Zusammenfassung
Die hier vorgelegte Interpretation piaziert die Politische Romantik weder in die Position der großen wissenschaftlichen Innovation (wie Othmar Spann und seine Schule1), noch in die undifferenzierte Position der politisch-ökonomischen Reaktion (wie Georg Lukács,2 partiell in Bemerkungen von Karl Marx bereits angedeutet).3 Ebensowenig aber gehört der Typus Politische Romantik schlechthin zum Typus Konservativismus, wie es sowohl die apologetische Katholizismusforschung (Albrecht Langner)4 als auch die kritische Konservativismusforschung (Karl Mannheim,5 Martin Greiffenhagen)6 zu tun pflegt. Im Anschluß an Ernst Troeltsch 7 und Ernst Behler8 sehe ich in der Politischen Romantik bereits deutliche Elemente der Konservativen Revolution wirksam. Gewiß ging die Politische Romantik ein Bündnis mit der altfeudalen Adelsopposition gegen die Reformen von Stein-Hardenberg ein; gewiß dienten Friedrich Schlegel und Adam Müller der Metternich-Restauration. Dennoch bewahrte sich die Politische Romantik ihre Eigenart. Sie blieb von der Sünde der “Revolution” affiziert, sie blieb — letztlich — von der konservativen Ordnung unbefriedigt und liebäugelte mit der “Gegenrevolution.”9
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Notizen
Othmar Spann, Die Haupttheorien der Volkswirtschaftslehre auf lehrgeschichtlicher Grundlage, 19. Aufl. (1929), S. 88–100. Vor allem aber sind die zahlreichen Arbeiten von Jakob Baxa zu nennen.
Georg Lukács, Fortschritt und Reaktion in der deutschen Literatur (1947), S. 51–69.
Vgl. Ernst Hanisch, Marx, Engels und Österreich: Vom Vormärz bis zur liberalen Epoche, unpubl. Habilitationsschrift (1975), S. 90–92.
Karl Mannheim “Das konservative Denken. Soziologische Beiträge zum Werden des politisch-historischen Denkens in Deutschland,” in Konservativismus, hrsg. Hans-Gerd Schumann, Neue wissenschaftliche Bibliothek, 68 (1974), S. 24–75.
Martin Greiffenhagen, Das Dilemma des Konservatismus in Deutschland (1971).
Ernst Troeltsch, Deutscher Geist und Westeuropa: Gesammelte kulturphilosophische Aufsätze und Reden, hrsg. Hans Baron (1925; Neudruck 1966), S. 14.
Ernst Behler, Friedrich Schlegel, rowohlts monographien 123 (1968), S. 115.
Ernst Hanisch, Konservatives und Revolutionäres Denken: Deutsche Sozialkatholiken und Sozialisten im 19. Jahrhundert, Veröffentlichungen des Instituts für kirchliche Zeitgeschichte am Internationalen Forschungszentrum für Grundfragen der Wissenschaften Salzburg (1975), S. 19–24.
Carl Schmitt, Politische Romantik, 2. Aufl. (1925), S. 54, S. 179.
Golo Mann, Friedrich von Gentz: Geschichte eines europäischen Staatsmannes (1947), S. 91.
Zum Nihilismus der Romantik vgl. Werner Kohlschmidt, “Nihilismus der Romantik,” in Form und Innerlichkeit: Beiträge zur Geschichte und Wirkung der deutschen Klassik und Romantik (1955), S. 157–176.
Manfred Riedel, “Bürgerliche Gesellschaft,” in Geschichtliche Grundbegriffe: Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland (1975), II, 719–800.
Adam Müller, Schriften zur Staatsphilosophie, hrsg. Rudolf Kohler (1923) S. 177.
Vgl. Hans-Ulrich Wehler, Modernisierungstheorie und Geschichte (1975).
Richard H. Tilly, “Wachstumsparadigma und die europäische Industrialisierungsgeschichte,” Geschichte und Gesellschaft, 3 (1977), 93–108.
Karl Heinrich Kaufhold, “Handwerk und Industrie 1800–1850,” in Handbuch der deutschen Wirtschafts- und Sozialgeschichte, hrsg. Hermann Aubin und Wolfgang Zorn (1976), II, 336.
Adam H. Müller, Versuche einer neuen Theorie des Geldes mit besonderer Rücksicht auf Großbritannien, hrsg. Helene Lieser (1816; Neudruck 1922), S. 28.
Adam H. Müller, Die Elemente der Staatskunst, hrsg. von Jakob Baxa (1809; Neudruck 1922), II, 217.
Vgl. Hans Kals, Die soziale Frage in der Romantik (1974), S. 219–266.
Schriften zur Staatsphilosophie, S. 230. Daß diese Kritik nicht isoliert steht, sondern in einer breiten Tradition eingebettet ist, zeigt Reinhard Bendix, “Modernisierung und soziale Ungleichheit,” in Wirtschafts- und sozialgeschichtliche Probleme der frühen Industrialisierung, hrsg. Wolfram Fischer (1968), S. 179–246.
