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Zusammenfassung

Nach dem Niedergang der Sowjetunion und ihrer Satelliten scheint sich auch die alte Frage nach dem Verhältnis von Geist und Macht, oder konkreter, nach der Rolle der Intellektuellen in der Politik in neuem Licht darzustellen. Selbst wenn auch früher kaum jemand sehenden Auges der Ulbrichtschen Formel von der „Versöhnung zwischen Geist und Macht“2 recht Glauben schenken konnte: Die Geschichte der DDR etwa als eines „Staates der Schriftsteller“ wird heute offensichtlicher denn je als eine Geschichte der eingeebneten Widersprüche erkennbar. Offensichtlicher denn je treten auch die Rollen zutage, die die Schriftsteller selbst dabei eingenommen haben: manche als mutige Oppositionelle, etliche als redlich Engagierte, viele als freiwillige, verblendete, mitunter auch freiwillig blinde Eideshelfer, nicht wenige als treuherzig-korrumpierbare oder als privilegierte, opportunistischpragmatische Soldschreiber im Dienste des „Sozialistischen Realismus“ –, wenn nicht gar als „Informelle Mitarbeiter“ des Überwachungsstaates DDR, die Kollegen bespitzelten und Informationen darüber denjenigen zukommen ließen, von denen sie möglicherweise früher oder später selbst „überwacht“ werden sollten.

„Mir persönlich sind Politiker sympathischer, die eine gewisse Schwäche für Lyrik zeigen, als Berufsschriftsteller, die auf dem Felde der Politik dilettieren. Ich glaube, daß die letzteren auch gefährlicher sind.

“Mircea Dinescu, rumänischer Lyriker, maßgeblich beteiligt am Sturz des Ceaugeşcu-Regimes.1

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Notizen

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Ranc, J. (1997). Einleitung. In: Trotzki und die Literaten. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-04273-6_1

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