Zusammenfassung
Der Berufsstand der Sänger war im Laufe des 17. Jahrhunderts entstanden: mit zunehmender Anzahl der Opernauffuhrungen und größeren technischen Ansprüchen an die Gesangspartien war es kaum mehr möglich, daß Instrumentalisten, Komponisten oder höfische Laien sich auch hin und wieder als Sänger betätigten. Noch am Anfang des 18. Jahrhunderts waren die Sänger ebenso höfische Bedienstete wie Orchestermusiker gewesen. Wer zu einer wandernden Theatertruppe gehörte, bemühte sich um eine Anstellung an einem Hof. Hatten die Sänger diese erst einmal erhalten, waren sie den üblichen höfischen Restriktionen unterworfen. Am Ende des 18. Jahrhunderts hatte sich für die Sänger ein freier Markt herausgebildet, auf dem sie sich selbst behaupten mußten (und häufig nicht konnten). Im 19. Jahrhundert wurden Sänger in Italien für die einzelnen stagioni engagiert, in Deutschland und Frankreich mit Verträgen über ein oder mehrere Jahre oder auf unbefristete Zeit, wobei die Sänger der Hoftheater in Deutschland zwar formal immer noch zum höfischen Personal gehörten, sich aber auch hier bereits eine zunehmende Professionalisierung zeigte, insofern bedeutende Sänger höfische Regeln — etwa im Hinblick auf die Genehmigung von Reisen — durchaus ignorieren konnten, oder zur Verhandlungsmasse bei Vertragsverhandlungen machten. Der Konflikt zwischen formaler Zugehörigkeit zum höfischen Personal und der Selbsteinschätzung als künstlerisches Personal, das aufgrund seines Berufs ein gegenüber den höfischen Regeln abweichendes Verhalten geltend machen konnte bzw. zwischen höfischen Disziplinarregeln und bürgerlichem Rechtsempfinden manifestierte sich z.B. in Karlsruhe.
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Literatur
Zit. nach U. Daniel, Hoftheater. Zur Geschichte des Theaters und der Höfe im 18. und 19. Jahrhundert, Stuttgart 1995, 418.
A. Paul, Vom Hof zum Staatstheater. Zwei Jahrzehnte persönlicher Erinnerungen an Sachsens Hoftheater, Königshaus, Staatstheater und anderes, Dresden 1932, 5.
E. Pasqué, Musikalische Statistik des Grossherzoglichen Hoftheaters zu Darmstadt von 1810–1868 und der Krebs’sehen Epoche von 1807–1810, Darmstadt 1868, 22. Für die Folgejahre gibt Pasqué leider nur Debüts und Gastspiele an.
H. Stümcke, Henriette Sontag. Ein Lebens- und Zeitbild, Berlin 1913, 52.
Die Personalakten der Johanna Geisler. Eine Dokumentation in Stichproben, hg. v. L. Klemperer, Frankfurt/M. 1983, 29.
H. Berlioz, Memoiren, hg. v. W. Rosenberg, München 1979, 41.
Vgl. M. Engelhardt, Die Chöre in den frühen Opern Giuseppe Verdis, Tutzing 1988, 39.
In der Mitte der zwanziger Jahre hatte Schröder-Devrient, die damals noch nicht berühmt war, 2.000 Taler bei zugesichertem dreimonatigem Urlaub erhalten (vgl. A. Freiherr von Wolzogen, Wilhelmine Schröder-Devrient. Ein Beitrag zur Geschichte des musikalischen Dramas, Leipzig 1863, 70, 71 und 161. Die dort erwähnte Konventionalstrafe von 4.000 Talern wegen Urlaubsüberschreitung entsprach dem Jahresgehalt in den dreißiger Jahren).
Vgl. J. Rosselli, Singers of Italian Opera. The History of a Profession, Cambridge 1992, 126.
Die Zahlen nach P. Barbier, La vie quotidienne à l’opéra au temps de Rossini et de Balzac. Paris/1800–1850, Paris 1987, 193f.
L. Slezak, Mein Lebensmärchen, München 1988, 119f.
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Walter, M. (1997). Opernsänger. In: »Die Oper ist ein Irrenhaus«. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03615-5_6
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