Skip to main content
  • 75 Accesses

Zusammenfassung

Eduard Meyer (1855–1930) war einer der letzten großen europäischen Universalhistoriker, doch zugleich jemand, der in vielen Einzelbereichen der Alten Geschichte selbst Grundlagenforschung betrieb und der nicht nur eine erstaunliche Produktivität, sondern auch eine außerordentlich breit gefächerte sprachliche und fachliche Kompetenz besaß. Seine (allerdings etwa um 350 v. Chr. abgebrochene) Geschichte der Alten Welt machte den systematischen Versuch, die klassischen Kulturen in ihrer Wechselbeziehung zu den großen orientalischen Reichen zu verstehen, und stellte die Religion ins Zentrum; obwohl sie in vielen Hinsichten wissenschaftlich veraltet ist, kann sie nach wie vor als ein bedeutendes Beispiel der Bemühung um interkulturelles Verständnis gelten.

Dabei zielt Momiglianos Darstellung von Meyers Persönlichkeit und Entwicklung weniger auf die Einzelheiten seiner zahlreichen Publikationen, als auf einen grundsätzlichen Widerspruch, den Momigliano in seinem ganzen Werk festzustellen meint, und zwar den Widerspruch zwischen Meyers universeller Vision der Einheit der Geschichte der gesamten antiken Welt einerseits und dem bigotten Nationalismus andererseits, mit dem er die Zustände im Preußen seiner Zeit verklärte. Gerade dem ironischen Kosmopoliten Momigliano mußte ein solcher Provinzialismus äußerst fragwürdig vorkommen: in die Faszination, die von Meyer unbestreitbar ausgeht, mischt sich offensichtlich bei Momigliano auch ein starker Widerwille. So meint man fast, eine gewisse Schadenfreude bei Momiglianos Spekulationen zu empfinden, daß Meyer — der sich in seinen Arbeiten immer wieder antisemitisch äußerte und offensichtlich systematisch die Griechen und die Deutschen als den Juden und den Römern überlegen ansah — möglicherweise selbst jüdischer Abstammung sei.

Momiglianos Überlegungen leiteten ein 1981 an der Scuola Normale Superiore (Pisa) veranstaltetes Seminar über Meyer ein.*

Eine ausgezeichnete Bibliographie Eduard Meyers, die auch die Rezensionen zu seinen Werken sowie einen biographischen Aufsatz von U. Wilcken enthält, gibt H. Marohl, Eduard Meyer. Bibliographie. Mit einer autobiographischen Skizze Eduard Meyers und der Gedächtnisrede von Ulrich Wilcken, Stuttgart 1941. Die beste Einführung zu Meyer ist K. Christ, Eduard Meyer, in: ders., Von Gibbon zu Rostovtzeff, Darmstadt 1972, 286–333, deren Kenntnis hier vorausgesetzt wird. Unter der älteren Literatur sind wichtig die Nachrufe von W. Otto, Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft 85, 1931, 1–24; V. Ehrenberg, Historische Zeitschrift 43, 1931, 501–511; E. Täubler, Zeitschrift der Savigny-Stiftung, Rom. Abt. 51, 1931, 604–606. Unter der neueren Bibliographie ist zwar auf einen bestimmten Aspekt beschränkt, aber von großer Wichtigkeit H. Liebeschütz, Das Judentum im deutschen Geschichtsbild von Hegel bis Max Weber, Tübingen 1967, 269–301.

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Institutional subscriptions

Preview

Unable to display preview. Download preview PDF.

Unable to display preview. Download preview PDF.

Anmerkungen

Notizen

  • E. Gabba, Cesare e Augusto nell’interpretazione di Eduard Meyer, Rivista Storica Italiana 95, 1982, S. 581–88.

    Google Scholar 

  • L. C. Colognesi, Eduard Meyer e le teorie sull’origine dello stato, Quaderni Fiorentini 13, 1984, S. 451–69.

    Google Scholar 

  • L. C. Colognesi, Max Weber e Eduard Meyer sulla storia romana antica, Bullettino dell’Istituto di Diritto Romano (Milano) 88, 1985, S. 83–101.

    Google Scholar 

  • M. Mazza, Meyer vs. Bücher: Il dibattito sull’economia antica nella storiografia tedesca tra otto e novecento, Società e Storia 29, 1985, S. 508–46.

    Google Scholar 

  • L. Canfora, Die Kritik der bürgerlichen Demokratie durch Eduard Meyer, in: R. W. Müller u. G. Schäfer (Hgg.), »Klassische« Antike und moderne Demokratie — Arthur Rosenberg zwischen alter Geschichte, Politik und politischer Bildung, Göttingen/Zürich 1986, S. 46–58.

    Google Scholar 

  • F. H. Tenbruck, Max Weber und Eduard Meyer, in: W. J. Mommsen u. W. Schwentker (Hgg.), Max Weber und seine Zeitgenossen, Göttingen 1988, 337–379.

    Google Scholar 

  • L. Canfora, Eduard Meyer zwischen Kratippos und Theopomp, Quaderni di storia 27, 1988, S. 93–99.

    Google Scholar 

  • Chr. Hoffmann, Juden und Judentum im Werk deutscher Althistoriker des 19. und 20. Jahrhunderts, Leiden 1988, S. 133–89.

    Google Scholar 

  • I. Stahlmann, Imperator Caesar Augustus. Studien zur Geschichte des Principatsverständnisses in der deutschen Altertumswissenschaft bis 1945, Darmstadt 1988, S. 67–90.

    Google Scholar 

  • G. A. Lehmann, Eduard Meyer, in: Berlinische Lebensbilder, Bd. 4, Berlin 1989, S. 269–85.

