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„Es ist ja zum Glück eine Wahrhaft Ungeheure Reise“

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Zusammenfassung

Begriffe wie Erfolg oder Mißerfolg und individueller Freiraum oder gesellschaftlicher Zwang nehmen in der kulturgeschichtlichen Entwicklung der Neuen Welt bis in die jüngste Gegenwart hinein eine zentrale Stellung ein. Sie verweisen unmittelbar zurück auf individualistisch-aufklärerische Traditionen, an die bereits die Verfasser der Unabhängigkeitserklärung mit dem darin für jeden Bürger ohne Unterschied eingeräumten Recht auf the pursuit of happiness direkt anknüpfen. Allein schon auf Grund der Besiedlungsgeschichte ist dieses genuin bürgerliche Subjektverständnis aber im Vergleich zu Europa in der Entwicklung der amerikanischen Gesellschaft weitaus dezidierter auf den leistungsabhängigen Durchsetzungswillen des einzelnen bezogen;2 auf dem zivilisatorisch zu erobernden Kontinent erfährt es sogar noch eine Verstärkung des ihm eigenen Utopiegehalts:

In Amerika war und ist eine derartige Wahrheit stärker als irgendwo sonst in der Welt und in der Geschichte mit einer ständigen Weitererneuerung des Neuen verknüpft -was eine Haltung voraussetzt, die wahrhaft belebend sein kann, aber auch, was den meisten revolutionären Haltungen passiert, zwanghaft werden kann; das heißt hier: Neuerung um ihrer selbst willen.3

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Notizen

  1. Franz Kafka, „Der Aufbruch,“ in: Paul Raabe, (Hg.), Franz Kafka. Sämtliche Erzählungen (Frankfurt: 1984), S. 321: „‚Du hast keinen Eßvorrat mit,‘ sagte er. ‚Ich brauche keinen,‘ sagte ich, ‚die Reise ist so lang, daß ich verhungern muß, wenn ich auf den Weg nichts bekomme. Kein Eßvorrat kann mich retten. Es ist ja zum Glück eine wahrhaft ungeheure Reise.‘“

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  2. Erikson, S.88f. Vgl. dazu auch Peter Boerner, „Utopia in der Neuen Welt: Von europäischen Träumen zum American Dream,“ in: Wilhelm Voßkamp, (Hg.), Utopieforschung. Interdisziplinäre Studien zur neuzeitlichen Utopie, Bd. 2 (Frankfurt: 1985), S. 361 und 362: „Enthielten das Konzept vom Goldenen Land und die in verschiedener Weise religiös oder politisch bestimmten Amerika-Erwartungen bereits […] Elemente utopischen Denkens, so gab es schließlich Projekte, in denen dieses Denken ganz und gar dominierte. Durchweg stammten sie von reform- und fortschrittafreudigen Menschen, die der Meinung waren, der amerikanische Kontinent sei geeignet, ein Versuchsfeld für das beste Dasein abzugeben.“

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  3. Der Begriff American Dream taucht erstmals in den dreißiger Jahren inmitten der Wirtschaftskrise auf und wird von Janes Truslow Adams in seiner Studie The Epic of America (1932) benutzt.

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  4. Vgl. dazu die 1974 in Amerika erschienene Studie von Erik H. Erikson, Dimensionen einer neuen Identität (Frankfurt: 1975), in der er die Frage nach Identität dezidiert auf der Folie der amerikanischen ‚Frontier‘-Mentalität und der Entwicklung Amerikas von Jeffersons agrarischer Utopie zur urbanen Gesellschaft diskutiert.

