Zusammenfassung
Als der Lieder-Dichter und Reisebilder-Autor in Paris zum politischen Schriftsteller wurde und in die Arena der Zeitkämpfe stieg, eskalierte die Heine-Polemik zum säkularen Streit. Ob der Korrespondent Bilder der Revolution entwarf und die Grundlagen der Moderne untersuchte oder ob der Essayist nach der »sozialen Wichtigkeit« (B III, 514) der deutschen Literatur und Philosophie fragte — immer ging es in erster Linie um Politik, und immer wurde ihm jede sachliche Kompetenz abgesprochen. Länger als ein Jahrhundert wollten ihm seine publizistischen Gegner nicht verzeihen, sich in das eingemischt zu haben, was einen deutschen Dichter eigentlich nichts angeht: Demokratie und Politik.
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Anmerkungen
Das politische Denken Heines haben z. B. untersucht: Giorgio Tonelli: Heinrich Heines politische Philosophie (1830–1845). Hildesheim/New York 1975;
Volkmar Hansen: Johannes der Täufer. Heines bedingter Bonapartismus — Michael Werner: Heine und die französische Revolution von 1848 — Walter Grab: Heine und die Revolution von 1848, alle in: Der späte Heine, hrsg. von Wilhelm Gössmann und Joseph A. Kruse. Hamburg 1982;
Manfred Windfuhr: Zum Verhältnis von Dichtung und Politik bei Heinrich Heine. — In: HJb 24. 1985, S. 103–122;
Walter Grab: Heinrich Heine als politischer Dichter. Frankfurt/M. 1992 (2., erw. Aufl.);
Hans Boldt: Heine im Zusammenhang der politischen Ideen seiner Zeit. — In: Heinrich Heine im Spannungsfeld von Literatur und Wissenschaft, hrsg. von Wilhelm Gössmann und Manfred Windfuhr. Essen 1990, S. 65–80. — Im Unterschied zu diesen Arbeiten hat Bodo Morawe Heines Begriff des Politischen im Ausgang von Machiavelli eingehend diskutiert: List und Gegenlist. Heinrich Heine als politischer Schriftsteller. — In: Euphorion 82. 1988, Bd. 3, S. 281–315. — Interessant wäre zu klären, inwieweit Heine die Dissimulations-These Machiavellis im Kontext des Betrugs- und Täuschungsdenkens rezipieren konnte, z.B. über das breite Echo des Berliner Preisausschreibens von 1779, auf das Hegel eingegangen ist (s.u.).
Günter Oesterle: Integration und Konflikt. Die Prosa Heinrich Heines im Kontext oppositioneller Literatur der Restaurationsepoche. Stuttgart 1972, S. 8–12.
Vgl. Klaus Pabel: Heines ›Reisebilder‹. Ästhetisches Bedürfnis und politisches Interesse am Ende der Kunstperiode. München 1977, S.215–223.
Kurt Lenk hat diese Vorstufe der Aufklärungsphilosophie dokumentiert und in seiner »Problemgeschichtlichen Einleitung« zum Ideologieproblem kommentiert. (Ideologie. Ideologiekritik und Wissenssoziologie, hrsg. von Kurt Lenk. Frankfurt/M. 1984, S. 14–19 und 50–52).
Vgl. Hans Barth: Wahrheit und Ideologie. Frankfurt/M. 1974, S. 32–46.
Umfassende Darstellung: Werner Schneiders: Aufklärung und Vorurteilskritik. Studien zur Geschichte der Vorurteilstheorie. Stuttgart-Bad Cannstatt 1983.
Thomas Hobbes: Leviathan, hrsg. von Iring Fetscher. Frankfurt/M. 1996, S. 92.
Hans-Dieter Metzger: Thomas Hobbes und die Englische Revolution 1640–1660. Stuttgart-Bad Cannstatt 1991, S. 176. Nach Metzger hat Hobbes die Priesterkaste mit dem Vorwurf angegriffen, sie, die Priester, organisierten an den Universitäten den Betrug mit dem Ziel des Machterwerbs.
Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Werke. Redaktion Eva Moldenhauer und Karl Markus Michel. Frankfurt/M. 21989, Bd. 3 (Phänomenologie des Geistes), S. 401.
Friedrich der Große: Der Antimachiavell, hrsg. von Helga Bergmann. Leipzig 1991, S. 59f. — Brief vom 3. April 1770, in: »Est-il utile de tromper le peuple?« [Anm. 15], S. 18: »je ne les [Illusionen] crois pas condamnables, s’ils en imposent au public«.
Nicht weniger aktuell scheint noch diese Bemerkung zu sein: Heines Einsicht in die zwingende Kraft der Ideologie — im Vergleich mit materieller Gewalt — hat den Ansätzen des italienischen Theoretikers Antonio Gramsci entfernt vorgearbeitet. Gramsci hat bekanntlich die vorrangige Rolle ideologischer Herrschaft gegenüber rein repressiver Staatsgewalt thematisiert. Für ihn wird die gesellschaftliche Entwicklung von der ideologischen Hegemonie bestimmt, die von der Beherrschung solcher Einrichtungen wie Presse, Schule, Universität und Kirche abhängt. Davon hat wiederum der französische Philosoph Louis Althusser seine bekannte Konzeption der »ideologischen Staatsapparate« abgeleitet, über die sich die herrschende Ideologie durchgesetzt. Vgl. dazu die Überlegungen von Sungja Park-Hahn: Der zeitkritische Sinn der Tiermetaphorik in Heinrich Heines Versepen und Zeitgedichten. Frankfurt/M. u.a. 1991, S. 43–62.
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Höhn, G. (1999). »Wissenschaft der Freiheit« und jesuitische Falschmünzerei. In: Kruse, J.A., Witte, B., Füllner, K. (eds) Aufklärung und Skepsis. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03751-0_3
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