Zusammenfassung
Am 6. Juli 1415 starb der tschechische Reformator Jan Hus den Feuertod auf dem Scheiterhaufen. [1] Die Ereignisse, die zu diesem Ende führten, fanden in Dichtung und Chronistik jener Jahre einen starken Widerhall. [2] Für die deutschen Zeitgenossen hatte Hus, dampnate memorie [3], seine gerechte Strafe empfangen: die tiufel in der hell in haben / bei dem reichen man begraben. [4] Mit ihrer Vermittlung der den Tod des Hus betreffenden Vorgänge stehen die literarischen Zeugnisse im Dienst der öffentlichen Meinung, die sie widerspiegeln und gleichzeitig beeinflussen. Unter ihnen wird man Berichten einen besonderen Stellenwert zuweisen wollen, die das ausdrückliche Ziel verfolgen, eine minuziöse Wiedergabe der Ereignisse zu liefern. Dabei dürfte man den Beiträgen den höchsten dokumentarischen Rang zusprechen, deren Autoren dem Geschehen selbst beiwohnten. Solche Augenzeugenberichte verdanken wir dem Konstanzer Bürger Ulrich von Richental [5] und Hussens Freund Peter von Mladoniowitz. [6] Beide griffen nach vollzogener Hinrichtung zur Feder, um das historische Ereignis dem Gedächtnis der Nachwelt zu überliefern und ihrem Gedenken anheimzugeben.
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Anmerkungen
Andreas von Regensburg: Chronica pontificum et imperatorum Romanorum. In: Andreas von Regensburg: Sämtliche Werke. Hg. von Georg Leidinger. München 1903 [Ndr. Aalen 1969] (Quellen u. Erörterungen zur Bayerischen und Deutschen Geschichte. NF 1), S. 143, 7.
Vgl. M. Kähler: Der sogenannte historische Jesus und der geschichtliche, biblische Christus. Hg. von E. Wolf. München 1953 (Theologische Bücherei. 2), S. 44 und R. Bultmann: Theologie des Neuen Testaments. Tübingen 51965, S. 35. Dabei fallen in dieser Geschichtsquelle und ›Heiligen Schrift‹ des Mladoniowitz, im ›Finale de sancto viro et reverendo Magistro Johanne Hus, zelatore Jesu Christi veritatis, et sua passio, quam humiliter passus est‹ (S. 111–120), historischer Bericht und Glaubenszeugnis zusammen. Es gibt daher keine Möglichkeit, im Passionsbericht des Mladoniowitz zwischen einem historischen Hus und einem ›kerygmatischen‹ Hus zu unterscheiden. Für die Hus-Gemeinde jedenfalls ist das Geschehnis von Konstanz, wie Mladoniowitz es beglaubigt, unteilbar. Zur weiteren Erhellung dieser aufschlußreichen Strukturanalogie zwischen der Christus-Verkündigung des NT und der Hus-›Predigt‹ des Mladoniowitz scheinen aus der einschlägigen theologischen Literatur für unseren Zusammenhang besonders hilfreich die Arbeiten von Hans-Werner Bartsch: Kerygma und Geschichte. Der gegenwärtige Stand der Entmythologisierungsdebatte. Ein kritischer Bericht. Hamburg-Volksdorf 1954 (Theolog. Forschung. 7. Veröffentlichung. Beiheft zu Kerygma und Mythos I–II), S. 51–74 und Gerhard Ebeling: Theologie und Verkündigung. Ein Gespräch mit Rudolf Bultmann. Tübingen 21963 (Hermeneutische Untersuchungen zur Theologie. 1).
Vgl. Wilhelm Faber, Julius Kurth: Wie sah Huss aus? Eine ikonographische Studie auf Grund der Miniaturen des lateinischen Cantionale in Leitmeritz. Mit drei Tafeln in Photogravüre. Berlin 1907; Novotný, S. CXXXIIIf.; Miloslav Bohatec: Schöne Bücher des Mittelalters aus Böhmen. Prag/Hanau a. M. 1970, S. 54 mit Abb. 45–51, 192–200.
Vgl. auch Winfried Baumann: Die Literatur des Mittelalters in Böhmen. München/ Wien 1978 (Veröffentlichungen des Collegium Carolinum. 37), S. 51.
Zit. nach Paul Lehmann: Die Parodie im Mittelalter. Stuttgart 21963, S. 220. Vgl. auch Lehmann, S. 87 f.
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Herkommer, H. (1984). Die Geschichte vom Leiden und Sterben des Jan Hus als Ereignis und Erzählung. In: Grenzmann, L., Stackmann, K. (eds) Literatur und Laienbildung im Spätmittelalter und in der Reformationszeit. Germanistische Symposien Berichtsbände. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-05553-8_13
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