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»Notre Cimarosa est revenu au monde!« Die Wandlungen der opera seria um 1800

  • Chapter
Europäische Romantik in der Musik
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Zusammenfassung

Am Vorabend von Rossinis Aufbruch nach Paris, im Mai 1824, veröffentlichte Henry Beyle alias Stendhal bei Auguste Boulant et Cie in Paris »La vie de Rossini«. Der Geist des aufklärerischen Opernstreits scheint in dieser Hymne auf den weltumspannenden Genius des kaum dreißigjährigen maestro wiedererwacht; denn Stendhal knüpft seine Bewunderung für Rossinis Musik — und für ihn ist der Aufgang dieses Sterns am Opernhimmel das größte Geschichtsereignis nach dem Tod Napoleons! — an die Wiederherstellung der Herrschaft der Melodie über die Opernbühne, die für ihn mit dem Rang der italienischen Musik identisch ist. Die leidenschaftliche Nachzeichnung von Rossinis biographischen und künstlerischen Anfängen, die zum Teil fiktive Rückerinnerung an die ersten Premierenerfolge, die beschwörende Analyse der Opern, die dem Leser das innere Leben dieser Partituren in der Deutung wachrufen will, kurz, das Engagement des angehenden Romanciers gilt den wunderbaren Anfangsjahren Rossinis. Über die stolze Reihe der für Neapel geschriebenen dramme per musica, aber auch über ein so ehrgeizig mit der bürgerlichen Ästhetik experimentierendes, die Gattungsgrenzen überspringendes Rührstück wie »La Gazza ladra« dagegen spricht sich der Kritiker in so herber Verachtung aus, als sähe er die Kunst durch den gleichen Künstler gefährdet, der als einziger ihr die Rettung bringen konnte. Ein Hymnus als ingrimmiges Pamphlet.1 Die venezianische Uraufführung der ersten, vollgültigen opera seria des jungen Musikers, dessen Erscheinung als Götterliebling Stendhal in den ersten Kapiteln seines Buches bewußt verklärte, wird zum Brennpunkt für die eigene Musikauffassung.

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Anmerkungen

  1. Stendhals Biographie war 1822 unter dem Pseudonym Alceste ein zum Teil noch schärfer polemisierender Aufsatz in der Zeitschrift: »»Paris Monthly Review« und eine (viel später erst veröffentlichte) englische Vorstufe von »Vie de Rossini« vorausgegangen. Im weitesten Sinn gehört auch das 1814 geschriebene Buch: »Vies de Haydn, de Mozart et de Metastase« (1814) — bis heute trotz seiner herausfordernden Thesen in geringem Ansehen, da es als Kompilation gilt — unter die weitverzweigten Vorarbeiten dieses frühen Hauptwerks über Rossini, das im übrigen während des 19. Jahrhunderts immer populär bleiben sollte. Von Stendhals Begeisterung für das Wunder der italienischen Oper zeugen daneben auch seine ersten Schilderungen aus Italien in Aufsätzen und Reisebüchern. Sie steht allenfallls seiner verwandten Begeisterung für die Masken-Komödie nach. Beides genährt durch lange Jahre italienischer Theatererfahrung. Das gibt Stendhals Schilderungen, wie sehr man immer an der Authentizität der Begegnungen und Anekdoten zweifeln mag, den Schilderungen der Umstände und der Musik, den entschiedenen Urteilen über die zeitgenössische Oper, aber auch dem eng aufeinander bezogenen Enthusiasmus für den ganz jungen Musiker aus Pesaro, der mit Cimarosa und Paisiello in eine

