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Klassisches im Mittelalter Pluralität in der volkssprachigen höfischen Literatur

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Klassik im Vergleich Normativität und Historizität europäischer Klassiken

Part of the book series: Germanistische Symposien ((GERMSYMP))

Zusammenfassung

Klassische Texte können zentrale ästhetische Probleme einer Gesellschaft lösen, die bis dahin ungelöst waren oder sogar unlösbar schienen. Ein Problem der heutigen westlichen Demokratien, die ihrer Programmatik nach Meritokratien sind und sich in einem langfristigen Strukturwandel aus patriarchalischen in postpatriarchalische Gesellschaften transformieren, ist die Entwicklung einer postpatriarchalischen Ästhetik oder Wahrnehmung, die die biologische Geschlechterdifferenz nicht zusätzlich kulturell normiert und frei von hierarchischen Assoziationen imaginiert. Die Wissenschaft steht vor der Aufgabe, Geschlecht als biologische, soziale und kulturelle Kategorie zu begreifen, Theorien, Methoden, Sehraster, Darstellungsschemata zu konstruieren, die die wirkliche Geschichte, die Männer und Frauen gemeinsam erlebt haben, und die komplizierte Wechselwirkung zwischen biologischem Geschlecht, Diskursen über Geschlechterbeziehungen (kulturellem oder symbolischem Geschlecht) und gelebten Geschlechterbeziehungen (sozialem Geschlecht) sichtbar machen. [1] Die Kunst steht vor der Aufgabe, tradierte patriarchalische Mythen, Symbole, Bilder, Erzählschemata, Deutungsschemata in postpatriarchalische Imaginationen zu transformieren. Diese Transformation ist nicht zuletzt deshalb so schwierig, weil die europäischen Literaturen von einer nichtväterlichen, androzentrisch-asketischen Bilderwelt geprägt sind: von den Vorstellungen und Zwangsvorstellungen mittelalterlicher Theologen, die weder Ehemänner noch Väter waren, sondern zu sexueller Askese verpflichtete Junggesellen.

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Anmerkungen

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Liebertz-Grün, U. (1993). Klassisches im Mittelalter Pluralität in der volkssprachigen höfischen Literatur. In: Voßkamp, W. (eds) Klassik im Vergleich Normativität und Historizität europäischer Klassiken. Germanistische Symposien. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-05558-3_8

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