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  5. Weiss zitiert, S. 59, in diesem Zusammenhang aus dem Buch von Henry A. Wallace, The Century of the Common Man (1943): „Henry A. Wallace correctly identified Alger’s dream as a vision of America ‚not as a nation of propertyless workers but rather an America where all can become members of what has been called the >middle class,< where all can share in the benefits which that class has enyoyed in the past.‘“

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  6. Halmos, S. 119. Vgl. dazu auch Peter F. Drucker, „How to be an Employee,„ Fortune 45 (May 1952), S. 172 und 174: „It is also necessary that you have a meaningful life outside the job […] it is important in this ‚employee society‘ of ours to have a genuine interest outside the job […] It will make you happier […] it will give you resistance against the setbacks and the blows that are the lot of everyone […]“

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  7. Diedrich Diedrichsen, Sexbeat. 1972 bis heute. (Köln: 1985), S. 83.

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  8. „I get the willies when I see closed doors. Even at work, where I an doing so well now, the sight of a closed door is sometimes enough to make me dread that something horrible is happening behind it, something that is going to affect me adversely.“ (Joseph Heller, Something Happened, London: 1988, S. 9.)

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  9. Vgl. Henry James, Hawthorne (London: 1879), S. 43 und 85: „One might enumerate the items of high civilization, as it exists in other countries, which are absent from the texture of American life, until it should become a wonder to know what was left. […] No sovereign, no court, […] no aristocracy, […] no palaces, no castles, […] no Epsom nor Ascot.“ Diesen Zustand empfindet er als um so ausgeprägter noch etwa während Hawthornes frühen Jahren: „[…] In the United States, in those days, there were no great things to look out at […] life was not in the least spectacular.“

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  10. Dale Carnegies Bestseller How to Win Friends and Influence People (1936).

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  11. Dies belegt einmal mehr die durchaus vorhandene thematische und auch strukturelle Ungleichzeitigkeit zwischen der Entwicklung außerliterarischer Diskurse und literarischer Themen. Die Betrachtung der Evolution des Erfolgsdiskurses und der des literarischen Erfolgstopos zeigt, wie die „Korrelierung der Spezial-zeit der literarischen Evolution mit anderen Zeitabläufen im System der kulturellen Kommunikation“ aussehen kann: Vgl. Hans Günther, „Literarische Evolution und Literaturgeschichte,“ in: Bernard Cerquiglini und Hans Ulrich Gumbrecht, (Hg.), Der Diskurs der Literatur- und Sprachhistorie (Frankfurt: 1983), S. 275.

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  12. Vgl. dazu Christopher Laschs Studie, Haven in a Heartless World (New York: 1977), S. 105.

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  13. Vgl. Jürgen Habermas, Die Neue Unübersichtlichkeit (Frankfurt: 1985). Hier insbesondere den Aufsatz, „Die Kulturkritik der Neokonservativen in den USA und in der Bundesrepublik.“

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  14. Vgl. dazu Ulrich Beck und Elisabeth Beck-Gernsheim, Das ganz normale Chaos der Liebe (Frankfurt: 1990), S. 58 und 59: „In der individualisierten Gesellschaft muß der einzelne bei Strafe seiner permanenten Benachteiligung lernen, sich selbst als Handlungszentrum, als Planungsbüro in bezug auf die Möglichkeiten und Zwänge seines Lebenslaufes zu sehen. ‚Gesellschaft‘ muß unter diesen Bedingungen des herzustellenden Lebenslaufes als eine ‚Variable‘ begriffen werden, die individuell gehandhabt werden kann.“

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  15. Vgl. dazu Bernd Rasche, „Die Apathie der Geisteswissenschaften,“ Englisch Amerikanische Studien, 3/4 (1987), S. 357: „Die zukünftige Rolle der Geistes- und Gesellschaftswissenschaften wird wesentlich davon abhängen, inwieweit es ihnen gelingt, ihre Relevanz für den öffentlichen Diskurs neben den Naturwissenschaften deutlich zu machen — gelingt ihnen dies nicht, laufen sie Gefahr, der unbedeutende Luxus für einige wenige Fossilien aus einer humanistischen Tradition […] zu werden.“

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Rasche, B. (1991). „Es ist ja zum Glück eine Wahrhaft Ungeheure Reise“. In: Der Zwang zum Erfolg. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-04163-0_5

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-04163-0_5

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