Zusammenfassung
Die Frage, was unter französischer Oper bzw. französischem Musiktheater im 20. Jahrhundert eigentlich zu verstehen sei, könnte auf den ersten Blick überflüssig erscheinen und den Verdacht wissenschaftlicher Pedanterie nahelegen, tatsächlich ist sie alles andere als trivial und führt mitten hinein in komplexe historische und ästhetische Zusammenhänge. Gewiß wird man sich schnell darüber verständigen können, daß für die Zuordnung nicht allein und vielleicht nicht einmal in erster Linie die Nationalität des Komponisten ausschlaggebend ist, sondern mindestens im gleichen Maße die Sprache des Werkes und der Ort seiner Uraufführung. Damit freilich eröffnen sich neue definitorische Probleme. So wäre etwa Donizettis La Favorite, 1840 an der Pariser Opéra in französischer Sprache uraufgeführt, ungeachtet ihres italienischen Komponisten der französischen Oper zuzurechnen, obwohl das Werk, da häufiger auf italienisch zu hören als auf französisch, im Bewußtsein der musikinteressierten Öffentlichkeit zumeist als italienische Oper wahrgenommen wird. Poulencs Les Dialogues des Carmélites wiederum rechnet man allgemein der französischen Oper zu, obwohl die Uraufführung 1957 an der Mailänder Scala in italienischer Sprache als Dialoghi delle Carmelitane stattfand. Und wie stünde es mit Prokof evs L’Amour des trois oranges, 1921 im Auditorium Theatre Chicago uraufgeführt: Soll man das Werk als russische (wegen des Komponisten), als französische (wegen des Textes) oder gar als amerikanische Oper (wegen des Uraufführungsorts) verstehen?
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Literaturhinweise
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Döhring, S. (2000). Zwischen Welttheater und Experiment: französisches Musiktheater im 20. Jahrhundert. In: Bermbach, U. (eds) Oper im 20. Jahrhundert. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03796-1_11
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