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Karl Löwiths Nietzsche: Der lange Weg der Erlösung vom Erlöser

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Zusammenfassung

Karl Löwith wurde 1897 als Sohn des seinerzeit hoch angesehenen, aus Böhmen stammenden Kunstmalers Wilhelm Löwith in München geboren. Schon als Schüler war er von Nietzsche, insbesondere dem Zarathustra, fasziniert, eine Faszination, die er mit vielen seiner Zeitgenossen teilte und die bei ihm den Grundstein für seine andauernde, lebenslange Beschäftigung mit Nietzsche legte. Löwith zählt, wie Wiebrecht Ries zutreffend schreibt, nicht nur „zu den herausragenden Persönlichkeiten der deutschen Nachkriegsphilosophie“, sondern gilt darüber hinaus als einer der besten Kenner der Philosophie Nietzsches. 1914 meldet er sich als Kriegsfreiwilliger, wird 1915 schwer verwundet und nimmt 1917 sein Studium der Philosophie (und Biologie) an der LMU München bei Moritz Geiger und Alexander Pfänder auf. Seine – unveröffentlichte – Münchener Dissertation von 1923 hat die Auslegung von Nietzsches Selbstinterpretation und von Nietzsches Interpretationen zum Thema. Die Wirren der Münchener Räterepublik vertreiben Löwith 1919 aus München nach Freiburg, wo er bei Edmund Husserl studiert und sich in den Bann von dessen Assistenten Martin Heidegger gezogen fühlt, dem er nach dessen Berufung nach Marburg 1924 dorthin folgt. Mit der Arbeit Das Individuum in der Rolle des Mitmenschen habilitiert sich Löwith 1928 bei Heidegger. Bis 1933 lehrt er in Marburg. Von den Nationalsozialisten als Jude geächtet, findet er in den Jahren 1934–1936 Zuflucht in Rom, wo er unter anderem sein ‚Nietzsche-Buch‘ Nietzsches Philosophie der ewigen Wiederkehr des Gleichen schreibt, das 1935 in Berlin erscheint und in Deutschland, weil querstehend zum Nietzsche-Verständnis der Nationalsozialisten, keine öffentliche Verbreitung findet.

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Notes

  1. 1.

    Ries 1992, 1. Ausführliche Angaben zu Löwiths Biographie finden sich in dieser vorzüglichen Monographie von Wiebrecht Ries, der die vorliegende Kurzdarstellung zu Löwiths Nietzsche-Interpretation vieles, nicht nur Biographisches, verdankt.

  2. 2.

    Gadamer 2012, 236.

  3. 3.

    Ebd., 237.

  4. 4.

    Gadamer 1961, zit. nach Saß 1975, 20.

  5. 5.

    Gadamer 2012, 238.

  6. 6.

    Saß 1975, 5.

  7. 7.

    Den Ausdruck „auf der äußersten Spitze der Modernität“ verwendet Löwith in seinen Schriften häufig. Meist ist die nachidealistische Periode des 19. Jahrhunderts gemeint, in der, nach dem Ende der neuzeitlichen ‚Metaphysik‘ von Descartes bis Hegel, eine neue, vornehmlich von Nietzsche auf den Weg gebrachte Denkweise platzzugreifen begann.

  8. 8.

    Am bekanntesten ist Nietzsches Satz „Der Wille zum System ist ein Mangel an Rechtschaffenheit.“ GD, KSA 6, 63.

  9. 9.

    Zu dieser Unterscheidung vgl. A. U. Sommer, der beide Interpretationsmethoden gegeneinander abwägt und schließlich folgendes Fazit zieht: „‚Nietzsches Denken‘ ist hochgradig instabil und lässt tausend Hintertüren für eine große Zahl von Interpretationen und Adaptionen offen. Es widersetzt sich dem unter Philosophen sonst populären Zwang zu Eindeutigkeit und ist ein Lackmustest für den Stand geistiger Freiheit und geistiger Individualisierung.“ Sommer 2018, 44.

  10. 10.

    FW, KSA 3, 481.

  11. 11.

    GM, KSA 5, 409.

  12. 12.

    Ebd., 399.

  13. 13.

    Skirl 2011, 224 hat bezüglich der Frage, wie sich die Begriffe „ewige Wiederkunft“ und „ewige Wiederkehr“ bei Nietzsche auseinander halten lassen, herausgearbeitet: „Die Wiederkehr kann – im günstigsten Fall – eine (sprachliche) Konsequenz der Wiederkunft sein, – einen Begriff ‚ewige Wiederkehr‘ gibt es weder im Sinne des Gedankens noch der Lehre.“ Skirl nennt einige Nietzsche-Interpreten, die die Begriffe falsch verwenden, u. a. Löwith. Und: „ebenso unrichtig die englische Übersetzung ‚recurrence‘ statt ‚return‘ […]“.

  14. 14.

    FW, KSA 3, 570.

  15. 15.

    EH, KSA 6, 345.

  16. 16.

    N 1881;11[141], KSA 9, 494.

  17. 17.

    Za III, KSA 4, 270.

  18. 18.

    Ebd., 272 f.

  19. 19.

    GM, 24, KSA 5, 336.

  20. 20.

    Skirl 2011, 226 verweist auf eine Nachlass-Notiz Nietzsches von 1883: „Nach der Aussicht auf den Übermenschen auf schauerliche Weise die Lehre der Wiederkunft: Jetzt erträglich!“ (N 15[10], KSA 10, 482).

  21. 21.

    N 1888, KSA 13, 492.

  22. 22.

    EH, KSA 6, 297.

  23. 23.

    Ries 1992, 82.

  24. 24.

    Ebd., 99.

  25. 25.

    Ebd.

  26. 26.

    Ebd., 73.

  27. 27.

    Ebd., 81 f.

  28. 28.

    Ebd., 130 (Herv. K.K.).

  29. 29.

    Habermas 1972, 120.

  30. 30.

    Skirl 2011, 227 nennt es „das Verdienst Karl Löwiths, auf diesen halb vergessenen Aspekt der Wiederkunftslehre aufmerksam gemacht zu haben; N[ietzsche] gehe es gar nicht um eine moralisch ausbeutbare Fiktion, sondern um die Wiedergewinnung einer Welt – dieser Welt, für die die ‚tatsächliche‘ (Löwith) Wiederkehr eine Voraussetzung bilde“. – Lomax 2011, 25: „Löwith’s renown as a path-breaking, seminal Nietzsche-researcher rests above all on his critical distinction between two very different aspects of the eternal recurrence. […] the anthropological side of the eternal recurrence, and […] the cosmological side. Under close examination the two aspects reveal themselves as discordant.“

  31. 31.

    Skirl 2011, 226 bemerkt zutreffend: „Wiederkunftsmoral konnte in den (Neu-)Kantianismus eingebaut werden.“ Unter Rekurs auf Simmel u. a. schreibt er: „Die Umwertung der Wiederkunft hin auf ihre ‚moralische Grundabsicht‘, ihr Dasein als ‚Regulativ‘ ist vollzogen und bald einmal gehört es zum kantianischen Frühsport, die Wiederkunftslehre als Grundlegung zur Metaphysik der Sitten zu gebrauchen, durch den kategorischen Imperativ plafonierbar und domestiziert […]“ (ebd., 227).

  32. 32.

    Ries 1992, 100.

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Konhardt, K. (2019). Karl Löwiths Nietzsche: Der lange Weg der Erlösung vom Erlöser. In: Brock, E., Georg, J. (eds) "- ein Leser, wie ich ihn verdiene". J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-04725-0_6

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