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  2. Übergang vom 18. zum 19. Jahrhundert in einem ersten Schritt ganz auf die Erfoschung Simon Mayrs, der wie kein anderer Komponist sowohl diese Wende im Stil seiner Werke dokumentieren konnte als auch das Verhältnis von italienischer Oper und Wiener Klassik im weitesten Sinn. Der Lehrer Gaetano Donizettis hatte zwischen 1798 und 1815 wie kein anderer Musiker die italienischen Bühnen (und zum Teil auch die europäischen) beherrscht, er hatte danach den entschiedensten Einfluß auf Rossini, Pacini und Mercadante, ja bis herauf zum frühen Verdi. In seiner von Hermann Kretzschmar betreuten Marburger Habilitationsschrift von 1906 konzentrierte sich deshalb Schiedermayr ganz auf die Rekonstruktion dieses Beispielfalls. Die beiden Bände über Simon Mayr erschienen aber noch in der Druckfassung als »Beiträge zur Geschichte der Oper um die Wende des 18. Und 19.Jahrh.«, I. und II. Bd.: Simon Mayr (Leipzig 1907 und 1910; ein 3. Teilbd. mit Mayrs Wirkungsgeschichte wurde nicht vollendet, das größere Unterfangen um der Erforschung Mozarts und Beethovens willen aufgegeben) und halten dadurch die Perspektive auf die Wandlungen der Gattung und des Theaterlebens in Italien offen. Die ausführliche Skizze zu dem äußerlich fast ereignislosen Leben des Opernkomponisten, Lehrers, Kirchenmusikers und Musikschriftstellers, der ein Leben lang als Organist in Bergamo gewirkt und alle Berufungen, auch die ehrenvollsten, bescheiden abgelehnt hatte, ist in Schiedermayrs Untersuchung verknüpft mit der erschöpfenden, bis heute mustergültigen Analyse der Werke. Niemand hat in ähnlicher Vollständigkeit die Quellen erschlossen, niemand hat sorgfältiger den riesigen Handschriften-Bestand der Archive ausgewertet — eine Aufgabe, die für die meisten der großen italienischen Opernkomponisten des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts noch nicht einmal im Ansatz geleistet ist. Für die hier eingangs gemachten Bemerkungen über Lebenslauf und Stellung Simon Mayrs stütze ich mich deshalb auf Schiedermayr, vgl. dort S. 17 ff. Nun war Ferdinando Bertoni, der in seinem »Orfeo« von 1776 nicht nur mit Gluck rivalisiert, sondern ihm auch in seiner musikdramatischen Haltung nachgestrebt hatte, der erste venezianische Lehrer Mayrs gewesen, so daß dieser spätestens seit diesem Zeitpunkt um die Auseinandersetzung zwischen italienischem und französischem Geschmack in der hohen Gattung wußte. Aber die frühen Vertonungen von in Paris erfolgreichen Sujets der Ret-

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  3. Über die Entstehungsgeschichte der Oper, deren Komposition von den Böhmischen Ständen mit ausdrücklicher Benennung des Titus-Dramas von Metastasio an den Impresario Guardasoni erteilt worden war, vgl. vor allem Franz Giegling im Vorwort zu seiner Edition von »La clemenza di Tito« in der neuen Mozartausgabe (Bühnenwerke V, Bd. 20, Kassel etc. 1970) und Helga Lühning: »Zur Entstehungsgeschichte von Mozarts Titus«, in: Die Musikforschung 27 (1974), S. 300 ff. Zur Stellung der von Mazzolà und Mozart geschaffenen Oper in der langen Folge der Vertonungen von Metastasios Libretto vgl. die eindringliche Untersuchung von Helga Lühning: »Titus-Vertonungen im 18. Jahrhundert. Untersuchungen zur Tradition der Opera seria von Hasse bis Mozart« (Regensburg 1983), bes. S. 76 ff.

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  4. Daß Lorenzo Da Ponte noch eine Hand mit im Spiel hatte, ist selbst in der für ihn günstigen Konstellation zwischen Librettist und Komponist eher unwahrscheinlich. Der seit 1786 mehrfach in seiner Stellung als Hofkomponist bestätigte Mazzola fand sich jedenfalls zur Uraufführung in Prag ein. Zur Prager Vorgeschichte der Uraufführung vgl. auch die Studien von Paul Netti: »Mozart in Böhmen« (Prag 1938), S. 184 ff. und »Prager Mozartiana«, in: Mitteilungen der Internationalen Stiftung Mozarteum, 9. Jg. (1960), Heft 3 / 4, S. 2 ff.

