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Zusammenfassung

Der einschlägigen Forschung gilt die Nachkriegsepoche, d.h. die Phase zwischen 1945 und dem Beginn der sechziger Jahre, vor allem mit Blick auf Drama und Theater als »Dürrezeit«.1 Eine ›Stunde Null‹ habe es nicht gegeben, und die Schubläden seien bis auf ›drei Ausnahmen‹2 leer gewesen. Nach den Staatsgründungen scheint insbesondere der Westen von einer »nahezu alle gesellschaftlichen Bereiche betreffenden ›Restauration‹« gelähmt,3 was Jost Hermand noch 1998 zu der These veranlaßt, das DDR-System sei dem Adenauer-Staat vorzuziehen, weil es sich zumindest um die Künstler bemüht habe.4 Demgegenüber feiert man die sechziger Jahre als »Jahrzehnt der Veränderungsbewegungen«5 und schlägt ihnen zum Beweis die »Neo-Avantgarde« der vorangegangenen genen Dekade zu.6 Mitunter begegnet auch der Versuch, vierziger und fünfziger Jahre in ähnlicher Weise zu separieren. Während die frühe Nachkriegszeit gesellschaftskritisch ausgerichtet sei, zielten die fünfziger Jahre auf poetische Derealisierung mit dem Ziel der Vergangenheitsverdrängung.7 In sozialgeschichtlichen Studien wird der Restaurationsbegriff allerdings schon seit Mitte der siebziger Jahre problematisiert, nicht zuletzt angesichts von Fakten, die dem Befund klar widersprechen: u.a. Entideologisierung der politischen Parteien, Aufbrechen des Konfessionalismus im Kirchenbereich, Unterordnung des Militärs unter eine demokratische Machtinstanz, zunehmende Heterogenität der Kultur durch Westbindung. Helmuth Kiesel hat — beginnend mit Hans-Werner Richter und Walter Dirks — Geschichte, Bedeutung und Strategiewert des Restaurationsbegriffs untersucht und dabei herausgearbeitet, daß der Terminus »nicht nur als factum brutum festgestellt, sondern als raffinierter Verblendungsvorgang ausgegeben« wurde, »was zur Folge hatte, daß jemand, der die Restauration bezweifelte, gleich auch gegen sich selber den Verdacht hegen mußte, ein naives Opfer ihrer reformerischen und modernisierenden Augenwischereien zu sein«.

»Es ließe sich fraglos ein umfangreiches wissenschaftliches Werk über die Situation des Dramatikers deutscher Sprache nach dem Kriege abfassen. […] Es ist nicht wahr, daß die Schubkästen leer sind! Es scheint sogar, daß heute viel mehr geschrieben wird als früher. Die meisten Verlage und Bühnenvertriebe können sich nicht retten von Manuskripten!«

(Rolf Italiaander, 1951)

»Manuskripte deutscher Autoren gibt es genug. Sogar ›Zeitstücke‹. Sie stapeln sich in den dramaturgischen Büros der Intendanten und Bühnenverleger. Und legte nicht das künstlerische Verantwortungsbewußtsein der ›geschäftstüchtigen‹ Dramaturgen einen vorsorglichen Damm zwischen diese Manuskript-Flut und die Öffentlichkeit — vielleicht, daß dann manchem der behenden Kritiker doch das voreilige Wort im Halse steckenbliebe.«

(Sabina Lietzmann, 1948)

»Der Mensch hat sein Jenseits, das Abstrakte, aufgehoben. Gut, böse, komisch, ernst, ironisch, unwichtig, wichtig. Keine Wertungen mehr. Nichts schließt vom Abenteuer aus. Seine Erlebnisse sind Reihung, Brüche, Unterschiede, Verhältnisse, Strukturen.«

(Claus Bremer, 1957)

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Anmerkungen

  1. Zuckmayer: Des Teufels General (1942–1945), Weisenborn: Die Illegalen (1946),

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  2. Borchert: Draußen vor der Tür (1947). Vgl. hierzu Kapitel 2 (Der Mythos vom »Schweigen des Dramas«).

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  3. Kortner: Aller Tage Abend (1959), S. 557.

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  4. Drewitz: Wege zur Frauendramatik (1955/56), passim. Vgl. C, 4.1.

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  53. Ionesco: Habe ich Anti-Theater gemacht? (1961), S. 3.

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Schmidt, W.G. (2009). Einleitung. In: Zwischen Antimoderne und Postmoderne. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-05233-9_1

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