Bemerkungen zur Bedeutung ausdruckstheoretischer und kulturphysiognomischer Studien für eine interdisziplinäre Kulturwissenschaft

Zusammenfassung

Die Befassung mit Ausdrucksphänomenen hat einen unsicheren epistemischen Status. Ausdrucksforschung und Ausdrucksdeutung schwanken zwischen Wissenschaft, philosophisch begründeter Theorie und bloßem Meinen. Auf lange geschichtliche Strecken laufen „naturwüchsige“ physiognomische ‚Popularwissenschaft‘ einerseits, andererseits Ausdruckskunde und -theorie als Ausdruckslehre, theoretisch-philosophisch reflektiert und legitimiert, gelegentlich sich tangierend und überkreuzend nebeneinander her. Wer Ausdruckstheorie und -wissenschaft treibt, nimmt Teil an der integralen, multi- und interdisziplinären wissenschaftlichen Kultur der Gegenwart, arbeitet daran mit, dass sie eine Kultur ist oder wenigstens werde: dass sie ihren Begriff erfüllt und ihre Grundideen oder Zwecke realisieren hilft. Der Beitrag beginnt mit epistemologischen Anmerkungen zum Status einer „naturwüchsigen“ und einer reflektierten Physiognomik, um dann an charakteristischen Exempeln beider ihre historische Bezogenheit aufeinander (oder ihre wechselweise Exklusion voneinander) zu erörtern.