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Ernst Kurth und die Gestaltpsychologie. Oder von der Prägung eines Außenseiters in der deutschsprachigen Musikwissenschaft der 1920er Jahre

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Musikwissenschaft — eine verspätete Disziplin?
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Zusammenfassung

Am 7. Mai 1908 reichte Ernst Kurth beim Dekanat der philosophischen Fakultät der Universität Wien eine Dissertationsschrift zum Stil der Opera seria von Gluck bis Orfeo ein. Die von Guido Adler betreute Arbeit erschien mit zeitlicher Verzögerung im Jahre 1913 im ersten Heft der Studien zur Musikwissenschaft unter leicht geändertem Titel1. Bereits im selben Jahr veröffentlichte Kurth eine Habilitationsschrift Die Voraussetzungen der theoretischen Harmonik und der tonalen Darstellungssysteme, die er 1912 an der Universität Bern eingereicht hatte2. In den zwischen Promotion und Habilitation liegenden Jahren hatte sich Ernst Kurth scheinbar von der universitären Forschung abgewandt und zunächst einem Rat Gustav Mahlers folgend mehrere Stellen als Korrepetitor und Dirigent angenommen3, ehe er im Februar 1911 für wenig mehr als ein Jahr die Nachfolge August Halms als Musiklehrer der Freien Schulgemeinde Wickersdorf in Thüringen antrat.

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Notizen

  1. Vgl. Ernst Kurth, Die Jugendopern Glucks bis Orfeo, in: Studien zur Musikwissenschaft Beihefte der Denkmäler der Tonkunst in Österreich 1 (1913), S. 193–277.

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  2. Vgl. Ernst Kurth, Die Voraussetzungen der theoretischen Harmonik und der tonalen Darstellungssysteme, Bern: Drechsel 1913 (Reprint: München: Katzbichler 1973).

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  3. Vgl. Lee A[llen] Rothfarb, Ernst Kurth as theorist and analyst, Philadelphia: University of Pennsylvania Press 1988, S. 4.

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  4. Ernst Kurth, Die Voraussetzungen der theoretischen Harmonik (Bern, 1913),

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  5. handschriftliche Zusammenfassung, zitiert nach: Kurt von Fischer, Ernst Kurth (1886–1946): Persönlichkeit, Lehrer und Musikdenker, in: Gedenkschrift Ernst Kurth 1886–1946, hrsg. Joseph Willimann (Schweizer Jahrbuch für Musikwissenschaft/Annales Suisses de musicologie, Neue Folge/Nouvelle Série, 6/7 [1986/87]), Bern/Stuttgart: Haupt 1989, S. 11–21; hier S. 16.

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  6. Ernst Kurth, Die Voraussetzungen der theoretischen Harmonik (Bern, 1913), handschriftliche Zusammenfassung, zitiert nach: Kurt von Fischer, Ernst Kurth (1886–1946): Persönlichkeit, Lehrer und Musikdenker, in: Gedenkschrift Ernst Kurth 1886–1946, hrsg. Joseph Willimann (Schweizer Jahrbuch für Musikwissenschaft/Annales Suisses de musicologie, Neue Folge/Nouvelle Série, 6/7 [1986/87]), Bern/Stuttgart: Haupt 1989, S. 11–21; hier S. 16.

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  7. Vgl. Ernst Kurth, Grundlagen des Linearen Kontrapunkts. Einführung in Stil und Technik von Bach’s melodischer Polyphonie, Bern: Drechsel 1917; später unter dem Titel: Grundlagen des Linearen Kontrapunkts. Bachs melodische Polyphonie, Berlin: Hesse 21922, 31927 (Reprint der 3. Auflage: Hildesheim: Olms 1977). Die nachfolgenden Hinweise auf Kurths Grundlagen des Linearen Kontrapunkts beziehen sich in Seitenzahl und Inhalt auf die dritte Auflage von 1927.

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  8. Die Drucklegung der Grundlagen des Linearen Kontrapunkts erfolgte im Jahre 1916; vgl. Ernst Kurth, Zur Stilistik und Theorie des Kontrapunkts. Eine Erwiderung, in: Zeitschrift für Musikwissenschaft 1 (1918/19), S. 176–182; hier S. 181.

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  9. Vgl. Max Wertheimer, Experimentelle Studien über das Sehen von Bewegung, in: Zeitschrift für Psychologie 61 (1912), S. 161–265.

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  11. Vgl. Max Wertheimer, Untersuchungen zur Lehre von Gestalt II., in: Psychologische Forschung 4 (1923), S. 301–350.

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  12. Vgl. das Vorwort, in: Ernst Kurth, Selected writings, hrsg. Lee A[llen] Rothfarb (Cambridge studies in music theory and analysis, 2), Cambridge/New York: Cambridge University Press 1991, S. 20: »Bear in mind that the beginnings and initial development of Gestalt psychology in the early writings of Max Wertheimer, Kurt Koffka, and Wolfgang Köhler are contemporary with Grundlagen (1917) and Romantische Harmonik (1920). Of course in 1920 the major works in Gestalt psychology still lay ahead, and Kurth may have learned of the research only later.«

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  13. Vgl. Ernst Kurth, Zur Motivbildung Bachs. Ein Beitrag zur Stilpsychologie, in: Bach-Jahrbuch 14 (1917), S. 80–136.

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  15. Vgl. Thomas Schacher, 75 Jahre Institut für Musikwissenschaft der Universität Bern. 1921–1996, Bern: Institut für Musikwissenschaft 1996, S. 13.

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  18. Vgl. dazu die Briefe Guido Adlers an Alexius Meinong vom 19. November 1912 und vom 12. September 1919, in: Alexius Meinong und Guido Adler, Eine Freundschaft in Briefen, hrsg. Gabriele Johanna Eder, Amsterdam/Atlanta: Rodopi 1995, S. 242 und 270.

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Schader, L. (2000). Ernst Kurth und die Gestaltpsychologie. Oder von der Prägung eines Außenseiters in der deutschsprachigen Musikwissenschaft der 1920er Jahre. In: Gerhard, A. (eds) Musikwissenschaft — eine verspätete Disziplin?. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03772-5_10

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