Iring Fetscher, Der Marxismus: Seine Geschichte in Dokumenten (1965), S. 117. Für Leszek Kolakowski ist Marx ein “Erbe der Romantik.” Hauptströmungen des Marxismus, 1, 466.
Karl Marx, Die Frühschriften, hrsg. Siegfried Landshut (1964) S. 361.
Wilhelm Treue, “Adam Smith in Deutschland. Zum Problem des ‘Politischen Professors’ zwischen 1776 und 1810,” in Deutschland und Europa, hrsg. Werner Conze (1951), S. 101–129.
Peter Thal, Zur Stellung des klassischen bürgerlichen Ökonomen Adam Smith in der Geschichte der politischen Ökonomie, ungedruckte Habilitationsschrift (1965), S. 170–252.
Hermann Lehmann, “Zum Einfluß des ‘Wealth of Nations’ auf die Ökonomie des deutschen Bürgertums. Die ökonomischen Auffassungen des Christian Jacob Kraus,” Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte, 2. T. (1976), 109–131.
Daß die deutsche Smithrezeption keineswegs unkritisch geschah, zeigt: Marie-Elisabeth Vopelius, Die altliberalen Ökonomen und die Reformzeit (1968).
Berliner Abendblätter, hrsg. Heinrich von Kleist (Neudruck: 1959).
Reinhold Steig, Heinrich von Kleists Berliner Kämpfe (1901), S. 55–296.
Jakob Baxa, “Der Streit um Adam Smith in den ‘Berliner Abendblättern’ 1810,” Nationalwirtschaft (1928), 762–776.
Hans Medick, Naturzustand und Naturgeschichte der bürgerlichen Gesellschaft: Die Ursprüngederbürgerlichen Sozialtheorie als Geschichtsphilosophie und Sozialwissenschaft bei Samuel Pufendorf, John Locke und Adam Smith, Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft 5 (1973), S. 171–295.
Reinhart Koselleck, Preußen zwischen Reform und Revolution: Allgemeines Landrecht, Verwaltung und soziale Bewegung von 1791–1848, Industrielle Welt 7 (1967), S. 14.
Hans H. Gerth, Bürgerliche Intelligenz um 1800: Zur Soziologie des deutschen Frühliberalismus, Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft 19 (1976).
Adam Müller, “Vorlesung über die deutsche Wissenschaft und Literatur 1806,” in Kritische, ästhetische und philosophische Schriften, hrsg. Walter Schroeder und Werner Siebert (1967), 1, 35.
Etwas apologetisch: Jakob Baxa, Adam Müller: Ein Lebensbild aus den Befreiungskriegen und aus der deutschen Restauration (1930), S. 123–179.
Paul Bairoch, “Die Landwirtschaft und die Industrielle Revolution 1700–1914,” in Die Industrielle Revolution, hrsg. von Carlo M. Cipolla und Knud Borchardt, Europäische Wirtschaftsgeschichte 3 (1976), S. 297–332.
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Wilhelm Steffens, Hardenberg und die ständische Opposition 1810/11 (1907).
Hans Haußherr, Hardenberg: Eine politische Biographie (21965), III, 177–290.
Ernst Klein, Von der Reform zur Restauration: Finanzpolitik und Reformgesetzgebung des preußischen Staatskanzlers Karl August von Hardenberg, Veröffentlichungen der historischen Kommission zu Berlin beim Friedrich-Meinecke-Institut der Freien Universität Berlin 16 (1965).
Hans-Jürgen Puhle, Agrarische Interessenpolitik und preußischer Konservatismus im wilhelminischen Reich (1893–1914): Ein Beitrag zur Analyse des Nationalismus in Deutschland am Beispiel des Bundes der Landwirte und der Deutsch-Konservativen Partei, Schriftenreihe des Forschungsinstituts der Friedrich-Ebert-Stiftung (1966), S. 83–110. Ders., Politische Agrarbewegungen in kapitalistischen Industriegesellschaften: Deutschland, USA und Frankreich im 20. Jahrhundert, Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft 16 (1975), S. 11–68.
Karlheinz Rossbacher, Heimatkunstbewegung und Heimatroman: Zu einer Literatursoziologie der Jahrhundertwende, Literaturwissenschaft-Gesellschaftswissenschaft 13 (1975), S. 105–125.
Hans Rosenberg, “Die Pseudodemokratisierung,” S. 23. Klaus Spies, Gutsherr und Untertan in der Mittelmark Brandenburg zu Beginn der Bauernbefreiung (1972), S. 133.
Henri Brunschwig, Gesellschaft und Romantik in Preußen im 18. Jahrhundert (1975).
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Hanisch, E. (1978). Der “vormoderne” Antikapitalismus der Politischen Romantik Das Beispiel Adam Müller. In: Brinkmann, R. (eds) Romantik in Deutschland. Germanistische Symposien Berichtsbände. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-04397-9_9
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