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Briefe aus dem Jenseits. Der Tod des Autors in der Empfindsamkeit

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Autorschaft: Positionen und Revisionen

Part of the book series: Germanistische Symposien Berichtsbände ((GERMSYMP))

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Zusammenfassung

Der Tod, so scheint es, verleiht der Idee der Autorschaft besondere Emphase. Sei es, daß vom Sprechen am Rande des Todes besondere Nachdrücklichkeit ausgehe, wie es die zahlreichen Formen der Testamentliteratur eines ›letzten Vermächtnisses‹ an die Hinterbliebenen bezeugen, oder, anders gelagert, in der Idee, daß allein der Autor im unsterblichen Werk den Tod bezwinge: »Nein, ich sterbe nicht ganz, über das Grab hinaus / Bleibt mein edleres Ich […]«1 Und nicht weniger hat sich die Kritik eines solchen Konzepts souveräner Autorschaft von der Figur des Todes fasziniert gezeigt und der vermeintlichen Unsterblichkeit des triumphierenden Autors entgegensetzt. So etwa, daß die Autorschaft als »sich selbst vernichtender Durchgang für den Hervorgang des Werkes«2 zum Verschwinden gebracht wurde, oder in der Vorstellung, daß die ›Schrift‹ die ›Stimme‹ ihres Autors sterben lasse,3 ja, daß sich in der Moderne die grundlegende »Verwandtschaft des Schreibens mit dem Tod« zeige,4 oder schließlich in dem Nachweis, daß das Werk des männlichen Autors auf dem imaginären, bisweilen realen Opfertod der Frau ruhe.5

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Notizen

  1. Horaz: carm. III.30, Vers 6 f. Zitiert nach ders.: Sämtliche Werke. Lat./dt., übers. v. Wilhelm Schöne, hg. v. Hans Färber. München 1964, S. 177.

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  5. Zum konstitutiven Zusammenhang von Tod und Autorschaft im dekonstruktiven Verfahren Jacques Derridas’ vgl. Tholen, Toni: Erfahrung und Interpretation. Der Streit zwischen Hermeneutik und Dekonstruktion. Heidelberg 1999.

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  8. Dazu Nickisch, Reinhart M. G.: »Die Frau als Briefschreiberin im Zeitalter der deutschen Aufklärung«. In: Wolfenbütteler Studien zur Aufklärung 3 (1976), S. 29–65.

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  9. Vgl. hierzu die umfassende Monographie von Dörrie, Heinrich: Der heroische Brief. Bestandsausfnahme, Geschichte, Kritik einer humanistisch-barocken Literaturgattung, Berlin 1968. Für Hinweise und Anregungen zum folgenden danke ich Stephanie Wodianka.

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  11. Spoth, Friedrich: Ovids Heroides als Elegien. München 1992, S. 97. So kehrt die Briefform hier im Scheitern gerade Welt- und Sprachverlust hervor, vgl. ebd., S. 85ff.

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  13. Christian Hoffmann von: Helden-Briefe (1680), »An den Leser«.

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  18. Miller, Norbert: Der empfindsame Erzähler. Untersuchungen an Romananfängen des 18. Jahrhunderts, München 1968, S. 139.

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  20. »Drumb heyst auch der tod ynn der schrifft eyn schlaff. Denn gleich wie der nicht weys, wie yhm geschicht, wer eynschlefft und kompt zu morgen unversehens, wenn er auffwacht. Also werden wyr plötzlich aufferstehen am Jüngsten tage, das wyr nicht wissen, wie wyr ynn den tod und durch den tod komen sind.« Luther, Martin: Werke. Kritische Gesamtausgabe. Bd. 17.II, Weimar 1927, S. 235.

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  21. »Then sleep, my Train!/Till, haply, wak’d by Raphael’s golden Lyre,/Where Night, Death, Age, Care, Crime, and Sorrow cease,/To bear a Part in everlasting Lays«, Young, Edward: Night Thoughts. Hg. v. Stephen Cornford. Cambridge 1989, S. 257.

