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Von der Möglichkeit einer Revolution

Bewegliche Figuren in der Kinderliteratur

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Schnittstellen der Kinder- und Jugendmedienforschung

Part of the book series: Studien zu Kinder- und Jugendliteratur und -medien ((SKJM,volume 1))

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Abstract

Starting from the taxonomy of characters introduced by Yuriy M. Lotman in The Structure of the Artistic Text, this article proposes to introduce a subcategory to the category of the so-called „mobile characters“ (i.e. characters who are able to cross the boundary between semantic fields), subdividing them into „hybrid characters“ and „border crossers“ (Grenzgängerfiguren). These types of figures represent disruptive elements within the semantic structure of the texts. Analysis of four types of these characters will show how these character types elicit varying responses and how they possess thus revolutionary potential.

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Notes

  1. 1.

    Wenn ich von ideologischen Strukturen rede, meine ich ideologisch nicht im Sinne eines „falschen Bewusstseins“, sondern im Sinne von Eagletons (vorläufiger) Begriffsbestimmung, nach der ideologische Diskurse durch „ein bestimmtes Verhältnis von empirischen Aussagen und dem, was man grob als ‚Weltanschauung‘ bezeichnet“ geprägt sind, wobei freilich „die Weltanschauung meist das Obergewicht hat“ (Eagleton 1993, 31). Als Ideologie soll hier folglich die Gesamtheit von Werten, Normen und Regeln, die innerhalb einer bestimmten Gruppe gelten und als gegeben wahrgenommen werden, bezeichnet werden. Es geht also um das gemeinschaftlich getragene Weltbild einer Gruppe, das identitätsstiftend ist und in der Regel vehement gegen andere Ideologien verteidigt wird.

  2. 2.

    Kraft versteht unter dem Grenzgänger eine Figur, die „die Grenze nicht nur einmal passiert, um sie damit zu überwinden oder gar zu zerstören. Er wechselt die Seiten vielmehr gleich mehrfach und agiert dabei mehr mit ihr als gegen sie. Paradoxerweise dient seine wiederholte Transgression damit nicht zu ihrer Schwächung oder gar Auflösung, sondern bestätigt sie eher noch.“ (Kraft 2013, 108 f.) Meine Auffassung der Grenzgängerfigur schließt an diese Definition an, verengt sie aber auf einen bestimmten Typus einer solchen Figur.

  3. 3.

    Zum Problem der Genetteschen Terminologie in Bezug auf die narrativen Ebenen siehe Jacobi (2016).

  4. 4.

    Obwohl sich diese metadiegetische Erzählung sozusagen auf derselben Ebene wie die nachfolgende Handlung um Bastian in Phantásien befindet, handelt es sich m. E. doch um eine von dieser getrennten Erzählung, die mit Bastians Ruf „Mondenkind“ (ebd., 190) und dem gleichzeitigen Ende dieses Phantásiens ihren Abschluss findet. Deutlich wird dies, wenn man sich die Adressierung beider Diegesen anschaut: Während die Atréju-Diegese als implizite Leserinnen und Leser sowohl den fiktionalen Leser Bastian als auch die extrafiktionalen impliziten Leserinnen und Leser von Endes Roman aufweisen, fällt bei der Bastian-Diegese jener fiktionale Leser erster Ordnung weg. Die Leere auf dem Dachboden drängt hier die Frage nach dem Leser bzw. der Leserin auf, mit deren variabler Stellung Endes Text spielt.

  5. 5.

    2001 erschien eine Neuauflage des Romans, die um die Erzählung Vivian erweitert war und paratextuell eher an Erwachsene adressiert war (siehe Tchagao 2018, 86). Die folgende Interpretation bezieht sich ausschließlich auf den 1980 erschienenen und an kindliche RezipientInnen adressierten Roman.

  6. 6.

    Hierbei handelt es sich um eine problematische Tendenz im Werk der Autorin, deren „kritiklose Übernahme von Kolonialsprache“ in Nirgendwo in Afrika Eggers 2005 kritisch thematisiert und auch auf die Präsenz „rassifizierte[r] Konstruktionen“ in Zweigs Kinderromanen hinweist (24 ff.). Tchagao verweist auf Zweigs „wiederholtes Aufgreifen kolonialer Topoi, insbesondere über Afrika, […] wie sie seit der Zeit um 1800 verbreitet waren“ in Vivian und Ein Mund voll Erde (88).

  7. 7.

    Turner grenzt hier das von ihm beschriebene Prinzip der Communitas (lat. Gemeinschaft, Allgemeinheit) von dem lateinischen Begriff für eine eher informelle Gemeinschaft oder auch Begleitung, Umgebung (comitatus) ab, wobei sich das Prinzip bzw. der Zustand der Communitas innerhalb jener Gemeinschaft am deutlichsten manifestiert.

  8. 8.

    Zum Klassenaspekt in The Secret Garden vgl. u. a. Phillipps (1993).

  9. 9.

    Vgl. Lotman (1972), 342: „Nach Überwindung der Grenze tritt der Handlungsträger in das ‚Gegenfeld‘ ein. Soll die Bewegung hier zum Stillstand kommen, so muß er in diesem Gegenfeld aufgehen und sich aus einer beweglichen Figur in eine unbewegliche verwandeln. Anderenfalls ist das Sujet nicht abgeschlossen, und die Bewegung geht weiter.“

  10. 10.

    Hier muss notwendigerweise die Rede von sehr allgemeinen Grundtendenzen sein. Derartig allgemeine Äußerungen unterliegen natürlich immer der Gefahr der Beliebigkeit oder der unzulässigen Vereinfachung. Lohnenswert wäre daher die Anwendung des Konzeptes zur Analyse von Teilströmungen oder einzelnen Zeitabschnitten innerhalb der Kinder- und Jugendliteratur. Gerade im diachronen Überblick mag die Untersuchung einzelner Subgenres durch die Betrachtung beweglicher Figuren und ihrer Funktion gewinnen.

  11. 11.

    So definiert Lotman das Sujet als „‚revolutionäres Element‘ im Verhältnis zum ‚Weltbild‘“ (1972, 339).

  12. 12.

    Ein ungewöhnlich plastisches Beispiel ist Robin McKinleys fantastischer Roman Das blaue Schwert (1988; engl. EA The Blue Sword, 1982), in dem sich tatsächlich die Topographie der erzählten Welt verändert und so die Aufhebung der anfänglichen Dualität zwischen deren Bewohnern signalisiert (vgl. Cadden 1997; Stichnothe 2017, 242 f., 267).

  13. 13.

    Diese Überlegungen verdanke ich Philipp Schmerheim und Tobias Kurwinkel, die mir zusammen mit den anderen TeilnehmerInnen des Forschungskolloquiums „Kinder- und Jugendliteratur und -medien“ an der Universität Bremen zu einer früheren Version meines Beitrags wertvolle Hinweise gegeben haben.

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Stichnothe, H. (2019). Von der Möglichkeit einer Revolution. In: Dettmar, U., Roeder, C., Tomkowiak, I. (eds) Schnittstellen der Kinder- und Jugendmedienforschung. Studien zu Kinder- und Jugendliteratur und -medien, vol 1. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-04850-9_13

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