Zusammenfassung
Handkes Schreiben beginnt mit einer Abwehr der sogenannten ‚Beschreibungsliteratur‘. Er will zeigen, „daß die Literatur mit der Sprache gemacht wird, und nicht mit den Dingen, die mit der Sprache beschrieben werden“ (E 29–30). Dem politischen Engagement der Literatur bei Sartre und Brecht, den noch die Journale in einer später gestrichenen Formulierung als Zerstörer der „freien Literatur“ bezeichnen (GW 110), stellt der Autor die poetische wie bewusstseinsverändernde Kraft der verwirrten Sätze Horváthscher Figuren entgegen und die „begriffsauflösende“ und „zukunftsmächtige Kraft des poetischen Denkens“ (W 76), das auf „Verstörung“ setzt. Der Text der Hornissen entwickelt aus einer experimentellen Situation minutiöse Detail- und Situationsbeschreibungen, der Hausierer zitiert Versatzstücke von Kriminalgeschichten, die in der Folge variiert werden. Seine „satzweise Zusammenstellung der wahren Geschichte“ (H 40) lässt keinen zusammenhängenden Text entstehen. Die Angst des Tormanns beim Elfmeter überformt das Sprachexperiment mit einem Psychogramm des Protagonisten. Dessen Wahrnehmungen, die einem Beziehungszwang unterstehen, entfalten eine hieroglyphische Bilderschrift, die ebenso schwer zu dechiffrieren ist wie die asymmetrische Kommunikation des Fußballspiels, in dem die Spieler wechselseitig ihre verdeckten Absichten erkennen müssen.
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Renner, R. (2020). Literarische Selbstbehauptung und Formexperiment: die erzählerischen Anfänge. In: Peter Handke. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-04907-0_2
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Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
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