Zusammenfassung
Vielleicht ist dies bei einem Schriftsteller, der beinahe noch zur Gegenwartsliteratur zählt, nicht anders zu erwarten: es dominiert die persönliche Ebene bei der Darstellung der Beziehungen zu Zeitgenossen, selbst wenn diese Schriftsteller sind. Charakteristisch ist daher, daß in den Ausgaben der Briefwechsel (vgl. L 19 ff.) zugleich die intensivsten Auseinandersetzungen mit den schriftstellerischen Positionen zu finden sind. Dieses Defizit an literarhistorischer Dimension allein der Mann-Forschung anzulasten wäre falsch. So war z. B. geschichtliche Distanz nötig, um unbefangen die Literatur im NS-Reich anzugehen, und wir stehen erst am Anfang eines vollständigen, Exil, innere Emigration und affirmative Literatur einschließenden Bilds der deutschen Literatur in den Jahren nach 1933. Wie sehr persönliche Leidenschaften zudem noch immer die Diskussion färben, mögen zwei Beispiele zeigen. 1978 hat der Regisseur George Tabori, der 1949 an einem Drehbuch für eine »Zauberberg«-Verfilmung mitgearbeitet hat, bei der Greta Garbo mitspielen sollte, aus seinem Leben geplaudert und von einem gemeinsamen Abend in Feuchtwangers Villa in Kalifornien berichtet und als Äußerung Manns auf dem Rückweg festgehalten:
»›Junger Mann‹, sagte er, ›haben sie die Perfektion der Einrichtung bemerkt, die 18 000 ledergebundenen Bücher, alle von ihm nicht nur gelesen, sondern auch verstanden und im Gedächtnis behalten; die abwechslungsreichen Schreibtische, einer, um im Liegen zu schreiben, ein anderer, um sitzend zu schreiben, ein dritter zum Stehen, und die prächtigen Schreibutensilien, die verschiedenen Schreibmaschinen, die Batterie von Federn, Bleistiften, Radiergummis, die erlesene Qualität des Papiers, die raffinierte kleine Nische für die Sekretärin, immer zur Hand, der Blick über den Pazifischen Ozean, der Duft der exotischen Flora, diese riesige, diskrete, immer hilfsbereite Frau, die mich an einen Indianerhäuptling erinnert, und was kommt bei all der Vollkommenheit heraus? Reine Scheiße‹« (L 269).
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Literatur
George Tabori, Unterammergau oder die guten Deutschen. Geschichten aus meinem Leben. In: Theater 1978 (Sonderheft von Theater heute), S. 67 ff.; hier S. 70
Marta Feuchtwanger, Nur eine Frau. Erinnerungen aus neunzig Jahren. Aufgezeichnet und dokumentiert von Reinhart Hoffmeister, München 1983
Vgl. zu dem Sachverhalt: Arnold Bronnen gibt zu Protokoll, Reinbek b. Hamburg 1954, S. 247 ff.; Wilhelm Herzog, Menschen, denen ich begegnete, Bern 1959, S. 275; Leserbrief Hans Waldmüllers in der ›Frankfurter Allgemeinen Zeitung‹ vom 11. August 1982, S. 7
»Ein Brüderschafttrinken mit dem Tod«. Der 87jährige Schriftsteller Ernst Jünger über Geschichte, Politik und die Bundesrepublik. In: Der Spiegel, Nr. 33 vom 16. August 1982, S. 154 ff.; hier S. 158
Herbert Lehnert, Der Taugenichts, der Geist und die Macht: Thomas Mann in der Krise des Bildungsbürgertums. In: L 131, Vorträge, S. 75 ff.
Hans Rudolf Waget, Thomas Mann und die Neuklassik. »Der Tod in Venedig« und Samuel Lublinskis Literaturauffassung. In: Jb. d. dt. Schillergesellschaft 17 (1973), S. 432 ff.
André Banuls, Thomas Mann und sein Bruder Heinrich, »eine repräsentative Gegensätzlichkeit«, Stuttgart u. a. 1968; hier S. 162, 33, 29 f.
Ulrich Dietzel u. Rosemarie Eggert (Hrsg.), Heinrich Mann. Briefe an Ludwig Ewers 1889–1913 (Veröffentlichungen der Akademie der Künste der DDR), Berlin u. Weimar 1980
Norbert Schöll, Vom Bürger zum Untertan. Zum Gesellschaftsbild im bürgerlichen Roman (Literatur in der Gesellschaft, 17), Düsseldorf 1973 [vor allem Fontane und die Brüder Mann]; Nigel Hamilton, The Brothers Mann. The Life of Heinrich and Thomas Mann 1871–1950 and 1875–1955, London 1978; Rolf Schneider, »Mein Bruder«. Die Correspondence zwischen Thomas und Heinrich Mann, 1984
Kurt Meyer, Die Novellen Paul Heyses und Thomas Manns. Eine vergleichende Stiluntersuchung, Diss. Leizpig 1933
Zuletzt: Heiko Hecker, Knut Hamsuns »Siste Kapitel« und Thomas Manns »Der Zauberberg«. In: Edda 80 (1980), H. 4, S. 205 ff.
Eberhard Hilscher, Thomas Mann und Gerhart Hauptmann. In: Sinn und Form, Sonderheft Thomas Mann 1965, S. 278 ff.
