Zusammenfassung
Wenn in der Erzählung Scherben (aus Paarlauf 1978) die Vertreterin Gisela Geller, von einer Geschäftsreise zurückgekehrt, leichte Veränderungen in der Wohnung bemerkt, einen gewissen »Entfremdungseindruck« empfindet, kurz darauf kleine Glassplitter im Mund fühlt, der Mann ihre aufkommenden Ängste für absurd erklärt, dann hat der Leser so etwas wie ein Grundmuster vieler Geschichten und Kurzszenen der W. vor sich: An alltäglich Zufälligem wird offenbar, wie sich die Partner auseinandergelebt haben, wie sie aneinander vorbeireden und sich über ihre tatsächliche Situation hinwegzumogeln suchen. Man hat der in einem evangelischen Pfarrhaus geborenen und von dessen Milieu wesentlich geprägten Autorin bisweilen vorgehalten, in ihrem umfangreichen Werk — W ist eine der produktivsten Autorinnen der Gegenwart mit bisher zwölf Romanen, u. a. Ernste Absicht, 1970; Schönes Gehege, 1975; Frühherbst in Badenweiler, 1978; Ach wie gut, daß niemand weiß, 1980; mehr als dreihundert(!) Erzählungen, Kurzgeschichten, Skizzen und Szenen (die ersten hat sie noch unter ihrem Mädchennamen Guyot veröffentlicht), dazu zahlreiche Hör- und Fernsehspiele, mehrere Gedichtbände, im lyrischen Duktus der Kurzprosa verwandt, und ihr Schreiben reflektierende essayistische Arbeiten und Werkkommentare — würden die immer gleichen Themen und Motive variiert: Das Leiden in und an der Familie, die Ehe als Beziehungskatastrophe, das Älterwerden als »ein stetiger Seelenselbstmord«, eine Pathologie des Alltagslebens der Gegenwart mithin in satirisch-parodistischer oder grotesk-zynischer Überzeichnung (das sog. »Wohmannisieren«); letztlich aber bleibe eine derartige Demaskierung und Demontage der trügerischen, zumeist bürgerlich-intellektuellen Idyllen gesellschaftlich und politisch folgenlos.
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Literatur
Wagener, Hans: Gabriele Wohmann. Berlin 1986;
Häntzschel, G.: Gabriele Wohmann. München 1982;
Scheuffelen, Thomas (Hrsg.): Materialienbuch Gabriele Wohmann. Darmstadt 1977;
Wellner, Klaus: Leiden an der Familie. Zur sozialpathologischen Rollenanalyse im Werk Gabriele Wohmanns. Stuttgart 1976.
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Hotz, K. (1997). Wohmann, Gabriele. In: Lutz, B. (eds) Metzler Autoren Lexikon. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03720-6_423
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