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Eine andere Medea

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Archaische Moderne
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Zusammenfassung

Die Medea-Tragödie von Euripides ist (neben Seneca) Maßstab, Orientierung und Anregung für die nachkommenden Künstler geblieben. Dabei treibt die Arbeit am Mythos immer auch zur gesellschaftspolitischen Aktualisierung und/oder zur Gestaltung individueller Probleme. Die Faszination, die vom Motiv des schuldlos Schuldigen oder von der als notwendig empfundenen Rache ausgeht, hat die antiken Tragödien lebendig erhalten. Die Namen mythologischer Frauenfiguren — wie Klytämnestra, Elektra, Antigone, Penthesilea und Medea — stehen für eine unauflösbare Spannung zwischen den Geschlechtern, zwischen altem und neuem Gesetz, Tradition und Rebellion. Neue Zugänge in das Material und seine Gestaltung verschaffen seit den 20er Jahren die Medien Film und Fernsehen; experimentelles Theater, Musik und Tanz-Theater haben sich der Wiederauferstehung mythologischer Figurationen gewidmet. Der amerikanische Avantgardist Robert Wilson hat den Medea-Stoff im Video-Film und in der Inszenierung einer Medea-Oper (M. A. Charpentier) visuell verarbeitet. Ein anderes Beispiel für überraschende (mediale) Kombinationen ist Pier Paolo Pasolini, der für seinen Medea-Film (1969) die Hauptrolle der Opemsängerin Maria Callas übergab, die zu dieser Zeit ihrer berühmten Zauberkunst des Gesangs nicht mächtig war.

Trotz aller festen Namen wissen wir nicht, wer wir sind.

Jahnn, Armut, Reichtum, Mensch und Tier

Welchen Mißgriff hat die Natur begangen, als sie ein Wesen bildete, das weder Mann noch Weib ist, und gleichsam wie eine Amphibie zwischen zwei Gattungen schwebt.

Heinrich von Kleist über seine Halbschwester Ulrike, 1808

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Endnoten

  1. Hans Henny Jahnn: Medea. Ein Theaterbuch von Manfred Weber. Köln 1989, S. 169.

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  2. Christoph Wulf: Das Lächeln des Kindes. In: Lachen — Gelächter — Lächeln. Reflexionen in drei Spiegeln. Frankfurt am Main 1986, S. 313.

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  3. Rudolf Kassner: Essays. Leipzig 1923, S. 16.

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  4. Heiner Müller: Geschichten aus der Produktion, S. 111 und 114, Szene: “Medeakommentar”. Fjodor Gladkows Roman “Zement”, Stoff für Müllers Drama, wurde 1927 von Walter Benjamin rezensiert und geschichtsphilossphisch kommentiert. “Allmählich prägt sich, anders als die aufgeklärten Philantropen es erwartet haben (wie für Rußland, so auch für Europa), das wahre Antlitz einer Emanzipation der Frau. Wenn wirklich die Befehls- und Herrschergewalten weiblich werden, dann wandeln sich diese Gewalten, wandelt das Weltalter, wandelt das Weibliche selber sich. Wandelt sich nicht ins vage Menschliche, sondern schickt sich an, ein neues, ein rätselhaftes Antlitz erstehen zu lassen: ein politisches Rätsel, wenn man so will, ein Sphinxgesicht, mit dem verglichen alle Boudoirmysterien verbrauchten Scherzfragen ähnlich sehen. Dieses Gesicht ragt in das Buch hinein.” (Walter Benjamin: Gesammelte Schriften Bd. III. Frankfurt am Main 1972. S. 62)

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  5. Heiner Müller: Herzstück. Berlin 1983. S. 97.

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  6. Walter Muschg: Gespräche mit Hans Henny Jahnn. Frankfurt am Main 1967. S. 75f. und 122f.

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  7. W. Müri: Melancholie und schwarze Galle (1953). Zitiert nach: (VI, 1033).

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Hartmut Böhme Uwe Schweikert

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Schulz, G. (1996). Eine andere Medea. In: Böhme, H., Schweikert, U. (eds) Archaische Moderne. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-04249-1_7

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