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  5. Joseph dem Reformer oder Ferdinand dem Naturkind als Monarchen dingfest gemacht wurde. Vor der Folie der französischen Revolution verblassen solche Utopien, verblaßt aber auch die Aufklärung selbst in ihren kühnsten Vertretern! So ist die Wahl des altgewordenen Librettos durch die böhmischen Stände sicher ein Beweis für Nagels Satz: »Die Vorhersehbarkeit des Titus-Charakters birgt pathischen Wiederholungszwang, geprägt unter der Beweislast von Selbstbeherrschung, die Herrschaft unaufhörlich reinigen, von Selbst-entmachtung, die Macht jedesmal widerrufen muß. Eben als Privatmann flüchtet sich der Herrscher ins Zeremoniell: ins Theaterschema der clemenza, die den absoluten Staat nicht mehr begründet, sondern allabentlich bei Lobeschören und Fanfaren zu Grabe trägt.« (Ebd., S. 16.) Aber vor dem Hintergrund der Ereignisse seit 1789 und vor dem Erschrek-ken, das der Tod Josephs II. ausgelöst hatte, mußten sich nicht nur für den neuen Kaiser und die Stände, sondern auch für jeden aufgeklärten Bürger an die Wahl des Sujets beschwörende Hoffnungen knüpften, die durchaus das musikdramatische Interesse auch politisch legitimieren konnten.

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  6. Eine unbillig große Rolle nehmen in diesem Zusammenhang die von Süßmayr komponierten Rezitative ein, die zur Rechtfertigung der Ansicht herhalten müssen, Mozart habe ohne innere Beteiligung, nur dem für seine Karriere unverzichtbaren Hofauftrag zuliebe, Metastasios Huldigungsoper geschrieben. Zu dieser Frage vgl. vor allem Franz Giegling: »Zu den Rezitativen von Mozarts Oper Titus« in: Mozart-Jahrbuch 1967 (Kassel etc. 1968), S. 121 ff. Wie lange Mozart wirklich an der Partitur des »Titus« gearbeitet hat, steht natürlich nicht fest. Franz Xaver Niemetschek scheint der Begründer der Legende zu sein (vgl. in dessen 1798 zuerst publizierter Mozart-Biographie, gedruckt, in der Fassung von 1808, Mozart, Die Dokumente seines Lebens, S. 438), die ihren Ursprung in der zeitüblichen Begeisterung für das Genie, das sich in der kurzen Ausarbeitungszeit seiner Werke dokumentiert, zu haben scheint. Auch Mozart war solchen Vorstellungen nicht unzugänglich. So mag er selbst von den 18 Tagen gesprochen haben, in denen er im wesentlichen die Nummern seiner Krönungsopern niedergeschrieben hatte. Das schließt bei ihm so wenig wie bei Gluck aus, daß vieles vorher schon im Kopf völlig ausgearbeitet war. Auf jeden Fall scheint die Zeitspanne zwischen dem Auftrag durch Guardasoni und der Auf-

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  7. führung des Werks sehr eng bemessen. Keinesfalls lassen sich, wie T. Volek: »Über den Ursprung von Mozarts Oper La Clemenza di Tito« in: Mozartjahrbuch 1959 (Kassel etc. 1960), S. 274 ff. vorschlug, die Hinweise in Mozarts Brief aus Prag vom 10. April 1789 (Briefe und Aufzeichnungen IV, S. 80) auf eine früher für Prag konzipierte opera seria beziehen, aber es bleibt auch fraglich, ob die mit viel besseren Argumenten für das Frühjahr 1791 in Anspruch genommenen Einzelnummern — das Rondo der Vitellia (Nr. 23): »Non più di fiori«, für die Metastasios Arien-Text durch einen Mazzolàs ersetzt wurde und die vielleicht aus einem für Josepha Dussek im April 1791 komponierten Rondo mit obligatem Bassett-Horn hervorgegangen sein könnte, und die von Giegling vermutete Komposition des Einleitungs-Duetts und des Duettino Nr. 3 in den ersten Monaten des Jahres (vgl. dessen Vorwort S. XI) — wirklich dem Hauptgeschäft vorausgegangen sein müssen. Zu eng stehen nach der konzentrierten Sparsamkeit der Grundhaltung und nach der technischen Ausführung diese Nummern bei den andern.