Joachim Müller, Hermann Hesse und Thomas Mann — ihr Lebenswerk, ihre Begegnung und ihre Verwandtschaft. In: Universitas 19 (1964), H. 11, S. 1157 ff.
Oswald Brüll, Thomas Mann. Variationen über ein Thema, Wien 1923, S. 129 ff.; vgl. GW X, 406 f.
Endo C. Mason, Thomas Mann und Rilke. In: E. C. Mason, Exzentrische Bahnen. Studien zum Dichterbewußtsein der Neuzeit, Göttingen 1963, S. 250 ff.; Wolfgang F. Michael, Thomas Mann und Rilke. In: Archiv 117 (1965), H. 2, S. 112 ff.; Klaus W. Jonas, Lorbeer und gepfefferte Kritik. Eine Begegnung, die nicht stattfand: Rilke und Thomas Mann. In: Modern Austrian Literature 2 (1969), H. 2, S. 16 ff.
Hans Albert Maier, Stefan George und Thomas Mann. Zwei Formen des dritten Humanismus in kritischem Vergleich, 2. Aufl. Zürich 1947; von der Vorzugslektüre der »Buddenbrooks« durch seinen Vater berichtet Michael Landmann, Erinnerungen an Stefan George. Seine Freundschaft mit Julius und Edith Landmann. In: Castrum Peregrini, H. 141/2 (1980), S. 5 ff.; hier S. 84
GW XII, 103; Georg Lukács, Die Seele und die Formen, Neuwied 1971, S. 84 f.; A. Heller, F. Féher, G. Markus, S. Radnóti, Die Seele und das Leben. Studien zum frühen Lukács, Frankfurt/M. 1977
Georg Lukács, Thomas Mann, 5. Aufl. 1957 (1967 in frz. Sprache); G. L., Briefwechsel 1902–1917, hrsg. von Éva Karádi u. Eva Fekéte, Stuttgart 1982
Judith Marcus-Tar, Thomas Mann und Georg Lukács. Beziehung, Einfluß und »repräsentative Gegensätzlichkeit« (Literatur und Leben, N. F. 24), Köln u. Wien 1982
Kenneth Burke, Thomas Mann and André Gide. In: Charles Neider, The Stature of Thomas Mann, New York 1947, S. 253 ff.
Lilian R. Furst, Thomas Mann’s Interest in James Joyce. In: MLR 64 (1969), Nr. 3, S. 605 ff.
Karl Corino, Robert Musil — Thomas Mann. Ein Dialog, Pfullingen 1971
Robert Musil, Tagebücher, hrsg. von Adolf Frisé, Reinbek b. Hamburg 1976, Bd. I, S. 475
Frederick J. Hoffmann, Kafka und Mann. In: F. J. H., Freudianism and the Literary Mind, Baton Rouge 1945, S. 181 ff.; 2. Aufl. 1957. S. 177 ff.; Jürgen Born, Thomas Mann’s Homage to Franz Kafka. In: Oxford German Studies 7 (1972/73), S. 109 ff.; Hans Mayer, Nachwort zu einem Jubiläum: Thomas Mann oder die Ehre der deutschen Sprache. Im Krankenzimmer verlangte Kafka nach Kleist und Mann. In: Stuttgarter Zeitung, Nr. 211 vom 13. September 1975
Golo Mann, Mein Vater Thomas Mann, Lübeck 1975
Katia Mann, Meine ungeschriebenen Memoiren, hrsg. von Elisabeth Plessen und Michael Mann, Frankfurt/M. 1974; mit verändertem Bildmaterial die Ausgabe für die Deutsche Buchgemeinschaft; Ilse dore B. Jonas, »Ich sah ein kleines Wunder …«. In: Philobiblon 26 (1982), H. 4, S. 318 ff.
Walter A. Berendsohn, Thomas Mann und die Seinen, Bern u. München 1973
Kjell Strömberg, Kleine Geschichte der Zuerkennung des Nobelpreises an Thomas Mann. In: Thomas Mann, Buddenbrooks, Stuttgart u. Zürich 1969, S. 7 ff.; George C. Schoolfield, Thomas Mann und Frederik Böök. In: L 247 Jonas, S. 158 ff.
Upton Sinclair, Thomas Mann. In: U. S., My Lifetime in Letters, Columbia/Miss. 1960, S. 376 ff.
Anthony W. Riley, The Professing Christian and the Ironic Humanist: A comment on the Relationship of Alfred Döblin and Thomas Mann after 1933. In: Michael S. Batts u. M. G. Stankiewicz (Hrsg.), Essays on German Literature in Honour of G. Joyce Hallamore, Toronto 1968, S. 177 ff.
Gabriele Kucher, Thomas Mann und Heimito von Doderer, Nürnberg 1981
Georg Wenzel, Johannes R. Becher und Thomas Mann. Einige Bemerkungen zum Bündnis zwischen sozialistischer und bürgerlich-humanistischer Literatur. In: Johannes R. Becher als sozialistischer Kulturpolitiker, Berlin 1972, S. 143; vgl. den Bd. II von Hans Mayers Autorbiographie (L 64).
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Hansen, V. (1984). Zeitgenossen. In: Thomas Mann. Sammlung Metzler. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03915-6_7
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