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Anthropologie der Langeweile zwischen Kant und Schopenhauer

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Philosophie der Langeweile

Zusammenfassung

Der Aufstieg der Langeweile zum metaphysischen Königsweg war keineswegs selbstverständlich. Es gab andere, privilegierter scheinende Kandidaten, die mit ihr um den Status einer philosophischen Schlüsselstimmung konkurrieren konnten: die Melancholie etwa, aber auch Angst und Verzweiflung. Der Weg der Langeweile zu jenem Platz, den sie im 20. Jahrhundert bei Heidegger oder Cioran einnimmt, ist nicht reich an jähen Wendungen; es ist überwiegend ein Schleichweg. Entscheidend ist oft eher, woran es vorübergeht, als wohin es vorangeht. Vor allem ist nicht durchgehend sicher, wer auf diesem Weg was vorantreibt: die Langeweile ihre metaphysische Explikation oder die Metaphysik eine Explikation der Langeweile. Wichtige Umschlagpunkte bzw. Wendungen markieren solche geistesgeschichtlichen Parallelphänomene wie die Neubewertung der Gefühle und die Ausbildung einer Anthropologie als philosophischer Disziplin im 18. Jahrhundert. Mit letzterem Faktum ist die Langeweile als theoriewürdiges Thema etabliert. Mit ersterem ist jener Umschlag bezeichnet, worin sich das Irritierende und Erklärungsbedürftige zu einem Explanans emanzipiert und sogar intellektuellen Elitestatus verheißen kann. Durch die Formel „Langeweile zwischen Kant und Schopenhauer“ soll zunächst eine grobe Epochenmarkierung genannt sein, zudem aber auch die vielleicht folgenreichsten philosophischen Langeweilesystematiker aus besagter Umbruchsituation.

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Anmerkungen

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Große, J. (2008). Anthropologie der Langeweile zwischen Kant und Schopenhauer. In: Philosophie der Langeweile. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-05231-5_3

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-05231-5_3

  • Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart

  • Print ISBN: 978-3-476-02281-3

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