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  8. Vgl. La clemenza di Tito II, 11 (in der Neuen Mozartausgabe, Bühnenwerke V, 20, S. 239 ff., die zugehörige Arie Nr. 20: »Se all’impero, amici Dei«, S. 242 ff.). Im übrigen hat Mazzola den für die Rechtfertigung des Menschenfreundes Titus bei Metastasio unverzichtbaren Monolog des Kaisers (III, 7: »E dove mai s’intese«, vgl. Pietro Metastasio: »Tutte le opere«, hg. Bruno Brunelli, 2Mailand 1953, Bd. 1, S. 742 f.) auf das Nötigste zusammengestrichen, so daß nur die Geste des Zauderns und dann das Zerreißen des Todesurteils übrigblieben. So ist alle Ausdrucksmacht der Musik auf das recitativo accompagnato: »Che orror!, che tradimento!« in II, 8 (op. cit., S. 204 ff.) verwandt und damit in der Tat die rechtlich-politische Thematik hinter dem Akt der Gnade beiseite gewischt. Insofern kann man Metastasio nicht ohne weiteres die politische Sinnentleerung anlasten, die hinter dem Zeremoniell von Mozarts Festoper sich verbirgt. Metastasios berühmte Dichtung wurde für das gleiche Kaiserhaus geschrieben und mit der Musik von Antonio Caldara am 4. November 1734 in Gegenwart des Kaiserpaars zum Namenstag von Karl VI. uraufgeführt. Metastasios knapper Vorspann macht die Zielsetzung unmißverständlich klar. Dort heißt es: »Argomento. Non ha conosciuto l’antichità né migliore né più amato principe di Tito Vespasiano. Le sue virtù lo resero a tutti sì caro, che fu chiamato ›la delizia del genere umano‹. E pure due giovani patrizi, uno de’ quali era suo favorito, cospirarono contro di lui. Scoperta però la congiura, furono dal Senato condannati a morire. Ma il clementissimo Cesare, contento d’averli paternamente ammoniti, concesse loro ed a’ loro complici un generoso perdono.« (Op. cit., S. 695.) Wie in Jean Racines »Bérénice« (1670) wird auch bei Metastasio mit Titus Vespasianus den gewaltigen Heroen der römischen Bürgerkriege — Sulla und Augustus -, die sich aus der Grausamkeit des Parteienhaders zur Großmut aufzuschwingen vermochten, ein ganz anderer Herrschertypus entgegengestellt. Die kargen Berichte bei Sueton und den Autoren der Kaisergeschichte zeigen einen allmächtigen Herrscher, der von Natur aus gerecht und den Menschen wohlgefällig ist. »Or che dirano / I posteri di noi? Diran che in Tito / Si stancò la clemenza, / Come in Siila e in Augusto / La crudeltà.« So meditiert im erwähnten Monolog Titus selbst über das Verhältnis zu seinen Vorgängern, dem blutigen Sulla, der erst nach schrecklichen Verheerungen und Morden zur großen

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  9. Vgl. Carl Maria von Weber: »Sämtliche Schriften«, Kritische Ausgabe, hg. G. Kaiser (Berlin und Leipzig 1908), S. 164, vgl. auch ders.: »Kunstansichten«, hg. K. Laux (Leipzig 1975), S. 162.

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  10. Zur Wirkungsgeschichte der Krönungsoper, die nach mäßigem Anfangserfolg der glänzend ausgestatteten und zum Teil offenbar überragend gesungenen Uraufführung sich in Prag immer größerer Beliebtheit erfreute (bis zur letzten Aufführung am 30. Sepbember, die mit dem Datum der Uraufführung von Mozarts »Zauberflöte« zusammenfiel) vgl. Ludwig Finscher in EMT IV, S. 338 ff., zum Eindringen von Mozarts Musik nach Neapel im besonderen vgl. Friedrich Lippmanns Aufsatz: »Mozart-Aufführungen des frühen Ottocento in Neapel«, in: Analecta Musicologica VII (1969), S. 164 ff. Zum Anteil, den der deutsche Abenteurer Johann Konrad Friedrich (1789–1858) an der ersten Aufführung von Mozarts »Don Giovanni« hatte, vgl. dessen Bericht in dem Erinnerungswerk: »Vierzig Jahre aus dem Leben eines Toten. Hinterlassene Papiere eines französisch-preußischen Offiziers« (3 Bde., Tübingen 1848 f.), von Alfred Semerau neu herausgegeben: »Denkwürdigkeiten« (4 Bde., München 1923), dort III, S. 90 f.

