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Wie ist eine exakte Wissenschaft von der Literatur möglich? (2005)

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Zusammenfassung

Im Nachhinein neigen wir alle dazu, in den Mäandern des eigenen Lebens einen gewissen inneren Zusammenhang zu sehen: man entscheidet sich, dies oder jenes zu studieren, diesen oder jenen Beruf zu ergreifen, mit diesem oder jenem Menschen zusammenzusein, und wo die Entscheidung nicht selbst getroffen war, da war es doch oft genug eine höhere Hand, die den Gang der Dinge so gelenkt hat, daß sie eine Ordnung, vielleicht gar eine gewisse Harmonie zeigen: werde, was Du bist. In Wirklichkeit scheint mir das Leben eine Kette von Zufällen; nichts ist ohne Grund, aber alles, oder doch fast alles, hätte auch anders sein können. Als ich im Frühjahr 1965 in Saarbrücken das Studium aufnehmen wollte, lag zwischen Abitur und Ablauf der Immatrikulationsfrist nur ein Tag, wenig Zeit zu reiflicher Überlegung am Kreuzweg. Ich wollte entweder die Philologien studieren, dies aus Liebe zur Literatur, oder Mathematik, dies aus Liebe zur reinsten aller Wissenschaften, zu jener, die man, da am wenigsten von empirischen Beimengungen berührt, die eigentliche Geisteswissenschaft nennen muß. Anders als Buridans Esel hat der Mensch die Möglichkeit, das Los zu werfen, und in meinem Fall hat es für die Literatur gesprochen. So habe ich Germanistik und Romanistik studiert, immer mit dem Hintergedanken, daß sich der Geist der reinen Wissenschaft auch in diesen finden ließe.

Wir wollen die Feinheit und Strenge der Mathematik in alle Wissenschaften hineintragen, soweit es nur irgend möglich ist; nicht im Glauben, daß wir auf diesem Wege die Dinge erkennen werden, sondern um damit unsere menschliche Relation zu den Dingen festzustellen.

(Nietzsche: Die fröhliche Wissenschaft; Abschnitt III, 246)1

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Literatur

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Klein, W. (2015). Wie ist eine exakte Wissenschaft von der Literatur möglich? (2005). In: Von den Werken der Sprache. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-05420-3_14

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-05420-3_14

  • Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart

  • Print ISBN: 978-3-476-02603-3

  • Online ISBN: 978-3-476-05420-3

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