Zwei Tübinger Ausgaben des Württembergischen Gesangbuchs von 1631 und 1629

Zusammenfassung

Bei der Suche nach Gesangbüchern in württembergischen Pfarrbibliotheken und -archiven² fällt auf, daß die Folioausgaben ab 1595/96 bis 1750 relativ häufig zu finden sind, und daß sie sich auch in einem ordentlichen Zustand erhalten haben. Die Oktavausgaben dagegen besitzen Seltenheitswert. Martin Rößler muß schon in seiner grundlegenden Darstellung des alten Württembergischen Gesangbuchs feststellen, daß die erste Oktavausgabe von 1583 verschollen ist; der Nachdruck von 1591 kam nur dadurch auf uns, indem er, angebunden an eine Kirchenordnung, im Archiv geschlummert hat.³ Die folgenden feststellbaren Oktavausgaben von 1608 und 1611 sind bislang in keiner württembergischen Sammlung nachgewiesen; Rößler mußte sie außer Landes einsehen.⁴ Für die folgende Zeit erwähnt er noch Vorschläge (1616) und neue Versuche (1630, 1631 und 1633)⁵, allerdings ohne Fundstellen-Hinweise. Als […] nach unserer Kenntnis 1655 eine Neuauflage erschien, war eine neue Epoche der Orthodoxie angebrochen.⁶ Die Ursache für diese äußerst dürftige Quellenlage dürfte darin zu suchen sein, daß — abgesehen von den Verlusten durch Kriegseinwirkungen (Dreißigjähriger Krieg) — die Großgesangbücher (Folioausgaben) vom Kantor benützt wurden; sie wurden auf ein Notenpult gelegt und dabei wesentlich weniger abgenützt als die Oktavgesangbücher, die in der Hand gehalten wurden; in letzteren wurde mehr geblättert als in der Großausgabe, sie hatten ihren Platz nicht allein in der Kirche, sondern auch in der Studierstube des Pfarrers und waren somit tagaus tagein in Benützung.

Gesangbuch-Corpus der Evangelischen Landeskirche in Württemberg 1995 (Abk. GCW): <1631-040> (Provenienz: Evangelisches Pfarramt Jesingen) und <1629-501> (Provenienz: Bibliothek des Evangelischen Oberkirchenrats Stuttgart).