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  11. Das sicher apokryphe Zitat geht auf eine Aufzeichnung des Prager Schriftstellers Gottlieb August Meißner (1753–1807) zurück, vgl. Paul Netti: »Prager Mozartiana«, in: Neues Jahrbuch der Internationalen Stiftung Mozarteum IX (1960), Heft 3 / 4, S. 2 ff.

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  12. Vgl. dazu im Zweiten Buch, Kap.4, Anm. 65 und den dort angeführten Aufsatz von Friedrich Lippmann: »Mozart und Cimarosa« in: Hamburger Jahrbuch für Musikwissenschaft 5 (1981), S. 187 ff., auf den sich auch künftig die Darstellung des Verhältnisses von Chimarosa zu Mozart vor allem beziehen wird. Eine Möglichkeit der Begegnung hätte nur im Herbst 1787 bestanden, als Cimarosa auf der Reise nach St. Petersburg vielleicht einen knappen Monat in Wien sich aufhielt. Vgl. dazu Mary Tibaldi-Cisa: »Cimarosa e il suo tempo« (Milano 1949), S. 194, und Egon Komorzynski: »Mozart und Cimarosa«, in: Österreichische Musikzeitschrift 16 (1961) S. 487.

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  13. der Kaiserstadt eintraf und wohl Mitte 1793 wieder nach Neapel zurückging. Für die Zusammenarbeit mit Joseph Weigl verweist Lippmann (S. 187) auf die maschinenschriftliche Dissertation von Franz Grasberger: »Joseph Weigl (1766–1846). Leben und Werk« (Wien 1938), S. 31 ff.

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  14. Zur Ausbildung der zweiteiligen Rondo-Arie als dem herrschenden Arientypus des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts vgl. ergänzend zu den Ausführungen bei Friedrich Lippmann: »Vincenzo Bellini und die italienische Opera seria seiner Zeit« (in: Analecta musicologica 6, 1969) vor allem den Aufsatz von Helga Lühning: »Die Rondo-Arie im 18. Jahrhundert. Dramatischer Gehalt und musikalischer Bau«, in: Hamburger Jahrbuch für Musikwissenschaft 5 (1981), bes. S. 189 ff. und dazu Stefan Kunze, Mozarts Opern, S. 665.

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  15. Für alle Ausfuhrungen zu Cimarosas Werken in der hohen Gattung, besonders aber für seine in Rußland geschriebenen Werke und für die letzten opere serie stütze ich mich auf Friedrich Lippmanns Abhandlung: »Über Cimarosas Opere Serie«, in: Analecta musicologica 21 (Bericht über das Colloquium: »Die stilistische Entwicklung der italienischen Musik zwischen 1770 und 1830 und ihre Beziehungen zum Norden«, Rom 1978, hg. Fr. Lippmann (Laaber 1982), S. 21 ff. und die dort aufgeführte Literatur. Das verzweigte Netz der Studien und Aufsätze des Verfassers hat zum ersten Mal die Umrisse der Wandlung gezeichnet, die sich um 1800 in der italienischen Seria vollzieht. Zum oben besprochenen Beispiel vgl. op. cit., S. 35 f. Für die Rolle der Italiener in Rußland sei noch einmal auf das umfangreiche Quellenwerk von R. Alois Mooser: »Annales de la musique et des musiciens en Russie au

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  16. Vgl. Friedrich Lippmann: »Giuseppe Sarti: ›Giulio Sabino‹ e ›Alessandro e Timoteo‹« in: Musica e Spettacolo a Parma nel Settecento, Atti del Convegno di Studi, Parma 1979 (Parma 1984), S. 105 ff. und ders. (1992), S. 353 ff.

