Zusammenfassung
Zum literarischen (filmischen etc.) Detektiv wird eine Figur, wenn sie der Spezialist für Verbrechensaufklärung ist oder dafür gehalten wird. Es genügt nicht, wenn jemand überraschend oder überzeugend ein ↗ Verbrechen aufklärt. Zum Detektiv gehört auch mehr als nur die Fähigkeit, seinen gesunden Menschenverstand zu gebrauchen. Zadig, durch den — Haycraft (1974, S. XXVI) und Ellery Queen zufolge — Voltaire (1694–1778) zum »Great Grandfather of the Detective Story« wurde, ist kein Detektiv, auch wenn er Spuren richtig zu lesen und zu deuten versteht. Detektion, die Tätigkeit, die der Verbrechensaufklärung dient, ist mehr als nur natürliche Schlauheit: Detektion setzt methodisches Vorgehen voraus, das in der dargestellten Wirklichkeit für tauglich gehalten wird. Dies schließt nicht nur ein, daß die fiktionalen Detektive Methoden entwickeln, die für die Welt, in der sie leben, neu sind und für die sie daher bewundert werden. Es schließt auch ein, daß die Methoden der literarischen Detektive überhaupt neu sein können, wie etwa der Nachweis von Blut durch Sherlock Holmes (in A Study in Scarlet; die methodische Überlegenheit und das Ingenium der literarischen Detektive gab noch für das BKA in den frühen 1970ern die Begründung ab, daß man sich zu Schulungszwecken in der Bibliothek Detektivromane hielt). Umgekehrt gibt es zwar buchstäblich keine (berufs)qualifizierende Mindestanforderung an literarische Detektive, wohl aber eine Mindestanforderung an die dargestellte Welt. Diese muß so beschaffen sein, daß in ihr Verbrechensaufklärung methodisch betrieben werden kann, was, wie bekannt, auch in fiktionalen mittelalterlichen Klöstern (vgl. Umberto Ecos Welterfolg Der Name der Rose, 1980, oder die Bruder-Caldwell-Romane, von Ellis Peters, geb. 1913) der Fall ist.
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Hügel, HO. (2003). Detektiv. In: Hügel, HO. (eds) Handbuch Populäre Kultur. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-05001-4_28
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