    Google Scholar 

  • J. Mansfeld, Greek Philosophy in the Geschichte des Altertums, Elenchos 10, 1989, S. 23–60.

    Google Scholar 

  • G. Audring, Chr. Hoffmann u. J. von Ungern-Sternberg (Hgg.), Eduard Meyer — Victor Ehrenberg. Ein Briefwechsel 1914–1930, Berlin 1990.

    Google Scholar 

  • W. M. Calder III u. a. Demandt (Hgg.), Eduard Meyer. Leben und Leistung eines Universalhistorikers, Leiden 1990.

    Google Scholar 

  • Chr. Hoffmann, Eduard Meyer, in: Briggs u. Calder, wie oben (Kap. 6), S. 264–76.

    Google Scholar 

  • S. Giammuso (Hg.), Eduard Meyer. Storia e antropologia, Neapel 1990.

    Google Scholar 

  • J. Jantsch, Die Entstehung des Christentums bei Adolf von Harnack und Eduard Meyer, Bonn 1990.

    Google Scholar 

  • F. Bertolini, Eduard Meyer, uno storico universale, Quaderni di storia 34, 1991, S. 165–81.

    Google Scholar 

  • Eduard Meyer (1855–1930). Zu Werk und Zeit. Kolloquium Humboldt-Universität Berlin, 5/6. September 1990. in: Wissenschaftliche Zeitschrift der Humboldt-Universität Berlin. Geistes-und sozialwissenschaftliche Reihe 40, 1991.

    Google Scholar 

  • G. Audring (Hg.), Ulrich Wilcken. Briefe an Eduard Meyer 1889–1930. Konstanz 1994.

    Google Scholar 

  • L. Canfora, Politische Philologie, Stuttgart 1995, S. 45ff.

    Google Scholar 

  • G. A. Lehmann, Eduard Meyer, Oswald Spengler und die Epoche des Hellenismus in universalhistorischer Perspektive, Archiv für Kulturgeschichte 77, 1995, S. 165–96.

    Google Scholar 

  • Ampolo, wie oben (Kap. 5).

    Google Scholar 

Notizen

  1. Abgedruckt bei Marohl a.a.O. 9–12.

    Google Scholar 

  2. Liebeschütz a.a.O. 291.

    Google Scholar 

  3. SB Berlin 1904, 1012–1015. Zu Niebuhr als Universalhistoriker s. K. Christ, Römische Geschichte und Universalgeschichte bei B.G. Niebuhr, Saeculum 19, 1968, 172–196.

    Google Scholar 

  4. Biographisches Jahrbuch und deutscher Nekrolog 3, 1897, 86–99, jetzt in: Kleine Schriften, Bd. 1, Halle 1910, 504–524.

    Google Scholar 

  5. M. I. Finley, Ancient Slavery and Modern Ideology, London 1980, 44–49 [dt. München 1981, 38–43].

    Google Scholar 

  6. M. Weber, Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre, Tübingen 1922, 215–290 (von 1906). Über M. Weber und Ed. Meyer s. mein Sesto Contributo, Bd. 1, 1980, 285–293. Zu erwähnen ist, daß Weber zwar die Schwäche mancher Begriffe wie Wirksamkeit, Zufall oder Biographie in ihrer von Meyer definierten Form anmahnte, andererseits aber die Berechtigung der Meyerschen Art von Geschichtsschreibung anerkannte. In seiner Eigenschaft als Historiker wurde Meyer von Weber niemals in Frage gestellt.

    Google Scholar 

  7. Zu Duncker s. neben der Monographie von R. Haym (1891) den Artikel von H. von Petersdorff in Allgemeine Deutsche Biographie, Bd. 48, 171–191. Dunckers Geschichte des Altertums gelangt nicht über die Mitte des 5. Jahrhunderts v. Chr. hinaus.

    Google Scholar 

  8. Als Beispiel für die Ausrichtung eines Neuhistorikers, der Meyer nahestand, ist G. von Below, Die Entstehung der Soziologie, Jena 1928 aufschlußreich.

    Google Scholar 

  9. Von H. Liebeschütz im Kapitel Das Judentum des o. Anm. 1 zitierten Buchs. V. Ehrenberg hat mir vor vielen Jahren eine Kopie des gesamten Textes dieser Briefe gegeben, den ich bis heute aufbewahre.

    Google Scholar 

  10. L. Canfora, Intellettuali in Germania, Bari 1979, 149. Vgl. auch ders., Cultura classica e crisi tedesca, Bari 1977.

    Google Scholar 

  11. Zum Teil in die Kriegszeit gehören auch die Untersuchungen über den Zweiten Punischen Krieg, die in Kleine Schriften, Bd. 2, Halle 1924 zusammengestellt sind. Dort findet sich auch die grundlegende Untersuchung zur Schlacht bei Pydna von 1909.

    Google Scholar 

  12. Deutsche Literaturzeitung 49, 1928, 2489–2494. Es lohnt sich auch zu vergleichen, was Meyer im Jahre 1903 über Mommsen geschrieben hatte, jetzt in: Kleine Schriften, Bd. 1, Halle 1910, 539–549.

    Google Scholar 

Download references

Authors

Editor information

Glenn W. Most

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 2000 Springer-Verlag GmbH Deutschland

About this chapter

Cite this chapter

Momigliano, A. (2000). Vorbemerkungen zu einer Diskussion über Eduard Meyer. In: Most, G.W. (eds) Ausgewählte Schriften zur Geschichte und Geschichtsschreibung. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03684-1_14

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-03684-1_14

  • Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart

  • Print ISBN: 978-3-476-01513-6

  • Online ISBN: 978-3-476-03684-1

  • eBook Packages: J.B. Metzler Humanities (German Language)

Publish with us

Policies and ethics