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  17. allem in den ersten zehn Jahren der Zahl, aber nicht dem Gewicht nach überwiegen. Für die Wiederentdeckung Simon Mayrs nach dem Zweiten Weltkrieg spielt Heinrich Bauer eine wichtige Rolle. Nicht nur als Anreger und Bearbeiter, sondern auch als leidenschaftlicher Biograph mit seiner Broschüre: »Simon Mayr (1763–1845). Meister der italienischen Oper aus der bayerischen Oberpfalz« in: Bavaria Antiqua (München 1974). München wurde im Jahrzehnt nach 1963 zum Mittelpunkt der Bemühungen, Simon Mayr zu neuem Leben zu erwecken: »I commedianti«, eine sehr freie Bearbeitung des im Herbst 1801 am venezianischen Teatro San Luca uraufgeführten Einakters: »I virtuosi« zu einer dreiaktigen opera buffa in deutscher Sprache von Walter Panofsky machte den Anfang. Auf den Schwetzinger Festspielen und im Theater am Gärtnerplatz — der damalige Intendant Arno Assmann war mit Siegfried Goslich die treibende Kraft hinter diesen Bemühungen — wurde diese späte Variante von Calzabigi-Gassmanns »Opera seria« zu einem großen Erfolg. Die konzertante Aufführung der »Medea in Corinto« (uraufgeführt im Herbst 1813 am Teatro S. Carlo in Neapel) unter Robert Heger zum 200. Geburtstag 1963 ging den amerikanischen Aufführungen aus dem Jahr 1969 wegweisend voraus. Die Erstaufführung des Bühnenoratoriums: »Luigi Gonzaga« (1822 geschrieben, im gleichen Jahr wie Rossinis »Moïse«) machte 1974 den Beschluß. Seitdem liegen zu den sehr verbreiteten Abschriften von Mayrs Opern auch Neuausgaben der Partitur und Rundfunk-sowie Platteneinspielungen von einigen Hauptwerken vor. 1990 erschien die Monographie von J. S. Allitt in London, Jürgen Maehder und Sabine Henze-Döhring haben die Artikel in EMT Bd. 4, (s.a.), S. 14 ff. verfaßt.

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  18. Zur Eigenart der jeweiligen Lösung Simon Mayrs vgl. die Ausführungen unter den Stichworten bei Schiedermayr. Eine genauere Nachprüfung dieses Verhältnisses bietet sich derzeit nur im Fall von »L’amor conjugale« an, zu der es eine kritische Ausgabe der Partitur, hg. A. Gazzaniga, im Rahmen der Monumenta Bergomensia (Bergamo 1967) gibt, vgl. ergänzend die Ausführungen des Herausgebers in der Nuova revista musicale italiana 5 (1971), S. 799 ff., sowie Friedrich Lippmanns Beitrag: »Zu Paërs und Mayrs Vertonungen des Leonoren-Stoffes« in der Festschrift für Martin Ruhnke (Neuhausen 1986), S. 219 ff. Es ist nicht damit getan, in

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  19. Vgl. Friedrich Lippmann,: »Tendenzen der italienischen opera seria am Ende des 18. Jahrhunderts — und Mozart« in: Studi Musicali XXI (1992), S. 347 ff.

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  20. »Briefwechsel zwischen Goethe und Zelter in den Jahren 1799–1832«, hg. Edith Zehm, in Goethe: »Sämtliche Werke nach Epochen seines Schaffens« (Münchner Ausgabe), Bd. 20, 1, S. 524. Zelter antwortete dem Freund am 29. Januar noch ausweichend: »Nach der Oper Elena werde ich mich sogleich erkundigen; wenn sie nur nicht mit verbrannt ist!« — beim verheerenden Brand des Schauspielhauses aus dem Vorjahr nämlich -, ergänzt diesen Satz aber einen Brief später am 1. März 1818 mit der Bemerkung: »Die Oper Elena von Mayer ist verbrannt; was schlimmer ist sie ist nicht einmal gekannt, dennoch habe ich Commission gegeben mir wenigstens das verlangte Stück zu schaffen. Es ist doch der bekannte Simon Mayer? Denn den Vornamen hast Du nicht dabei geschrieben und einen Andern Meyer unter den Komponisten kennt hier niemand. — Doch doch

