Zusammenfassung
Innerhalb der Schaffensüberlieferung eines Komponisten nehmen Skizzen, Entwürfe und unvollendet gebliebene Projekte gegenüber dem Bestand abgeschlossener und veröffentlichter Werke eine Sonderrolle ein. Diese triviale Feststellung verdiente keine weitere Reflexion, würde nicht durch die Editionspraxis jene grundlegende Differenz nivelliert: Mit der Etablierung musikwissenschaftlicher Gesamtausgaben emanzipierte sich die in den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts wurzelnde Skizzenforschung1 von einer zunächst die Biographik erhellenden, dann die Werkedition begleitenden Hilfswissenschaft zu einem selbständigen Forschungszweig, der eine eigene Editionspraxis begründete. Unter den derzeit laufenden Gesamtausgaben findet sich kein Projekt, das nicht auch Skizzen und Entwürfe in irgendeiner Form editorisch berücksichtigte.2 Hinzu kommen zahlreiche monographische Skizzenuntersuchungen zu diversen Komponisten, die sich ihrerseits auf Gesamtausgaben auswirken. Vergegenwärtigt man sich, daß eine Skizzenedition — sie besteht im Idealfall aus der Trias Faksimile, Transkription und kritischem Kommentar — in der Regel einen erheblich größeren Aufwand an Arbeitsenergie, Zeit, drucktechnischen Mitteln und mithin höheren Kosten verursacht als eine Werktextedition, so stellt sich die Frage, ob hier nicht die Relation zwischen Entwurf und Werk auf den Kopf gestellt wird, angesichts der die Väter der Musikphilologie, Gustav Nottebohm, Otto Jahn, Wilhelm Rust und Friedrich Chrysander, fassungslos die Häupter geschüttelt hätten.
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Literatur
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Appel, B.R. (1999). Zum Textstatus von Kompositions-Skizzen und -Entwürfen. In: Wagner, G. (eds) Jahrbuch des Staatlichen Instituts für Musikforschung Preußischer Kulturbesitz. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03789-3_11
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