Zusammenfassung
Zwischen Psychoanalyse und Feminismus besteht traditionell ein spannungsgeladenes Verhältnis. Als Theorie der psychosexuellen Sozialisation ist die Psychoanalyse eine der wichtigsten Grundlagenwissenschaften feministischer Theorie, als patriarchalische Wissenschaft eine Zielscheibe ihrer Kritik. Sigmund Freud, der autoritäre ›Vater‹ der Psychoanalyse, galt den Pionierinnen der neuen Frauenbewegung als der »gegenrevolutionäre Brennpunkt der sexualpolitischen Ideologie« (Millett 1982, 235). Aber selbst eine radikale Kritikerin der psychoanalytischen Weiblichkeitstheorie wie Kate Millett kam an der Psychoanalyse nicht vorbei, wenn sie die Werke kanonisierter Autoren als narzißtische Männlichkeitsphantasien entlarven wollte. Erschien Freud aus feministischer Sicht als ein Apologet der herrschenden Gesellschafts- und Geschlechterordnung, so brachte seine Theorie des Unbewußten zugleich die patriarchalische Architektur der abendländischen Kultur ins Wanken, indem sie nicht nur das Verdrängte in dieser Kultur aufdeckte, sondern es als ihr eigentliches Fundament sichtbar werden ließ. Kritische Psychoanalytikerinnen wie Karen Horney, Luce Irigaray oder Christa Rohde-Dachser haben jedoch gezeigt, in welchem Maße die Freudsche Psychoanalyse selbst von jenem patriarchalischen Unbewußten beherrscht ist, dessen Analyse sie überhaupt erst ermöglichte.
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Lindhoff, L. (2003). Feminismus und Psychoanalyse. In: Einführung in die feministische Literaturtheorie. Sammlung Metzler. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-05080-9_2
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-05080-9_2
Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
Print ISBN: 978-3-476-12285-8
Online ISBN: 978-3-476-05080-9
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