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  21. Goethe bezog sich bei seiner Anfrage auf die zweite Fassung von Stendhals Reisebuch von 1826 (die ursprüngliche Fassung datiert von 1817). Dort hatte der Opernenthusiast unter dem 4. Oktober 1816 vermerkt: »On nous redonne un opéra de Mayer, Elena, qu’on jouait avant La Testa di bronzo. Comme il paraît languissant! — Quels transports au sestetto du seconde acte! Voilà cette musique de nocturne, douce, attendrissante, vraie musique de la mélancolie, que j’ai souvent entendue en Bohême. Ceci est un morceau de génie que le vieux Mayer a gardé depuis sa jeunesse, ou qu’il a pillé quelque part; il a soutenu tout l’opéra. Voilà un peuple né pour le beau: un opéra de deux heures est soutenu par un moment délicieux qui dure à peine six minutes; on vient de cinquante milles de distance pour entendre ce sestetto chanté par Mlle Fabre, Remorini, Bassi, Bonoldi, etc., et, pendant quarante représentations, six minutes font passer sur une heure d’ennui. Il n’y a rien de choquant dans le reste de l’opéra, mais il n’y a rien.« Hier zit. nach Stendhal: »Voyages en Italie«, ed. V. del Litto, Paris 1973, S. 297.), Goethe sandte diesen Auszug aus Stendhals Buch mit anderen Proben über dessen »freie und freche Art und Weise« unter dem 8. März 1818 an den Freund nach Berlin, nur noch halb (»hier etwas über den

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  22. des einstigen Wunderkinds und jetzigen Weltwunders schon den Zeitgenossen ganz deutlich. Fast von seinem ersten Eintreten in die musikalische Szene Italiens an war ihm die Rolle des Erneuerers der italienischen Oper zugemessen, auch wenn er selbst, achselzuckend in den Turbulenzen des Bühnen-Alltags diese Rolle anfangs nur spielerisch zu übernehmen bereit war. Sieht man jedoch genauer auf das kompositorische Verfahren seiner ersten Bühnenstücke, auf die Folge seiner behenden Einakter, erst recht auf das Nebeneinander der in rascher Folge erprobten großen Gattungen — des szenischen Oratoriums: »Ciro in Babilonia, ossia La caduta di Baldassare« (1812 für Ferrara komponiert), des heroischen Melodrams: »Tancredi« (1813 für das La Fenice in Venedig komponiert, dann für Ferrara umgearbeitet) und schließlich des dramma serio: »Aureliano in Palmira« (1813 für die Mailänder Scala komponiert) -, dann erkennt man rasch, wie sicher im Kunsturteil der junge Rossini, darin ebenso Mozart vergleichbar wie in seiner vorgeblichen Handwerks-Genauigkeit des Urteils, seine Partituren zur Tradition in Beziehung setzte. Entgegen einem früh verbreiteten Vorurteil, Rossini habe für jede seiner neuen Opern die älteren ausgeschlachtet, ist der verschwenderische Umgang mit der eigenen Phantasie zugleich von einer untrüglichen Sicherheit in der Funktionsbestimmung jeder melodischen Geste, jedes musikalischen Zusammenhangs geprägt. Zur schrittweisen Entwicklung Rossinis von seinen ersten Stücken bis zum »Guillaume Tell«, so wie sie sich dem Nachdenken des Interpreten derzeit darstellt, vgl. die fast lückenlose Artikel-Folge von Sabine Henze-Döhring und mir in EMT 5, S. 353 ff., dort die Zusammenstellung der wichtigsten Literatur von den Anfängen bis zum Katalog: »Gioacchino Rossini. Mostra storico documentaria«, hg. M. Bucarelli (Perugia 1992).- Die Grundlage der in den letzten beiden Dezennien aufgeblühten Rossini-Forschung bildet noch immer Giuseppe Radiciottis monumentale Biographie: »Gioacchino Rossini. Vita documentata, opere ed influenza su l’arte« (3 Bde., Tivoli 1927 ff.), in der alle damals verfügbaren Quellen, neben den Briefen vor allem die unzähligen Gesprächsnotizen seiner italienischen und französischen Zeitgenossen, ausgewertet und einer großen Vision des Komponisten und seiner Stellung vor der Welt eingegliedert sind. Breiteren Erfolg hatte F. Toye: »Rossini. A Study in Tragycomedy« (London 1934, 21954, Reprint New

