Zusammenfassung
In Jean Pauls naturphilosophischen, anthropologischen und poetologischen Überzeugungen hat die Physiognomik eine zentrale Position. Sie wirkt sich entsprechend auf seine literarische Praxis aus — thematisch und in seiner Schreibweise. Die geheimnisvolle Beziehung von verborgenem Innen und sichtbarem Außen stiftet die Grundlage seiner Metaphernbildung, bestimmt den Zusammenprall des Dissonanten im Jean Paulschen Witz. Destilliert sind diese Praktiken aus der lebenslangen Auseinandersetzung mit der Herausforderung der Wissenschaften an die Religion, mit dem Bedürfnis, eine Anthropologie im Lichte der Transzendenz wissenschaftlich abzusichern.
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Anmerkungen
Johann Wolfgang Goethe: Werke. Hg. im Auftrage der Großherzogin Sophie von Sachsen. Abt. IV, Bd. 43. Weimar 1908 [Nachdruck: München 1987], S. 284. Im folgenden bezieht sich die Abkürzung WA auf diese Weimarer Ausgabe.
Walter von Brunn (Hg.): Hufeland — Leibarzt und Volkserzieher. Selbstbiographie von Christoph Wilhelm Hufeland. Stuttgart 1937, S. 49f.; Karl Philipp Moritz: Anton Reiser. Ein psychologischer Roman. Hg. von Wolfgang Martens. (Universal-Bibliothek Nr. 4813–18) Stuttgart 1975, S. 28; Peter Weiss: Abschied von den Eltern. (= edition suhrkamp 85) Frankfurt/M. 1964, S. 61.
Georg Misch: Geschichte der Autobiographie. Bd. I. 1, 4. Aufl. Frankfurt/M. 1976, S. 158–180, S. 224–229 und Bd. IV. 2, 1969, S. 661.
Vgl. Friedrich Leo: Die griechisch-römische Biographie nach ihrer literarischen Form. Leipzig 1901 [Nachdruck: Hildesheim 1965] sowie Wolf Steidle: Sueton und die antike Biographie. (= Zetemata. Monographien zur Klassischen Altertumswissenschaft Heft 1) München 1963 .
Hieronymus Cardanus: De propria vita. In: Ders.: Opera omnia. Bd. 1, 1663 [Nachdruck: Stuttgart-Bad Cannstatt 1966], S. 1–54.
Vgl. Arnold van Gennep: Übergangsriten (Les rites de passages). Übers. von Klaus Schomburg und Sylvia Schomburg-Scherff. Frankfurt/M., New York, Paris 1986.
John Locke: Einige Gedanken über die Erziehung. Übers. von Johann B. Deermann. Paderborn 1967, S. 9.
Vgl. Sigmund Freud: Eine Kindheitserinnerung des Leonardo da Vinci. In: Ders.: Gesammelte Werke. Bd. 8. Hg. von Anna Freud. Frankfurt/M. 1978, S. 151 f.
Vgl. Otto Rank: Der Mythus von der Geburt des Helden. Versuch einer psychologischen Mythendeutung. (= Schriften zur angewandten Seelenkunde Heft 5). Leipzig, Wien 1922.
Friedrich Wilhelm von Hoven: Lebenserinnerungen. Berlin 1984, S. 10.
Lloyd deMause: Evolution der Kindheit. In: Ders. (Hg.): Hört ihr die Kinder weinen. Eine psychogenetische Geschichte der Kindheit. Frankfurt/M. 1977, S. 12–111, hier S. 62, mit Bezug auf Augustinus.
Theokrit: Die echten Gedichte. Übers. von Emil Staiger. Zürich, Stuttgart 1970, S. 129–136 [Theokr. 24].
Noch Benjamin Hederich: Gründliches mythologisches Lexicon. Hg. von Johann Joachim Schwaben. Leipzig 1770 [Nachdruck: Darmstadt 1967] ordnet sein mythologisches Material zu den Hauptgöttern und Heroen nach diesem biographischen Schema, nur um die beiden Paragraphen »eigentliche Historie« und »anderweitige Deutung« erweitert (vgl. die Eintragungen zu Jupiter, Juno, Ulysses etc.).
[Pseudo-Cicero]: Rhetorica ad C. Herennium. (= The Loeb Classical Library No. 403) Cambridge, London 1981, S. 220 [Rhet. Her. III, 37].
Marcus Tullius Cicero: Über die Ziele des menschlichen Handelns. De finibus bonorum et malorum. Hg. von Olof Gigon und Laila Straume-Zimmermann. München Zürich 1988, S. 312 [fin. V, 2.]: »So groß ist die Kraft der Vergegenwärtigung an solchen Orten, daß man nicht ohne Grund von ihnen die Mnemotechnik abgeleitet hat.«
Vgl. hierzu Martin Warnke: Vier Stichworte: Ikonologie — Pathosformel — Polarität und Ausgleich — Schlagbilder und Bilderfahrzeuge. In: Werner Hofmann, Georg Syamken, Martin Warnke (Hg.): Die Menschenrechte des Auges. Über Aby Warburg. Frankfurt/M. 1980, S. 61–68. Wie die Renaissancemalerei auf Pathosformeln aus der Antike zurückgriff, um leidenschaftliche Zustände und Gesten darzustellen, so zitiert der Autobiograph vorgeprägte literarische Bilder und Sentenzen, um gesteigerte Bewegung beim Leser zu erzeugen.
Isaak Iselin: Über die Geschichte der Menschheit. Basel 1786 [Nachdruck: Hildesheim, New York 1976], S. XXXIIIf., zufolge sind den einzelnen Lebensaltern entsprechende Anlagen zugeordnet. Nach diesem Ordnungsmodell erscheint das Kind von Sinnlichkeit beherrscht, der Jüngling von der Einbildungskraft, der Mann, wenn ihn die Entwicklung bis dahin nicht fehlgeleitet hat, von der Vernunft. Zur Sinnlichkeit des jungen Hufelands vgl. (Anm. 9), S. 32 und Anhang meiner Dissertation (Anm. 35). — Die Verknüpfung von bürgerlicher Kindheit und antikem Pathos findet sich noch in Freuds Konzept des »Ödipus«-Komplexes.
Maurice Halbwachs: Das kollektive Gedächtnis. Frankfurt/M. 1985, S. 35.
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Wöbkemeier, R. (1994). Physiognomische Notlage und Metapher. In: Schings, HJ. (eds) Der ganze Mensch: Anthropologie und Literatur im 18. Jahrhundert. Germanistische Symposien Berichtsbände. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-05560-6_32
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