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  24. oder den Rowe möglicherweise inspirierenden zeitgenössischen Vorläufer Tom Brown: Letters from the Dead to the Living, 1702.

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  25. Curtius, Michael Conrad: »Philosophisches Lehrgedicht vom Zustande der Seelen nach dem Tode«. In ders.: Kritische Abhandlungen und Gedichte. Hannover 1760 [11754], S. 212.

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  26. Vgl. etwa The Spectator v. 30. 10. 1711. Dazu Havens, Raymond D.: »Simplicity, a changing concept«. In: Journal of the History of Ideas 14 (1953), S. 3–32.

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  30. Dies hat jüngst noch einmal Albrecht Koschorke gezeigt: ders., Körperströme und Schriftverkehr. Mediologie des achtzehnten Jahrhunderts. München 1999.

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  31. Wieland, Christoph Martin: Briefe von Verstorbenen an hinterlassene Freunde, Zürich 1753.

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  33. Lessing, Gotthold Ephraim: Werke. Hg. v. Herbert G. Göpfert, Bd. 3. München 1972, S. 194f.

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  34. Lange, Samuel Gotthold/Meier, Georg Friedrich (Hg.): Der Gesellige. Eine moralische Wochenschrift. 72. St. [Titel nach Inhaltsverzeichnis]. Halle 1748. Neu hg. v. Wolfgang Martens. Hildesheim u.a. 1987. Bd. 1, S. 591. Der Tod erscheint aber hier noch als absolute Grenze der Kommunikation, die man — naturgemäß — nicht überspielen kann, sondern der man zuvorkommen muß: »Was das Absterben der Freunde Trauriges mit sich bringt, dem suchen wir zuvor zu kommen, indem wir einander, so viel möglich ist, geniessen: […] so haben wir uns vereiniget, keinen Posttag hingehen zu lassen, ohne einander diese Freude zu machen.« Ebd., S. 592.

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  35. Dazu Trunz, Erich: »Meta Moller und das 18. Jahrhundert«. In: Meta Klopstock geborene Moller: Briefwechsel mit Klopstock und ihren Verwandten und Freunden. Hg. v. Hermann Tiemann. Bd. 3. Hamburg 1956, S. 955–974.

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  36. J.J.] So Friedrich Gottlieb Klopstock am 16. 3. 1751 an Maria Sophia Klopstock. Zitiert nach: ders.: Werke und Briefe. Hg. v. Horst Gronemeyer, u.a. Abt. Briefe. Bd. II. Berlin, New York 1985, Nr.16, S. 13.

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  37. Klopstock, Margareta: Hinterlaßne Schriften. Hg. v. Friedrich Gottlieb Klopstock. Hamburg 1759. Nachdruck. Karben 1996, S. 28. [Hervorhebungen im Original;

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  38. So Koschorke, Albrecht: »Geschlechterpolitik und Zeichenökonomie. Zur Geschichte der deutschen Klassik vor ihrer Entstehung«. In: Heydebrand, Renate von (Hg.): Kanon. Macht. Kultur. Theoretische, historische und soziale Aspekte ästhetischer Kanonbildungen. Stuttgart, Weimar 1998, S. 584.

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  39. »[…] Und wenn uns im Grabmal/nicht die Urne vereint, verbind’ uns die Inschrift, und ruht nicht/Bein bei Gebein, so rühr’ ich doch mit dem Namen an deinen!« Ovidius Naso, Publius: Metamorphosen. Lat./dt., übers. und hg. v. Erich Rösch. München und Zürich 121990, XI,705–707. Ernüchternd auch Mk. 12;25: »Wenn sie von den Toten auferstehen werden, so werden sie nicht freien noch sich freien lassen, sondern sie sind wie die Engel im Himmel.«

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Jacob, J. (2002). Briefe aus dem Jenseits. Der Tod des Autors in der Empfindsamkeit. In: Detering, H. (eds) Autorschaft: Positionen und Revisionen. Germanistische Symposien Berichtsbände. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-05568-2_1

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