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  23. York 1987 unter dem Titel: »Rossini. The Man and His Music«). Unter den späteren Biographien zu dem Komponisten, der unter allen vielleicht der willkommenste Gegenstand für eine Biographie ist, seien hier L. Rognoni: »Rossini« (Parma 1956, 21977), Herbert Weinstock: »Rossini. A Biography« (New York 1968, dt. Adliswil 1981), N. Till: »Rossini. His Life and Times« (Tunbridge Wells-New York 1983), R. Osborne: »Rossini« (London 1986, dt. München 1988) und die Rowohlt-Monographie von Volker Scherliess: »Rossini mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten dargestellt« (Reinbek 1991) hervorgehoben.

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  24. dem Ort, der eine Wiederaufführung einer dieser Opern erlebte, konnte oder mußte die Partitur den Verhältnissen angepaßt werden. War der Komponist anwesend, so sorgte er für diese Änderungen. Aber man kann weder in einem solchen Fall, noch bei mutmaßlichen, nur aus dem jeweiligen Libretto erschließbaren Abweichungen, ganz über das Ausmaß und die Authentizität der Korrekturen sicher sein. Da in Italien bis in den Anfang des 19. Jahrhunderts die Verbreitung durch Kopisten-Handschriften vorherrschte, hat eine verläßliche Ausgabe von Rossinis Werken — und eine solche gab es in Italien während der gesamten Wirkungsdauer Rossinis nicht — diesen ungeheuren Wust der Überlieferung sorgfältig zu sichten, die einzelnen Strata abzuheben und die denkbaren Alternativen des authentischen Textes angemessen zu berücksichtigen. Lange galt das als auswegloses Unterfangen, ehe die jüngere Generation amerikanischer Musikologen, an Bach und dem Barock geschult, sich gemeinsam mit der italienischen Philologie ans Werk machten. Seit 1955 erscheint das »Bollettino del Centro Rossiniano di Studi« in Pesaro (kontinuierlich seit 1967) und gibt, neuerdings in Verbindung mit dem Rossini gewidmeten Festival, diesen Bemühungen einen sicheren Rahmen. 1968 erschien der erste Aufsatz von Philip Gossett: »Rossini and Authenticity«, in: The Musical Times CIX, S. 1006 ff., wenig später ergänzt durch ders.: »Gioacchino Rossini and the Conventions of Composition«, in: Acta Musicologica XIII (1970), S. 48 ff., beides Publikationen aus den Vorarbeiten zu seiner bahnbrechenden Dissertation an der Princeton University: »The Operas of Rossini: Problems of Textual Criticism in Nineteenth Century Opera« (Ann Arbor, Michigan 1971), die für vierzehn Opern Rossinis (von »L’inganno felice« bis zu »Guillaume Tell«) die Textverhältnisse klarlegte. (Veröffentlicht wurde von der zweiteilig angelegten Arbeit zunächst nur der philologische erste Teil, der aber die Umrisse des ganzen mindestens ahnen läßt.) Erst diese Pionierarbeit machte das Wunder der jetzt erscheinenden Kritischen Gesamtausgabe Rossinis, für die Gossett und Alberto Zedda als Hauptherausgeber zeichnen, bei Ricordi möglich (Mailand 1974 ff.) Allerdings existieren davon unabhängig von den bekannteren Werken inzwischen brauchbare Aufführungsmaterialien und Klavierauszüge. Noch vor Gossett hatte Marvin H. Tartak in Berkeley mit einer ebenfalls quellenkritisch arbeitenden Untersuchung über die Libretti

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  25. und die Musik der komischen Opern promoviert: »The Italian Comic Operas of Rossini« (Ann Arbor, Michigan 1969).

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  26. Zum tragischen Ausgang, den Rossini aus eigenem Entschluß seiner für Ferrara geschriebenen Fassung beigab, vgl. Philip Gossett: »The Tragic Finale of Tancredi«, in: Bollettino del Centro Rossiniano di Studi (Pesaro 1977).

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Dahlhaus, C., Miller, N. (1999). »Notre Cimarosa est revenu au monde!« Die Wandlungen der opera seria um 1800. In: Europäische Romantik in der Musik. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03636-0_16

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