Zusammenfassung
Die sich wandelnden Interpretationen von Alexander von Humboldt weisen eine bemerkenswerte Konstante auf. Seit den 1840er Jahren und bis heute wird die zentrale Rolle Humboldts und seines Werks für die Popularisierung von Wissen betont. Gerade aus Sicht der globalen Wissensgesellschaft erscheint Humboldt als Trendsetter der epochalen Tendenz, Wissen zu demokratisieren. Sie gewann zu Humboldts Lebzeiten an Schwung und wird inzwischen als zentrales Merkmal des »Humboldtian Writing« (Ette 2003, 304–310) gesehen. Insbesondere Humboldts Ansichten der Natur von 1808, neu aufgelegt sowie erweitert 1826 und 1849 (Humboldt 1808, 1826, 1849), seine sogenannten Kosmos-Vorlesungen in der Berliner Singakademie 1827/28, sowie die Publikation der ersten Bände des Kosmos seit 1845 haben zur Humboldts Ruhm als »Ideal eines erfolgreichen Wissenschaftspopularisators« beigetragen (Humboldt 1993, 13).
Die Bedeutung Humboldts für die Geschichte populären Wissens, aber auch ihre Grenzen, entschlüssseln sich allerdings erst im Blick auf die Wechselwirkungen zwischen Wissen, Öffentlichkeit und bürgerlicher Gesellschaft, die sich zu Humboldts Lebzeiten intensivierten (siehe Daum 2002). Humboldts Absichten, seine Wirkung und die zeitgenössischen Ideen von Popularität kamen keineswegs immer zur Deckung. Seine Leistung bestand vor allem darin, dass er Wissen in mehrfacher Hinsicht entgrenzte, als Gegenstand öffentlicher Kommunikation legitimierte und dazu beitrug, es in die expandierende Marktgesellschaft zu integrieren.
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Literatur
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Daum, A.W. (2018). Popularisierung des Wissens. In: Ette, O. (eds) Alexander von Humboldt-Handbuch. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-04522-5_26
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