Zusammenfassung
Da es eine unverstellte Wiedergabe von Wirklichkeit im Film nicht gibt, unterliegt die reproduzierte Realität technischen Manipulationen, die jede für sich als eine Art ›Interpretation‹ verstanden werden können, als eine Deutung von Realität also, die durch die Wahl des Realitätsausschnitts, die gewählte Einstellungs- und Aufhahmegröße oder die Konfigurierung des gewählten Ausschnitts mit anderen Bildsegmenten bestimmt wird und auf diesem Weg unser Auge bestimmt. Es geht dabei nicht mehr — wie noch in der Landschaftsmalerei des 18. oder in der Dramatik des 19. Jahrhunderts — um die Realisierung eines mimetischen Impulses mittels einer entwickelten ästhetischen Formensprache, sondern die Techniken der Fotografie und des Films organisieren ihrerseits Bild und Ton auf eine Weise, die dem künstlerischen Zugriff aufs Material vorgelagert ist. Brennweite und Tiefenwahrnehmung, Perspektive und Perspektivenverzerrung, Schärfe der Einstellung und Belichtungszeit bilden in Fotografie und Film das Arsenal der Basistechniken, die auf unser Auge wirken. »Unsere Wahrnehmungsfähigkeit«, so Klaus Modick, »wird umgebaut, weil und indem wir die Welt umbauen. Früh zeigte sich das, wenn einen der Blick auf Landschaft plötzlich eher an eine bestimmte Kameraeinstellung in einem gesehenen Film denn an gelebte Erfahrung erinnerte, Bewegungen und Gesichter von Menschen eher Ähnlichkeiten mit der zweiten Wirklichkeit aufwiesen als mit Personen, die unseren Lebensweg kreuzten.« (Modick 1990, S. 298).
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Schnell, R. (2000). Das Auge der Kamera. In: Medienästhetik. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03617-9_4
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Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
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