Zusammenfassung
Unter den musikalischen Gattungen nimmt das Lied speziell im 19. Jahrhundert einen bedeutenden Stellenwert ein. Entbehrte es im ausgehenden 18. Jahrhundert noch weitgehend des Prädikats eines autonomen Kunstwerks, so änderte sich dieser Sachverhalt nicht zuletzt mit den Liedkompositionen Franz Schuberts und Robert Schumanns. Nunmehr erblickte man in diesem kleinen Vokalstück nicht nur eine Möglichkeit geselligen Musizierens, wie dies beispielsweise von den Vertretern der sogenannten ‘Berliner Liederschule’ um Johann Abraham Peter Schulz, Carl Friedrich Zelter oder Johann Friedrich Reichardt idealisiert worden ist. Vielmehr sollte die „musikalische Liedstruktur, die ein Vehikel des Vortrags von Gedichten gewesen war, […] zum ‘Werk’ im emphatischen Sinne des Wortes werden“.2 Dabei wurde diese Gattung — nicht zuletzt aufgrund der vergleichsweise leicht zu realisierenden Aufführungsbedingungen — insbesondere vom aufstrebenden Bildungsbürgertum beansprucht, dessen sich sukzessive entwickelnde Musikkultur in Konzertsaal und Salon zunehmend an Bedeutung gewann. Als Zeichen gesellschaftlicher Reputation bereicherten daher Klavier- und Gesangsunterricht alsbald den Stundenplan der „höheren Töchter“, und Sentiment und Kunstsinn wurden zum Zierat auf der Visitenkarte des Bildungsbürgers. Daß dabei jenes außerordentliche Interesse am gesungenen Lied eng mit der gesteigerten Rezeption von Gedichten verknüpft ist, liegt auf der Hand. Lyrik und ein allgemeiner Sinn für Poesie standen bereits im frühen 19. Jahrhundert hoch im Kurs. Junge Mädchen und Damen der Gesellschaft sammelten Lieder und Gedichte als poetische Pretiosen in Alben, und auch in den Tagesblättern waren Verse vielfach vertreten.
Ihr Lieder! Ihr meine guten Lieder!
Auf, auf! und wappnet Euch!1
This is a preview of subscription content, log in via an institution.
Buying options
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Learn about institutional subscriptionsPreview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Anmerkungen
Carl Dahlhaus: Die Musik des 19. Jahrhunderts, Laaber 1980 (Neues Handbuch der Musikwissenschaft; 6), S. 82.
Vgl. Friedrich Schlegel: Athenäums-Fragmente, Nr. 116, in: Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe, hg. von Ernst Behler unter Mitwirkung von Jean-Jacques Anstett und Hans Eichner, Bd. 1, 2 (Charakteristiken und Kritiken I), München / Paderborn / Wien 1967, S. 182f. Siehe auch Anm. 3 im Schumann-Kapitel dieser Arbeit.
Günter Metzner: Heine in der Musik. Bibliographie der Heine-Vertonungen, Bd. 11, Tutzing 1993, S. 532.
Gertrud Waseem: Das kontrollierte Herz. Die Darstellung der Liebe in Heinrich Heines ‘Buch der Lieder’, Bonn 1976, S. 11.
Christian Höpfner: Romantik und Religion. Heinrich Heines Suche nach Identität, Stuttgart 1997, S. 33.
Jens Malte Fischer: Lieber die Lieder. Heinrich Heine und seine Komponisten (Süddeutsche Zeitung vom 17.2.2006, Nr. 40, S. 17).
Annemarie Eckhoff und Lutz Lesle (Hg.): Dichterliebe. Heinrich Heine im Lied. Ein Verzeichnis de Vertonungen von Gedichten Heinrich Heines zusammengestellt zum 175. Geburtstag des Dichters Hamburg 1972, S. 10.
Rights and permissions
Copyright information
© 2006 Springer-Verlag GmbH Deutschland
About this chapter
Cite this chapter
Gesse-Harm, S. (2006). Einleitung. In: Zwischen Ironie und Sentiment. Heine-Studien. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-05215-5_1
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-05215-5_1
Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
Print ISBN: 978-3-476-02149-6
Online ISBN: 978-3-476-05215-5
eBook Packages: J.B. Metzler Humanities (German Language)