädt und ‚offline‘ behandelt, als unbegründet angesehen. Es wurde dazu ermuntert, deutlicher herauszustellen, was genau computerphilologische Verfahren für das in der Vorlage Thematisierte leisten können.

Gefragt wurde auch, worin die Spezifika der besagten Blogs bestehen. Der in der Vorlage zugrunde gelegte weite Literaturbegriff müsse genauer bestimmt werden. Zu beachten sei, dass diese Blogs in starkem Maße mit Bildern arbeiteten, die eventuell eine medienwissenschaftliche Herangehensweise erforderlich machten. Es wurde dafür plädiert, an dem verwendeten ‚kulturpoetischen‘ Ansatz konsequent festzuhalten, der zwar in computerphilologischer Hinsicht nicht überzeugen könne, mit seinem Fokus auf ‚Textualität‘ allerdings als konzeptionell fruchtbar einzuschätzen sei.

Schuster hob unter anderem hervor, dass ein ‚mikroskopischer‘ Zugang gewählt worden sei, bei dem auf induktivem Wege die konkreten Fragestellungen generiert wurden („erst finden, dann suchen“); erst auf dieser Grundlage ergebe der Einsatz maschineller Verfahren Sinn. Zufallsfunde beim Lesen, die ungewöhnlich seien und damit ‚Irritationen‘ bewirkten, bildeten den Ausgangspunkt für entsprechende Suchen mithilfe maschineller Verfahren. Es sei das Zusammentreffen zweier Diskurse in den behandelten Beispielen, welches die besagte Irritation bewirke. Auch wenn der untersuchte Gegenstand unter einen weiten Literaturbegriff falle, seien für die ‚mikroskopische‘ Analyse von Texten genuin literaturwissenschaftliche Verfahren erforderlich.