Zusammenfassung
Können Worte töten? Ist es denkbar, daß die Vorstellung vom mortifizierenden Blick, den die Ethnologie aus Magie praktizierenden Kulturen und die Psychoanalyse von einigen Formen der Neurose kennt, unter Umständen auf die Sprache, das Wort, übertragen werden kann? In Kleists ›Penthesilea‹ ist dies, wie die Schlußszene des Dramas nahelegt, offenbar möglich. Doch welche Umstände erlauben der Sprache der Protagonistin, ihrem Sprechakt, im entscheidenden Moment eine tödliche Wirksamkeit zu entfalten?
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Anmerkungen
Vgl. Sigmund Freud, Totem und Tabu, Frankfurt a.M. 1969.
Immanuel Kant, Kritik der Urteilskraft, Werkausgabe Bd. X, Frankfurt a.M. 1992, S. 180.
Dem Zusammenhang von Krieg und Sündenfall in Kleists Schriften widmet sich ausführlich Gerhard Neumann (Hg.), Heinrich von Kleist. Kriegsfall — Rechtsfall — Sündenfall, Freiburg i.Br. 1994.
Otto Fenichel, Psychoanalytische Neurosenlehre (1931), Bd. II, übersetzt von Klaus Laer-mann, Olten und Freiburg i.Br. 1975, S. 228.
Sigmund Freud, Triebe und Triebschicksale (1915). In: Ders., Das Ich und das Es. Metapsychologische Schriften, Frankfurt a.M. 1997, S. 80–101, vgl. S. 82f.: »Wir heißen den Triebreiz besser ›Bedürfnis‹; was dieses Bedürfnis aufhebt, ist die ›Befriedigung‹.«
Vgl. René Girard, Das Heilige und die Gewalt, übersetzt von Elisabeth Mainberger-Ruh, Zürich 1987.
Vgl. Georges Bataille, Die Erotik, übersetzt und herausgegeben von Gerd Bergfleth, München 1994.
Carol Jacobs buchstäbliche Lesart des deutschen Begriffs ›Antwort‹ als »anti-word«, also gegen das Wort gerichtetes ›Nicht-Wort‹, wäre hier durchaus treffend. Jacobs bezieht sich jedoch auf Penthesileas Ankündigung, »aus Köchern« eine »Antwort (zu) übersenden«, die in meiner Lektüre, wie schon erläutert wurde, anders verstanden wird. Dazu: Carol Jacobs, The Rhetorics of Feminism. In: Dies., Uncontainable Romanticism. Shelley, Brontë, Kleist, Baltimore and London 1989, S. 85–114, hier S. 94.
Ernest B. Tylor, Primitive Culture, Bd. I, London 1903, S. 477.
Sigmund Freud, Zeitgemäßes über Krieg und Tod (1915), II. In: Ders., Das Unbehagen in der Kultur und andere kulturtheoretische Schriften, Frankfurt a.M. 1997, S. 157.
Vgl. René Girard, Das Ende der Gewalt, Freiburg i.Br. 1983.
Kleists Text gerät in dieser Lesart in unmittelbare Nähe zum Denken Heideggers. Dazu: Martin Heidegger, Einführung in die Metaphysik, Stuttgart 1971, vgl. S. 121: »Nur an einem scheitert alle Gewalt-tätigkeit unmittelbar. Das ist der Tod. Er über-endet alle Vollendung, er über-grenzt alle Grenzen.«
Homer, Odyssee, griechisch-deutsche Neuausgabe von Bruno Snell, hg. von Eduard Schwarz, übersetzt von Johann Heinrich Voss, Augsburg 1994, Gesang XI, Vs. 484–91, S. 162.
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Hansen, B. (1998). Gewaltige Performanz. In: Blamberger, G. (eds) Kleist-Jahrbuch 1998. Kleist-Jahrbuch. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03755-8_6
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