Zusammenfassung
Die Kleist-Forschung der vergangenen Jahre war dank ihrem weiten Ausgriff auf interdisziplinäre, zuletzt auch kulturwissenschaftlich-semiotische Fragestellungen so produktiv, daß sie im Methodischen und Thematischen nur noch geringen Spielraum zu lassen scheint. Wenn in der vorliegenden Abhandlung gleichwohl ein neuer Analyseansatz erprobt wird, dann in der Annahme, daß zu den verbliebenen Desideraten bei Kleist eine Untersuchung des Phänomens und Problems des ›Besitzdenkens‹ gehört.1 In meinem Buch ›Besitzen als besäße man nicht‹2 hatte ich bereits ein Kleist-Kapitel entworfen, das mir dort wichtig gewesen wäre, das aber aus äußeren Gründen entfallen mußte.
Hans Joachim Kreutzer zum 65. Geburtstag
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Notizen
Ulrich Fülleborn, Besitzen als besäße man nicht. Besitzdenken und seine Alternativen in der Literatur, Frankfurt a.M. und Leipzig 1995.
Hans-Jürgen Schrader, Unsägliche Liebesbriefe. Heinrich von Kleist an Wilhelmine von Zenge. In: KJb 1981/82 (1983), S. 86–96.
Vgl. Anthony Stephens, Antizipation als Strukturprinzip im Werk Kleists. In: Schiller-Jahrbuch 42 (1998), S. 195–213.
Vgl. u.a. Claude David, Heinrich von Kleist und das Geheimnis (1924). Wiedergedruckt in: Heinrich von Kleist. Aufsätze und Essays, hg. von Walter Müller-Seidel, Darmstadt 1967, S. 213–229.
— Diethelm Brüggemann, Drei Mystifikationen Heinrich von Kleists. Kleists Würzburger Reise. Kleists Lust-Spiel mit Goethe. Aloysius, Marquis von Montferrat [zu ›Der Findling‹]. New York, Bern und Frankfurt a.M. 1985 (kritisch besprochen von Jürgen Schröder in KJb 1986, S. 235–241).
Ernst Cassirer, Heinrich von Kleist und die Kantische Philosophie. In: Ders., Idee und Gestalt. Berlin 1921 (zuerst 1919).
— Ludwig Muth, Kleist und Kant, Köln 1954 (Ergänzungsheft 68 der Kant-Studien).
Bernhard Greiner stellt im Zusammenhang einer gründlichen neuen Untersuchung zum Problemkomplex ›Kleist und Kant‹ fest, Kleist argumentiere hier »im Sinne eines erkenntnistheoretischen Konstruktivismus, wie er der ›kopernikanischen Wende‹ der ›Kritik der reinen Vernunft‹ entspricht«. Bernhard Greiner, »Die neueste Philosophie in dieses … Land verpflanzen«. Kleists literarische Experimente mit Kant. In: KJb 1998, S. 176–208, hier S. 178.
Hinrich C. Seeba, Der Sündenfall des Verdachts. Identitätskrise und Sprachskepsis in Kleists ›Familie Schroffenstein‹. In: DVjs 44 (1970), S. 64–100.
Der Begriff wird eingeführt im ersten Dialog zwischen Jeronimus und Ottokar und muß sofort für zwei entgegengesetzte subjektive ›Überzeugungen‹ herhalten. Insofern kann man die Kontrahenten als durch ihr je eigenes Rechtsgefühl getäuscht ansehen; vgl. zu dem Problem: Peter Michelsen, Die Betrogenen des Rechtgefühls. Zu Kleists ›Die Familie Schroffenstein‹. In: KJb 1992, S, 64–80. Im übrigen kann es kein verläßliches Rechtsgefühl geben, wenn für den Autor der Zweifel nicht behoben ist, »ob es ein Recht giebt«.
Voll realisiert findet er sich in ›Die Piccolomini‹ V, 3, wo Max trotz schwerwiegender Verdachtsmomente gegen Wallenstein den direkten Weg zu diesem wählt: »Ich will auf kürzerm Weg mir Licht verschaffen (hier die wörtliche Übereinstimmung mit Kleist): […] Ich geh zum Herzog.« In allen vergleichbaren Szenen der früheren Dramen Schillers geht es um solche Vertrauensproben, in denen anfangs der Verdacht noch allzu leicht obsiegt (Karl Moor, Ferdinand), bis im ›Don Carlos‹ die Wende eintritt. Siehe hierzu Adolf Beck, Die Krisis des Menschen im Drama des jungen Schiller (1955). In: Ders., Forschung und Deutung, hg. von Ulrich Fülleborn, Frankfurt a.M. und Bonn 1966, S. 119–166, besonders S. 161–163.
Vgl. auch Hartmut Reinhardt, Rechtsverwirrung und Verdachtspsychologie. Spuren der Schiller-Rezeption bei Heinrich von Kleist. In: KJb 1988/89,
Dem Spruch hat Heinrich Küntzel einen philosophisch und theologisch wichtigen Aufsatz gewidmet: »Mich wundert, daß ich fröhlich bin«. Marginalien zu einem alten Spruch. In: DVjs 61 (1987), S. 399–418, zu Kleist siehe S. 407f.
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Fülleborn, U. (2000). Die Geburt der Tragödie aus dem Scheitern Aller Berechnungen. In: Blamberger, G. (eds) Kleist-Jahrbuch 1999. Kleist-Jahrbuch. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03787-9_17
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